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Soziales: Tauziehen um zwei gehörlose Mädchen

Soziales

Tauziehen um zwei gehörlose Mädchen

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    Augsburg Der Vorwurf von Karin Kestner wiegt schwer: Der Bezirk Schwaben und der Leiter des Förderzentrums für Hörgeschädigte, Michael Pasemann, verhindern die Integration von zwei gehörlosen Kindern. Das sagt die Gebärdendolmetscherin und Leiterin eines Verlages im hessischen Schauenburg. Kestner setzt sich deutschlandweit für gehörlose Kinder ein, die eine Regelschule nach dem Willen der Eltern besuchen sollen und die dann Probleme mit Behörden bekommen. Die Familien der sieben Jahre alten Vanessa aus Mering (Kreis Aichach-Friedberg) und der sechsjährigen Melissa aus Neu-Ulm haben sich verzweifelt an die Expertin gewandt. Sie sind in die Mühlen der Bürokratie verschiedener Behörden und Institutionen geraten, die alle beteuern, das Wohl der beiden Mädchen im Auge zu haben.

    Vanessa sollte nach dem Schuleingangstest in die Meringer Grundschule gehen – eine Empfehlung des Schulamtes. Der Schulaufwandsträger stimmt zu, die Schule ist nach einem Probeunterricht begeistert. Eine entscheidende Rolle spielen dabei Dolmetscher, die die Gebärdensprache beherrschen. Die Eltern wollen, dass ihr Kind in dieser Sprache unterrichtet wird. Ein Cochlea-Implantat (siehe Info), das Gehörlosen eingepflanzt wird, um hören zu können, lehnen sie ab.

    Der Bezirk Schwaben ist nicht bereit, die hohen Kosten für die Dolmetscher zu übernehmen. Er ist zuständig für die sogenannte Eingliederungshilfe und beruft sich auf ein Gutachten Pasemanns, der die Kinder aus verschiedenen Gründen besser in seinem Hause aufgehoben sieht – unter anderem deshalb, weil sie dort besser gefördert würden. Das Kultusministerium beurteilt das nach Ortsterminen anders. Das Ministerium würde ein wissenschaftlich begleitetes Projekt an den Regelschulen finanziell unterstützen. Das Augsburger Sozialgericht und das Landessozialgericht in München teilen diese Ansicht aber nicht. In Eilentscheidungen verwerfen sie die Klagen der Eltern und geben dem Bezirk recht. Basis dafür ist das sonderpädagogische Gutachten des Förderzentrums, von dem das Büro der Behindertenbeauftragten Irmgard Badura schreibt, dass es „fehlerhaft“ sei. Badura berät in Behindertenfragen die Staatsregierung und ist in den Einzelfällen „eigentlich über ihre Zuständigkeit hinausgegangen. Aber das Schicksal der beiden Mädchen geht ihr zu Herzen“, sagt einer ihrer Mitarbeiter.

    Wie es weitergeht, ist unklar. Melissas Eltern erwägen den Umzug in ein anderes Bundesland, weil es zu lange bis zum Hauptsachverfahren dauern könnte. Klar ist dagegen die Haltung der Behindertenbeauftragten. In einem Schreiben ihres Hauses heißt es: „Insgesamt stellt sich (...) schon die Frage, inwieweit sich der Bezirk, der Förderschulbereich und die dazugehörige Schulaufsicht fachlich auf die neue rechtliche Lage eingestellt haben. Der Schaden für die Kinder (...) ist aus unserer Sicht nicht unerheblich.“

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