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500 Schüler demonstrieren gegen unangekündigte Abfragen in Bayern: Schulen als „Orte der Angst“

Bildung

500 Schülerinnen und Schüler demonstrieren gegen unangekündigte Exen in Bayern

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    Schülerinnen und Schüler demonstrierten am Sonntag mit Schildern gegen unangekündigte Abfragen und Exen auf dem Wittelsbacherplatz in München.
    Schülerinnen und Schüler demonstrierten am Sonntag mit Schildern gegen unangekündigte Abfragen und Exen auf dem Wittelsbacherplatz in München. Foto: Matthias Balk, dpa

    Schon wieder Stress mit der Ex? Ja, sagen rund 500 Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrkräfte sowie weitere Unterstützerorganisationen am Sonntag in München. Ab 14 Uhr protestierten sie laut dem Verein „Eine Schule für alle in Bayern“ am Wittelsbacherplatz für eine Abschaffung unangekündigter Leistungsnachweise und Exen an bayerischen Schulen. Der Bayerische Elternverband und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft riefen zur Teilnahme an der Demo mit dem Titel „Bayern legt los“ auf. Zuvor unterschrieben fast 54.000 Unterstützerinnen und Unterstützer eine Online-Petition. Auf die sich Markus Söder meldete.

    Organisiert wurde die Demonstration von Amelie N.. Sie ist selbst Schülerin an einem Gymnasium und fordert die Abschaffung von Exen. Damit Schulen nicht mehr „Orte der Angst“ seien, wie sie gegenüber unserer Redaktion erklärt: „Ich finde, jeder sollte im Schulsystem eine faire Chance haben.“ Auch auf der Demonstration hält sie eine Rede. „Der riesige Erfolg unserer Petition ist ein klares Signal an die Politik: Wir Schülerinnen und Schüler leiden unter Angst und Stress durch unangekündigte Abfragen und Exen. Sie hindern uns, nachhaltig zu lernen und bereiten uns nicht auf die Zukunft vor. Die Welt ändert sich rasant, aber die Schulen in Bayern arbeiten mit Methoden aus dem letzten Jahrhundert“, teilt der Verein „Eine Schule für Bayern“ mit.

    Die Schülerin Amelie N. und ihre Initiative setzen sich für die Abschaffung von Exen ein.
    Die Schülerin Amelie N. und ihre Initiative setzen sich für die Abschaffung von Exen ein. Foto: Sarah Ritschel

    Schulen sollen nicht länger Orte der Angst sein

    Doch der, der in Bayern bestimmt, wann losgelegt wird und wann nicht, bremst die Initiative bislang aus. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat bereits zu Beginn des Schuljahres ein Machtwort gesprochen. „Exen und Abfragen werden natürlich bleiben“, sagte Söder im vergangenen September. Damals war nicht nur Amelies Petition im Netz immer erfolgreicher geworden. Auch Bayerns Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) hatte angekündigt, Leistungsnachweise an Schulen kritisch prüfen zu wollen.

    Dabei seien die Forderungen der Schülerinnen und Schüler durch zahlreiche wissenschaftliche Studien bestätigt, wie Schulpädagogik-Experte Ludwig Haag bei der Demonstration sagt: „Unangekündigte Exen verursachen nachgewiesenermaßen einen höheren Angstpegel. Ein Schulsystem, das auf Ängsten aufbaut, erzeugt kein günstiges Lernklima. Wo im Leben werden sonst noch unangekündigte Leistungen erhoben?“

    Nach der Demonstration wollen die Organisatoren die Petition selbst beim Bayrischen Landtag einreichen.
    Nach der Demonstration wollen die Organisatoren die Petition selbst beim Bayrischen Landtag einreichen. Foto: Matthias Balk, dpa

    Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist neben dem Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) sowie dem Bayerischen Elternverband (BEV) eine von vielen Unterstützer-Organisationen, die diese Perspektive teilt. Martina Borgendale, selbst Lehrerin und Vorsitzende der GEW Bayern: „Wir brauchen dringend eine neue Lernkultur, um die jungen Menschen fit für die Zukunft zu machen. In Zeiten von künstlicher Intelligenz ist „Bulimielernen“ nicht mehr gefragt, bei dem Wissen kurzfristig ins Hirn gestopft, abgerufen und dann schnell wieder vergessen wird. Schülerinnen und Schüler müssen stattdessen grundlegende Zusammenhänge verstehen und Kompetenzen erwerben. Und da passen Abfragen und Exen einfach nicht mehr in unsere Zeit.“

    Schülerinnen und Schüler fordern Veränderungen im bayerischen Bildungssystem

    Die Schülerinnen und Schüler fordern eine zeitgemäße Lern- und Prüfungskultur, eine Schule ohne Angst – als ersten Schritt hin zu dringend nötigen, grundlegenden Veränderungen im bayerischen Bildungssystem. Dass sie von der Politik nicht ernst genommen werden, verursache großen Unmut, wie Ayush Yadav, stellvertretender Landesschülersprecher der bayerischen Gymnasien, mitteilt: „Die Politik muss uns ernst nehmen, wir vertreten 1,7 Millionen Schülerinnen und Schüler in Bayern! 73 Prozent unserer Anträge in den letzten zwei Jahren wurden abgelehnt. Das ist das Gegenteil von demokratischer Mitgestaltung!“

    Doch laut Amelie N. ist die Demonstration, bei der die Veranstalter ursprünglich mit 1000 Teilnehmern rechneten, erst ein Anfang. Sie habe noch weitere Pläne. „Die Demo heute ist der Anfang einer Bewegung. Wir haben einen langen Atem und wir werden immer mehr. Die Politik muss uns Schülerinnen und Schüler ernst nehmen. Wir haben ein Recht auf ein Bildungssystem, das der Realität junger Menschen gerecht wird und uns wirklich auf die Zukunft vorbereitet. Es ist unsere Zukunft!“

    Dieser Meinung ist auch Christine Lindner vom Verein „Eine Schule für alle in Bayern“. Selbst wenn nicht so viele Teilnehmer gekommen sind, wie sie ursprünglich schätzen, war die Demo ein großer Erfolg, wie sie sagt: „Wir haben eine Bewegung losgetreten und Schülerinnen und Schüler haben erkannt, dass sie etwas bewegen können.“ Ihr Anliegen hätte eine breite Unterstützung aus der Bevölkerung. Nun hoffen sie, dass die Politik ihr Anliegen erst nimmt. Am Dienstag will Amelie N. und weitere Schülerinnen und Schüler die Petition an Ute Eiling-Hütig (CSU), Vorsitzende des Ausschusses für Bildung und Kultus im Bayerischen Landtag, übergeben.

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    20 Kommentare
    Wolfgang Boeldt

    Der nächste Schrtitt wäre dann wohl Leistungsnachweise ganz zu streichen um den Schulabschluss im Rahmen eines Wunschkonzerts zu ermitteln. Wer in der Schule Angst hat sollte entwedert ein en Psychiater konsultieren oder - nochg besser -die Schule verlassen und eine handwerkliche Tätigkeit, möglichst eine stressfreie, beginnen. Eigentlich soll doch die Schule auf das spätere Leben und den Beruf vorbereiten. Wer Wissen und Fähigkeiten nur mit einer Vorbereitszeit abrufen kann - wird krachend scheitern.

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    Martin Goller

    An der Universität wird wissen immer mit Vorbereitungszeit abgefragt. Bei BMW kommt niemand rein und sagt 'jetzt bauen wir heute ein neues Auto' sondern man macht ein Projekt über einen langen Zeitraum. Auf der Baustelle weiß man was man am Tag bauen muss, und wenn man spontan vor eine Aufgabe gestellt wird die man nicht lösen kann (unvorhergesehenes) dann informiert man sich. Es gibt in der Schule jetzt schon viele verschiedene Möglichkeiten Stegreifaufgaben und Ausfragen zu umgehen und wunder was: die wichtigsten, aussagekräftigsten und komplexesten Prüfungen sind was? Angesagt!

    Moritz Wuttke

    Dann teile doch bitte dein Wissen mit uns. Inwiefern bereiten denn Exen (oder unangekündigte Leistungsnachweise an sich) auf das "spätere Leben" vor.

    Paulus Wambach

    Ich bin Handwerker und verbitte mir,dass mein Beruf, Koch und Bäcker keine Anforderungen stellt .

    Gabriele Schuster

    Wo bitte ist der „Ponyhof Leben“ von dem Sie sprechen - ein Leben, in dem Alles voraussehbar und planbar ist!???? Das wirkliche Leben ist anders und das sollten Kinder auch lernen.

    Martin Goller

    Falls Sie mich meinen Frau Schuster: Wo wird denn, außerhalb der Schule, zu lernende Inhalte unangesagt, ohne konkrete Vorbereitungszeit gefordert? In allen Bereichen sind Anforderungen transparent und klar kommuniziert. Aber in der Schule ist es unvorstellbar. Was wäre denn schlimm daran, wenn es neben den angesagten großen Leistungsnachweisen nur mehr angesagte kleine Leistungsnachweise gibt?

    Rainer Kraus

    PISA hat schon bestätigt, was alles in Deutschland schief läuft und es scheint sich nicht zu bessern.

    Peter Pfleiderer

    Die Ängstlichen haben auch vor der angekündigten Prüfung Stress.

    Martin Dünzl

    Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) bleibt bei seiner Haltung: Unangekündigte Leistungstests sind nicht zielführend. https://www.bllv.de/vollstaendiger-artikel/news/petition-gegen-exen-6480

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    Paulus Wambach

    Und warum???? Weil keine Tugenden, wie Disziplin, Lernbereitschaft, Struktur gelehrt werden.

    Richard Merk

    So wie vor 90 Jahren die deutsche Tugend und Disziplin gelehrt wurden. Um danach vollumfänglich ins Verderben zu rennen. Zumindest wurde etwas daraus gelernt.

    Maria Tkacuk

    Mit Verlaub Herr Merk, aber Ihr Beitrag ist völliger Quatsch und hat mit dem Thema "Schule" und "Lernen" nun so gar nichts zu tun. Aber um so völlig themenfremd wie Sie zu sein, da man Ihnen ja etwas entgegenen muß: In der Sowjetunion wurden gewiß keine "deutschen Tugenden" gelehrt und dennoch waren Lenin, Stalin und Co. die Totengräber für mindestens 30 Millionen

    Martin Dünzl

    "Neben den unzählbaren Problemen des deutschen Bildungssystems haben wir eines, das mit ganz persönlichen Bewertungen beginnt. Nämlich mit einer rückwärtsgewandten Definition von Bildung, die für deren Verfechter in Stein gemeißelt ist: Danach ist alles Bildung, was man selbst als Bildung erfahren hat. Das mag 20, 40 oder 60 Jahre her sein, die eigene Bildungsbiografie ist die anekdotische Evidenz, die alle Empirie mit einem Schlag zunichte macht. " https://deutsches-schulportal.de/kolumnen/bob-blume-exen-warum-unangekuendigte-tests-abgeschafft-werden-sollten/

    Michael Weidel

    Ich würd mir als Schüler keine Gedanken mehr um Exen machen, wenn jeden Tag in der Zeitung steht, dass wir kriegstüchtig werden müssen...

    Franz Xanter

    "Wir Schülerinnen und Schüler leiden unter Angst und Stress durch unangekündigte Abfragen und Exen." So, so, man geht als nur mit täglicher Angst zur Schule. Könnte ja gleich ein unangekündigter Leistungsnachweis kommen, wenn ich, ja was eigentlich? Nicht gelernt habe, das Gelernte nicht verstanden habe, den Stoff nicht nachvollziehen kann, keine Befähigung für höhere Bildung mitbringe usw. Was scheinbar vollkommen unberücksichtigt bleibt, ist doch die Gegebenheit, dass mir selbst solche Leistungsnachweise am meisten helfen. Ich muss sie nur richtig einordnen. Und letztlich, ein in den Sand gesetzter Leistungsnachweis zeigt doch nur, dass es irgendwo hapert.

    Klara Rasper

    Wer regelmaessig lernt, braucht doch kein Problem zu haben. Dass an der Uni Tests angekuendigt sind, ist kein Argument. Wer glaubt, dass man da nur von Test zu Test lernen kann, wird bald eine Bauchlandung hinlegen. Da ist es schon besser. man lernt das richtige Lernen vorher in der Schule, und sei es mit unangekuendigten Tests.

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    Martin Dünzl

    Zwar zeigen die bayerischen Exen den Lehrerinnen und Lehrern – gewiss mehr als den Schülerinnen und Schülern –, was Hänschen und Lieschen aus den Vorstunden gelernt haben mögen, zumindest oberflächlich; eine echte Durchdringung des Stoffes befördern sie aber sicher nicht. https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/ein-relikt-aus-alten-zeiten

    Klara Rasper

    Aus Ihrem Link entnehme ich folgendes: 1. Selbst die Fachleute sind sich nicht einig. 2. Von den Unis lernen kann sich nicht darauf beschraenken, nur angekuendigte Tests durchzufuehren. Der Vollstaendigkeit halber muss man dann auch sagen, dass man sich an der Uni keine Lernpausen erlauben kann und dann auf den Test hon lernen. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass Leute, die zwei Wochen nachlaessig waren, das Semester wiederholen konnten. 3. Wenn bei Exen nicht die erwartete Leistung erbracht wird, ist das kein Grund, diese abzuschaffen. Vielmehr muss man nach den Gruenden suchen und versuchen, diese abzustellen.

    Martin Dünzl

    ...und so schafft und entnimmt sich jeder das, was er bzw. Sie, Frau Rasper, zur Bestätigung Ihrer subjektiven Wahrheiten benötigen, ebenso, wie das Teilen Ihrer subjektiven Evidenzen. Da könnte ich nun zwar meine entgegenhalten, aber die sind ebenso wenig repräsentativ. Apropos Lernen an Unis, im selben link ist zu lesen: "Es ist ja Anliegen wohl jeder Hochschule, Studierende in den selbst gewählten Fächern umfassend zu bilden, ihnen die Aneignung eines möglichst breit angelegten Wissens zu ermöglichen und die Fähigkeit zu autonomem und kritischem Denken zu stärken. Dies geschieht nie auf dem Wege zu kurz greifender und gedachter Stegreifaufgaben; vielmehr kennt die Universität viele Leistungsüberprüfungen, die Studierenden im Vorfeld eigenständiges Arbeiten ermöglichen und auch abverlangen."

    Katharina Brügger

    Ich finde, man sollte mal die Gründe erforschen, warum die Schüler und Schülerinnen heute solche Angst und solchen Stress empfinden; es ist ja nicht nur bei Exen, sondern bei Leistungserhebungen jeglicher Art, teilweise auch bei Referaten und mündlichen Prüfungen - egal was! Viele sind entweder überfordert (falsche Schulart) oder hängen so lange am Handy, dass das Gehirn nicht mehr aufnahmefähig ist oder die Motivation, noch etwas für die Schule zu tun, so gering ist, dass es eben nicht mehr geht.

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