Ein besseres Ambiente hätte es an diesem ersten Maitag gar nicht für die Premiere geben können: Unter blauem Himmel, das Publikum in zehn Booten auf dem Wasser der Kahnfahrt dahinziehend, umsäumt von den Bäumen im Frühsommer-Grün, starteten die Kahnfahrt-Festspiele 2025. Sie waren diesmal Bertolt Brecht gewidmet, der hier, im Viertel am Stadtgraben, seine Jugend verbracht hatte. Organisiert wurde diese musikalisch-theatralische Bootsfahrt von der Theaterwerkstatt Augsburg und der Buchhandlung am Obstmarkt.
„Oh Himmel strahlender Azur…“ war das Stück aus der Feder von Matthias Klösel, der zugleich auch als Schauspieler Brecht mimte, überschrieben. An seiner Seite spielte Daniela Nering, die in die verschiedenen Frauenrollen schlüpfte, die sich von Brecht Liebe versprachen, sie auch bekamen – und dann doch von ihm verlassen wurden. Frauen, die, wie etwa Elisabeth Hauptmann bei der „Dreigroschenoper“, auch das Ihre zu Brechts dichterischen Werk und Ruhm beigetragen haben und dennoch unsichtbar geblieben sind.
Brecht kokettiert mit seinem Vermarktungsgeschick
Das Stück unter der Regie von Gianna Formicone war angelegt als Stationen-Theater. Kaum waren die Kähne auf dem Wasser, ging es, unter der kleinen steinerne Brücke hindurch, Richtung alten Wasserturm an der historischen Schleuse, angeführt vom Boot mit den Schauspielern und dem Musik-Duo (Martin Franke, Geige/Agnes Reiter, Klarinette), unter den Klängen des „Mackie Messer“. Dort ausgestiegen, kokettierte „Brecht“ damit, dass er sich ja vom Kapitalismus abgrenze, sich aber heute ganz gut – etwa auch von der Stadt Augsburg – vermarkten lasse. Es unterbricht ihn Daniela Nehring als Elisabeth Hauptmann, Brechts Assistentin und Geliebte, um ihn darauf hinzuweisen, dass sie nur einen Bruchteil dessen, was er mit der Dreigroschenoper verdient habe, erhalten habe. Hauptmann hatte Brecht auf die Londoner Vorlage der „Beggars Opera“ hingewiesen.
Die verschiedenen Frauenfiguren an den unterschiedlichen Stationen bildeten den roten Faden dieses Stücks, aber nicht so, dass sie Brechts großartige Poesie und seine Lieder, von denen diese Darbietung am Wasser viele Kostproben bot, in den Schatten stellten. Durch ein Fenster mit blauen Fensterläden an einer Mauer des Oblatterwalls erscheint Brechts Liebe Paula Banholzer, „Bi“ oder „Bidi“, die den Liebesschwüren Brechts, der sie u.a. rühmt als „Du Futter meiner Bandwurmsätze“ oder „Du, meine bleiche Liebe“, erst widersteht (die Fensterläden klappen auf, dann wieder zu, dann wieder auf…), sich aber dann doch bezaubern lässt von einem der schönsten Liebesgedichte Brechts, der Erinnerung an Marie A., mit dem Pflaumenbaum und der Wolke „so weiß und ungeheuer oben“.
Die Moral, die kommt erst ganz am Schluss
Den Zauber des Wassers nahm eine weitere Station auf, am Ufer unter den Kastanien an der Bert-Brecht-Straße, gegen Mittag zu. Passend dazu Brechts Verse „Vom Schwimmen in Seen und Flüssen“, in denen „der Himmel mittags große Stille bietet“, und man weiß: „Ein Fisch ist jetzt durch uns geschwommen“. Das wird an diesem Vormittag sicherlich auch so gewesen sein. Die Boote ziehen weiter, an den Oblatterwall-Turm. Ein kleines Podest am Ufer wird zur Bühne – für die Schauspieler und auch die Musik. Hier geht’s um die Großen in dieser Welt und um die Moral, die bekanntlich erst nach dem „Fressen“ kommt. Es singen Matthias Klösel und Daniela Nehring das Lied „O Himmel strahlender Azur…“, während dieser tatsächlich im schönsten Blau über der Kahnfahrt erstrahlt.
Weitere Termine: 4., 11., 18., und 25. Mai sowie 1. und 8. Juni (jeweils 10 Uhr bis 12 Uhr).
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