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Streiks im öffentlichen Dienst: Betroffene berichten von massiven Einschränkungen

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Streiks im öffentlichen Dienst: So erlebten Betroffene die massiven Einschränkungen

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    Der Streik hat in Augsburg am Donnerstag zu starken Einschränkungen geführt.
    Der Streik hat in Augsburg am Donnerstag zu starken Einschränkungen geführt. Foto: Kristina Orth, Anna Kondratenko, Jan Kandzora; Collage: AZ

    Am Donnerstagvormittag haben sich rund 1500 Beschäftigte des öffentlichen Diensts für einen Warnstreik in der Innenstadt versammelt. Sigrid Giampa, stellvertretende Geschäftsführerin bei Verdi, zeigte sich im Nachgang sehr zufrieden, auch wenn sie zunächst von einer noch stärkeren Beteiligung ausgegangen sei. Verdi fordert in der Tarifrunde von Bund und Kommunen unter anderem eine Entgelterhöhung im Volumen von acht Prozent. Verdi begründet die Lohnforderungen damit, dass der öffentliche Dienst attraktiv bleiben müsse. Am Donnerstag blieben unter anderem städtische Kitas wegen des Streiks geschlossen oder waren nur eingeschränkt geöffnet, auch in den städtischen Seniorenheimen kam es zu Arbeitsniederlegungen. Graue, grüne und braune Tonnen blieben am Donnerstag ebenfalls ungeleert. Die Auswirkungen bekamen viele Augsburger zu spüren. Ein Ende der Tarifauseinandersetzung ist aktuell nicht absehbar - das sagen die Bürger zu Streiks und Auswirkungen:

    Robert Häckel, Elternbeirat der städtischen Kita Johann-Strauß, sagt zum Streik:

    Grundsätzlich finde ich es in Ordnung, dass die Erzieher und Kinderpfleger streiken. Der Beruf ist ohnehin unterbezahlt. Dabei ist er die Grundlage dafür, dass meine Frau und ich arbeiten können. Sonst rutschen wir ja in alte Rollenbilder zurück. Wir haben auch kein Problem damit, die Kinder mal daheim zu betreuen, weil meine Frau und ich beide Home-Office arbeiten können. Wir wechseln uns dann bei der Betreuung von Luka ab, je nachdem, wer gerade einen Termin hat und wer nicht. Außerdem haben wir zur Not auch meine Eltern in der Nähe, die Schwestern meiner Frau und eine engagierte Patentante als Backups. Von den anderen Eltern habe ich bisher auch keine Beschwerden gehört, aber es wurde dieses Mal auch sehr früh über die KidsFox-App an die Eltern kommuniziert, dass es einen Streik gibt. Früher war das bisweilen anders, da war die Stimmung dann auch manchmal angespannt.

    Robert Häckel ist Elternbeirat in einer Augsburger Kita.
    Robert Häckel ist Elternbeirat in einer Augsburger Kita. Foto: Robert Häckel

    Siegfried Holzheu stand am Donnerstag vor dem Alten Stadtbad und sagt zum Streik:

    Das geht überhaupt nicht, dass die heute zu haben. Das wusste ich nicht. Ich wollte wegen meiner Schulter schwimmen gehen. Ich muss doch Reha machen. Darauf war ich jetzt doch schon eingestellt. Wenn man wenigstens frühzeitig informiert worden wäre. Aber mir hat keiner was gesagt. Hoffentlich ist meine Frau noch in der Nähe, die hat mich gerade hier mit dem Auto abgesetzt, sonst muss ich auch noch nach Hause laufen.

    Siegfried Holzheu ist ehemaliger Eishockeyspieler. Er wollte wegen seiner Schulter schwimmen gehen.
    Siegfried Holzheu ist ehemaliger Eishockeyspieler. Er wollte wegen seiner Schulter schwimmen gehen. Foto: Kristina Orth

    Künstler Frank Arnegger steht ebenfalls vor dem Alten Stadtbad:

    Nein, es ärgert mich nicht, dass das Schwimmbad heute zu hat. Bei den städtischen Angestellten hat das Gehalt ja nie angezogen, trotz Inflation. Ich finde, die Stadt sollte den kleinen Angestellten eine Pauschale zahlen, das ist besser als acht Prozent mehr. Stattdessen gibt die Stadt so viel Geld für das Theater aus und die Frau Weber hat noch in der Zeitung dafür geworben, dass Münchner hierherziehen. Seitdem haben auch die Mietpreise ordentlich angezogen. Das Bauprojekt hier am Leonhardsberg zum Beispiel, da kostet eine Mietwohnung mit 30 Quadratmetern fast 1000 Euro, also ich finde das schon sehr teuer.

    „Schildbürger“ Frank Arnegger bleibt vor dem Stadtbad ganz entspannt.
    „Schildbürger“ Frank Arnegger bleibt vor dem Stadtbad ganz entspannt. Foto: Kristina Orth

    Larissa Wilhelm und ihr Mann wollten schwimmen gehen:

    Schade, dass das Schwimmbad zu hat. Ich gehe normalerweise immer montags und donnerstags einfach eine Stunde lang schwimmen. Aber ich habe trotzdem Verständnis dafür, dass die Leute streiken. Meine Tochter arbeitet auch auf einem Amt und wusste noch nicht, ob sie heute arbeitet oder nicht.

    Larissa Wilhelm wollte zusammen mit ihrem Mann schwimmen gehen, aber da ihre Tochter heute eventuell auch streikt, hat sie Verständnis.
    Larissa Wilhelm wollte zusammen mit ihrem Mann schwimmen gehen, aber da ihre Tochter heute eventuell auch streikt, hat sie Verständnis. Foto: Kristina Orth

    Aleksandra Madej ist drei Stunden für ihren Termin beim Bürgeramt angereist:

    Ich habe Verständnis für den Streik, aber für mich ist das Ganze super ärgerlich. Ich bin extra drei Stunden für den Termin hierhin gefahren, weil ich nun in der Oberpfalz wohne und meinen Wohnsitz in Augsburg abmelden wollte. Die Situation macht mich sprachlos. Ich habe sehr viel Zeit dadurch verloren und muss die Reise nun erneut antreten.

    Anja Erdogan wollte zur Führerscheinstelle:

    Ich habe erst heute Morgen um 6 Uhr online einen Termin für den heutigen Tag ausgemacht. Ich finde es eine Frechheit, dass das überhaupt noch möglich war. Ich habe mir für den Termin extra frei nehmen müssen. Jetzt habe ich ganz umsonst Minusstunden auf der Arbeit und muss zusätzlich einen neuen Termin ausmachen. Wahrscheinlich muss ich mir dann auch für den neuen Termin frei nehmen. Grundsätzlich habe ich Verständnis für den Streik, da ich selbst in der Pflege arbeite und auch Mitglied bei Verdi bin. Deshalb kann ich die Unzufriedenheit der Leute gut nachvollziehen, die Art und Weise finde ich aber nicht gut. Ein Teil des Personals hätte meiner Meinung nach weiterarbeiten können, sodass die Termine wahrgenommen werden können. Wir in der Pflege können auch nicht alle auf einmal streiken, da die Menschen auf uns angewiesen sind.

    Anja Erdogan ist sehr verärgert über die Situation.
    Anja Erdogan ist sehr verärgert über die Situation. Foto: Sophie Knorr

    Norbert Liesz wollte seinen Führerschein abholen und steht ebenfalls vor verschlossener Tür:

    Eigentlich müsste man dem Amt den Aufwand in Rechnung stellen. Ich musste einen Monat warten, bis es überhaupt einen freien Termin gab, und nun stehe ich auch noch vor verschlossener Tür. Ich habe grundsätzlich nichts dagegen, dass gestreikt wird, finde es aber schade, dass der Streik auf meinem Rücken ausgetragen wird. Das hätte man anders handhaben können.

    Sabine Reinhold begleitete ihre gehörlose Klientin für ein Führungszeugnis zum Bürgeramt:

    Ich arbeite beim Integrationsfachdienst Schwaben und betreue gehörlose Menschen. Ich habe den Eindruck, dass diese Personengruppe in der Gesellschaft nicht berücksichtigt wird. Es wird vergessen, dass solche Termine für diese Menschen einen wesentlich größeren Aufwand erfordern als für uneingeschränkte Menschen. Für mich ist die Situation ärgerlich, weil ich wertvolle Arbeitszeit verloren habe und für meine Klientin, da sie baldmöglichst in den Beruf einsteigen möchte und von den erforderlichen Dokumenten abhängig ist. Eine Info vorab wäre deshalb wichtig gewesen, denn so spontan ist es schwierig, Lösungen zu finden. Ich verstehe, dass der Streik generell wichtig ist, aber eine frühzeitigere Vorankündigung hätte viel Ärger erspart. Die Leute mit Termin sind nun die Leidtragenden.

    Regina Hammerschmidt ärgert sich über die ausbleibende Leerung der Mülltonnen in Oberhausen:

    Bei uns in Oberhausen werden in manchen Straßen die schwarzen Tonnen wegen der Streiks seit Wochen nicht abgeholt – ich finde das eine Frechheit. Ich habe meine schwarze Tonne rausgestellt und hoffe nun, dass die bald mal geleert wird. Dadurch, dass sie nun schon so lange an der Straße steht, werfen Passanten manchmal ihren Müll rein, auch wenn der da gar nicht hingehört, etwa Kleidung, die ich dann rausfischen muss. Bei den Mehrparteienhäusern hier quellen die Tonnen regelrecht über. Man muss fast froh sein, dass es nicht wärmer ist – sonst wäre ja inzwischen bei uns alles voller Fliege und Maden.

    In der Zollernstraße in Oberhausen wurde die schwarze Tonne seit Wochen nicht geleert.
    In der Zollernstraße in Oberhausen wurde die schwarze Tonne seit Wochen nicht geleert. Foto: Jan Kandzora
    Anwohnerin Regina Hammerschmidt hofft, dass die Müllabfuhr bald kommt.
    Anwohnerin Regina Hammerschmidt hofft, dass die Müllabfuhr bald kommt. Foto: Jan Kandzora
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    6 Kommentare
    Wolfgang Boeldt

    Es ist immer sehr nett zu lesen: eigentlich bin ich ja dafür daß die streiken, die armen MA im öffentlichen Dienst, ABER .... wenn ich betroffen bin ist das was ganz anderes. =:)

    Franz Xanter

    Viele Kommentare sind durchaus nachvollziehbar, aber man sollte auch nicht vergessen, dass mittlerweile doch einige Amtsgänge mittels Informationstechnik erledigt werden können. Und der angereisten Dame zur Wohnsitzabmeldung sei gesagt, bei Anmeldung am neuen Wohnort wird automatisch eine Abmeldung beim alten Wohnsitz ausgeführt.

    Rudolf Liebischer

    Ich finde es nicht richtig ,dass sie streiken,die verdienenalle sehr gut und durch die Lohnerhöhung wird alles noch teurer.Das kapiert die Verdi nicht.AmEnde hat der Arbeitnehmer auch nicht mehr im Gelldbeutel.

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    Friedrich Eckert

    „Die verdienen alle sehr gut.“ Der Mitarbeiter, der hinter dem Müllwagen herläuft und dafür sorgt, dass Sie Ihren Müll bequem entsorgen können, würde wahrscheinlich genauso viel erhalten, wenn er zu Hause sitzen und Bürgergeld beziehen würde.

    Roland Stroessner

    Da es mittlerweile 4 Wochen dauert einen Termin zur Zulassung eines PKWs zu erhalten, dachte ich die streiken schon längst.

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    Franz Xanter

    @Roland Stroessner Ironie ein: Und ich dachte, dies sei doch mittlerweile alles über Onlineaktivität möglich? Wird doch immer wieder verbal so herausgestellt. Ironie aus.

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