"Zwei bei Kallwass": Wie ein Psycho-Krimi
Bei "Zwei bei Kallwass" geht es meist um Beziehungsdramen, Familienkonflikte und Jugendprobleme. Da Laiendarsteller nach einem Drehbuch agieren, fragen Medienkritiker, wie authentisch diese Formate überhaupt sein können. Rupert Huber sprach mit Angelika Kallwass.
Die TV-Sendungen heißen "Familien im Brennpunkt" oder "Die Schulermittler" (beide RTL). Es gibt auch "Zwei bei Kallwass" auf Sat.1. Meist geht es in diesen Sendungen um Beziehungsdramen, Familienkonflikte und Jugendprobleme. Da Laiendarsteller nach einem Drehbuch agieren, fragen Medienkritiker, wie authentisch diese Formate überhaupt sein können. "Inszenierte Wirklichkeit: Was ist eigentlich noch echt im deutschen TV" ist das Thema der 8. Augsburger Mediengespräche, veranstaltet von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien. Wir sprachen mit der Diplom-Psychologin Angelika Kallwass, Moderatorin von "Zwei bei Kallwass", die in Augsburg mit auf dem Podium sitzen wird.
Frau Kallwass, wie ist es denn nun mit der inzenierten Wirklichkeit im deutschen Fernsehen?
Kallwass: Ich bin gerade in einem Möbelhaus. Aber ich suche mir eine Ecke aus, damit wir ungestört reden können.
Möbelhaus: Das ist ja fast Studio-Atmosphäre. Ich sehe schon die Laiendarsteller um Sie herum. Ehefrauen, die mit ihren Schwiegermüttern nicht können oder so.
Kallwass: Das ist schon ein wenig das Ambiente. Aber Sie haben doch noch andere Fragen.
Wie viele Folgen "Zwei bei Kallwass" haben Sie schon hinter sich gebracht?
Kallwass: Ich denke, es sind so um die 1800 Folgen. Wir liegen mit unserem Marktanteil über dem Sat.1-Durchschnitt.
Bei Ihrer Sendung hat man das Gefühl, dass die Laiendarsteller ausgebildet sind, sehr gut sprechen. Da stellt sich die Frage nach der Authentizität.
Kallwass: Wir haben am Anfang auch mit echten Betroffenen gearbeitet. Allerdings: Die Aufzeichnungen dauerten lange, waren teuer und die Quoten waren miserabel.
Also machen Laien die Sendung günstiger.
Kallwass: Es ist klar, dass wir im Zeitraffer Fälle zeigen, deren Lösung normalerweise viele Wochen braucht. Und deshalb beschäftigen wir Laiendarsteller, die auch in der Lage sind, zu improvisieren. Die müssen in der Lage sein, frei zu sprechen. Sie wissen um die dramaturgische Zuspitzung der Konflikte, und sie dürfen innerhalb des Spannungsbogens improvisieren. Im übrigen: Ich denke, dass meine Sendung nicht vergleichbar ist mit manchen anderen Formaten. Weil es bei uns Experten gibt.
Warum gibt es überhaupt Sendungen wie "Zwei bei Kallwass"? Braucht es das Fernsehen, um familiäre Konflikte zu lösen? Es gibt ja auch Kirchen, Sozialverbände und Partnerschaftsberatungen, an die man sich wenden kann.
Kallwass: Das hat unter anderem mit den Berührungsängsten mit Institutionen zu tun. Wenn ich sehe, was ich für Zuschriften bekomme, gibt es da offenbar einen immensen Bedarf. Familiäre Bande fehlen heutzutage immer häufiger, viele Menschen wenden sich wohl deshalb ans Fernsehen. Nicht jeder findet heutzutage einen Psychotherapeuten. Ich versuche zu zeigen - zugegeben verkürzt - ob es Lösungsmöglichkeiten gibt. Die Problematik einer TV-Show sehe ich dabei durchaus. Und dass wir vereinfacht arbeiten, ist mir klar.
Dass Sie Unterhaltung machen, können Sie nicht bestreiten?
Kallwass: Wir haben eine bestimmte Dramaturgie in der Sendung. Über einen Spannungsbogen wollen wir eine Art von Psycho-Krimi machen. Und ich weiß natürlich, dass wir auch Unterhaltung machen - aber mit psychologischen Ansätzen.
Interview: Rupert Huber
Augsburger Mediengespräche Am Mittwoch, 22. September, 18.30 Uhr, im Augsburger Rathaus. Karten zum Preis von 6 Euro (ermäßigt 4 Euro) gibt es bei den Medienservice-Centern unserer Zeitung.
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