„So ein Prinz gehört doch in ein Schloss!“, dachte sich Stephan Eckl – und schmiedete einen Plan. Schon seit zehn Jahren hatte der Theatermacher mit der Idee gespielt, das Märchen vom „Kleinen Prinzen“ zu inszenieren. Und in diesem Sommer ist es so weit: Das Eukitea-Theater aus Diedorf, das Eckl leitet, spielt den Weltklassiker von Antoine de Saint-Exupéry. Dabei ist es fast ein Glück, dass die Waldbühne bei Anhausen, auf dem das Ensemble sonst jeden Sommer unter Nadelduft und Glühwürmchenlicht Open-Air-Stücke spielt, gerade gewartet und repariert werden muss. Denn so musste sich Eckl auf die Suche nach anderen Kulissen machen: Vier Schlösser im Landkreis Augsburg werden jetzt zur Bühne. In diesen Schlossgärten und Parks spielt das Theater „Der kleine Prinz“. Ein Märchen, geliebt wie kaum ein zweites.
Premiere in Nordendorf: Eukitea spielt „Der kleine Prinz“
Für die Premiere öffnet sich das hohe, schwere Tor von Schloss Nordendorf. Das Publikum flaniert um den Brunnen, über den feinen Rasen, unter alten Laubbaumkronen, und vor einer mächtigen Kastanie steht die Bühne.
Auftritt: Schauspieler Finn Witi Bank – im Pilotenoverall, mit Fliegerbrille und Kappe. Der Funke springt über, wenn der Bruchpilot sich wie ein Lagerfeuer-Märchenonkel an seine wundersame Begegnung erinnert. Damals, Wüste Sahara. Flieger kaputt, Wasser knapp, keine Rettung in Sicht. Bis er ihm erscheint, der Prinz taucht auf wie eine Fatamorgana, und diese überlebensgroße Rolle spielt hier: Louise Lazo. Quirlig, piepsig, kindlich weise. Sie trägt einen grünen Overall, wie frisch aus der Illustration zum Buch entsprungen, und ihr gelbes Halstuch flattert im Wind. Dieses Rollenbild füllt sie mit Leben und Neugier: „Zeichne mir bitte ein Schaf!“, spricht der Prinz zum Piloten und guckt drollig-zutraulich. Das Publikum lacht und lächelt, in allen Bankreihen.
Das Eukitea-Ensemble überzeugt mit seinen Figuren
Die zwei Notgelandeten erzählen sich von ihren fremden Welten, lernen, einander zu vertrauen. Und der volle Charme der Inszenierung blüht jetzt erst auf – in dem windschief schrulligen Mittelteil der Erzählung. Der Prinz verrät den Grund seiner Weltall-Odyssee: Er sei auf der Suche nach Liebe und Freundschaft im Leben, und dafür reist er von Planet zu Planet.
Auf jedem einzelnen Stern findet er nur kauzige Wesen mit menschlichen Schwächen. Da ist der Säufer, der unter seiner Hutkrempe in Melancholie ertrinkt (Giorgio Buraggi). Da ist der neurotische Besitzer aller Planeten im Kosmos, der wie ein Buchhalter ununterbrochen seine Sterne zählt. Da ist der König auf dem Thron, der nur noch im Befehlston spricht (Claudio Raimondo). Wie das Ensemble durch diese Szenen und Bilder reist, quer durch die Galaxis, ist so poetisch wie tragikomisch.
Der Fuchs in „Der kleine Prinz“ ist hier eine Puppe
Und dann erinnert sich der Prinz wieder an seine Rose. Das eitle Pflänzchen, das auf seinem Mini-Planeten wächst, das er so sehr liebt. Wie Marina Igelspacher ihre Rosenblüten streckt, wie sie mit Fingern in die Luft piekst, als wären es Dornen, und wie sie – gieß mich! – Liebe verlangt, ist köstlich.
Schließlich ist es ein scheuer, kluger Fuchs in der Wüste, der den Prinzen das Wichtigste lehrt. Er spricht: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Hier spielt Michael Gleich seine Puppenspiel- und Baukunst aus: Dieser Fuchs besteht aus eckigen Bauteilen, und trotzdem wird die bilderbuchhübsche Figur lebendig, wenn sie den Kopf zum Prinzen neigt. Spiel und Effekte. Wie auch das Schattentheater an der Leinwand, das zeigt, was sonst nicht darstellbar ist.
Stephan Eckl ändert das Ende der Geschichte von Saint-Exupéry
Dieses Märchen über Freundschaft, wie man sich behutsam nähert und einander zähmt, es wirkt bis heute. Und dann traut sich Eckl etwas: Die Geschichte schreibt der Regisseur ein bisschen um. Am Ende steht der Prinz vor einer überlebenswichtigen Entscheidung und Eckl gönnt ihm da etwas mehr Hoffnung als Saint-Exupéry selbst, der Pilot und Schriftsteller, in seinem Original von 1943. Was wird aus dem Prinzen? „Ich weiß, er lebt, und er begegnet auch dir.“
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