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„Deutschland investiert zu wenig in Kindergesundheit“: Was ist zu tun?

Kindergesundheit

Vernachlässigen wir die Gesundheit der Kinder?

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    80 Prozent der Kinder in Deutschland bewegen sich zu wenig.
    80 Prozent der Kinder in Deutschland bewegen sich zu wenig. Foto: Georg Wendt, dpa (Symbolbild)

    80 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Land bewegen sich zu wenig. 60 Minuten am Tag empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation, doch der Großteil der Kinder schafft das nicht. Dazu steigt die Zahl der stark übergewichtigen Kinder. Nach einer Studie der Krankenkasse KKH ist der Anteil der Sechs- bis 18-Jährigen mit krankhaftem Übergewicht von 2008 bis 2023 um rund 28 Prozent gestiegen. Insgesamt, schätzt die Deutsche Gesellschaft für Adipositas, sind zwei Millionen Kinder übergewichtig.

    Um die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen steht es ebenfalls schlechter als noch vor ein paar Jahren. Eine Erhebung des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass 2022 psychische Erkrankungen der zweithäufigste Grund waren, warum Kinder in einem Krankenhaus behandelt werden mussten. Zu all dem kommen gerade im Winter Krankheitswellen und Kinderarztpraxen, die überfüllt sind. Passiert in unserem Land also zu wenig für die Gesundheit der Kinder?

    Wie geht es den Kindern im Land? „Zahlen zu Adipositas und mentaler Gesundheit sind alarmierend“

    Die Stiftung Kindergesundheit hat eine klare Antwort: Ja. „Die Zahlen zu Adipositas, mentaler Gesundheit und auch die Engpässe in der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen sehen wir als alarmierend an“, sagt Anna Philippi. „Die Gesellschaft investiert zu wenig in Kindergesundheit.“ Woran liegt das?

    „Unserer Einschätzung nach daran, dass Kinder zu wenig Lobby haben“, sagt Philippi. Ähnlich sieht das Jakob Maske. Er ist selbst Kinderarzt und Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. „Wir sehen, dass Kinder und Jugendliche bei Entscheidungen oft vergessen werden“, sagt er und macht ein Beispiel: Als die telefonische Krankschreibung eingeführt wurde, um Patienten und Praxen zu entlasten, galt sie zunächst nur für Erwachsene. „Wir mussten erst darauf aufmerksam machen, dass sie auch für Kinder sinnvoll wäre. Das wird nicht mitgedacht.“

    Mehr Bewegung, gesünderes Essen und Schulgesundheitsfachkraft: So werden Kinder gesünder

    Deshalb machen beiden Stellen Vorschläge, was getan werden könnte, um die Gesundheit von Kindern zu steigern. Sie befürworten etwa ein Werbeverbot für zuckrige oder fettige Lebensmittel oder eine Zuckersteuer. Ein Werbeverbot wollte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) verabschieden. Es scheiterte – auch am Widerstand der FDP und der Werbeindustrie. „An dem Beispiel kann man sehen, dass wirtschaftliche Interessen oft vor dem Schutzauftrag des Staats für Kinder und Jugendliche gehen“, sagt Philippi.

    Andere Vorschläge nehmen Schulen und Kitas in die Pflicht. „Es gibt Studien, die nachweisen, dass Kinder, die ab dem dritten Lebensjahr gut gefördert werden, ihr Leben lang gesünder sind. Deshalb fordern wir Investitionen in die Bildung“, sagt Maske. Zudem sollten Schulen um mehr Bewegung anbieten und gesunde Ernährung in den Fokus nehmen. Die Stiftung Kindergesundheit fordert, dass Schulen sogenannte Schulgesundheitsfachkräfte beschäftigen. Also Menschen mit einem pflegerischen Hintergrund, die sich um die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler kümmern. In verschiedenen Bundesländern laufen dazu schon erfolgreiche Pilotprojekte. Auch der bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband forderte solche Fachkräfte.

    Das bayerische Kultusministerium betont, dass Schulen eine große Verantwortung trügen, wenn es um die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler geht. Unter anderem gibt es deshalb etwa das Programm „Sport-Grundschule“ gestartet, das genau auf diese Themen Wert legt – bislang beteiligen sich bayernweit allerdings erst 100 Schulen.

    Schulgesundheitsfachkräfte einzuführen, ist im Freistaat dagegen bislang nicht geplant. Es gebe eine Vielzahl von Menschen – von Schulpsychologen bis zu Sozialarbeiterinnen –, die das Wohl der Kinder im Auge hätten, heißt es.

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    18 Kommentare
    Wolfgang Boeldt

    "Wir" vernachlässigen gar nichts. Es ist die ureigenste Pflicht der Erziehungsberechtigten für das Wohl, also auch die Gesundheit ihres Nachwuchses zu sorgen.

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    Peter Zimmermann

    Prinzipiell zwar richtig nur was macht man wenn beide Elternteile Vollzeit arbeiten müssen weil allein ein Verdienst schon für die Miete gebraucht wird? Dann kommen noch die Probleme der Kitas und Kindergärten dazu. Um Arbeit zu bekommen und die Wege zu verkürzen wohnen die Großeltern als Unterstützung meist nicht mehr in erreichbarer Nähe usw. Von Alleinerziehenden dabei noch gar nicht gesprochen. Ich bin in einer Zeit aufgewachsen in der man sich vom wirklich kleinen "Tante-Emma-Laden" des Vaters ein Reihenhaus erwirtschaften konnte ohne dass die Mutter arbeiten musste, versuchen sie das mal heute.

    Martin Müller

    Und es ist eine ureigensten Pflicht des Staates die Eltern dabei bestmöglich zu unterstützen.

    Friedrich Eckert

    "Prinzipiell zwar richtig nur was macht man wenn beide Elternteile Vollzeit arbeiten müssen weil allein ein Verdienst schon für die Miete gebraucht wird?" Aufhören zu arbeiten und Bürgergeld beziehen. Dann ist Zeit vorhanden, sich um die Kindererziehung zu kümmern oder ganz auf Kinder zu verzichten.

    Wolfgang Boeldt

    Nein, Herr Müller. Art. 6 (2) GG sieht das nicht so.

    Peter Zimmermann

    Wollen Sie nicht weiter denken oder sind Sie ein Scherzbold?

    Friedrich Eckert

    Herr Boeldt, was wollen Sie damit sagen? Nur weil die Politik beim Thema Kinder seit Jahren versagt hat, hat Herr Müller nicht automatisch Unrecht. Die EU ist mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere Artikel 24, etwas weiter.

    Martin Müller

    Und was verstehen Sie unter Familie in Artikel 6 Absatz 1 GG, Herr Boeldt?

    Wolfgang Boeldt

    Ich sehe hier keinerlei ernst zu nehmende juristische Argumente. Oder geht die Schutzpflichtz des Staates so weit, daß man 30 Min. Gehen am Tag dokumentieren soll, Verbieten von 2 Schokoriegel/Tag (Adipositas-Gefahr !!!), Überwachung de Frühstücks (nur Müsli) usw.. Hier stehts in einfachen Worten, stark komprimiert, wo die Eltern und der Staat Verantwortung tragen: https://www.bpb.de/themen/politisches-system/politik-einfach-fuer-alle/236734/das-grundgesetz-schuetzt-ehe-und-familie/

    Richard Merk

    Herr Boeldt, mit ihrer Argumentation helfen sie keinem einzigen Kind, ganz im Gegenteil. Eine sehr niedrige Geburtenrate in Deutschland dürfte doch auch ihnen etwas sagen. Die Verantwortung der Kindererziehung alleine auf den Schultern der Eltern abzuladen ist kontraproduktiv. Damit werden unsere Kinder weder schlauer und schlanker noch wird sich die Geburtenrate erhöhen. In unserer Wohlstandsgesellschaft sind Kinder eine gesamtgesellschaftliche Angelegenheit. Das bedeutet, es hapert nicht nur an den Eltern, sondern vor allem an einer Gesellschaft, die hauptsächlich um das Überleben in der Wohlstandsgesellschaft kämpft. Warum nur macht sich das ausgerechnet in Bayerns Städten besonders bemerkbar.

    Martin Müller

    Wofür brauchen Sie juristische Argumente? Wollen Sie "beweisen", dass Kinder das Privatvergnügen der Eltern sind, die Gesellschaft ausschließlich von ihnen profitieren darf und die Rahmenbedingungen für die Familien dem Staat gleichgültig sein können? Dem steht schon entgegen, dass sich aus Art. 6 Abs. 1 GG u.a. auch eine positive Schutzpflicht des Staates ergibt, die die Schaffung ordentlicher Rahmenbedingungen für Familien als Auftrag an den Gesetzgeber beinhaltet. Und abseits "ernsthafter" juristischer Argumente: Vorbeugen ist für die Gesellschaft in der Regel günstiger.

    Maja Steiner

    Wie wäre es denn, wenn sich die Eltern um eine gute Gesundheit der Kinder bemühen wollten? Warum müssen wieder die Schulen bzw. die Gesellschaft es übernehmen, zu vermitteln, was wirklich jeder wissen kann? Heutzutage sitzen die Kinder eben lieber vor dem PC oder beschäftigen sich mit ihrem Smartphone statt im Freien zu spielen oder sporteln. Muss man wirklich darauf hinweisen, dass Letzteres gesünder wäre? Dass Ersteres unter Umständen für die psychische Verfasstheit nicht so besonders förderlich ist?

    Stefan Killisperger

    Und weil uns die Kinder so wichtig sind wird jetzt auch noch am EU-Schulprogramm gespart:

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    Thomas Keller

    Wo ist die Von der Leyen wenn man sie mal braucht... Die hat doch ganz schleimig sich für Kinder eingesetzt. Besser ist seitdem nichts geworden, eher schlechter. Also für Kinder von Bürgern, wissen schon...

    Simone Kasberger

    Es gibt Kinder ohne Anbindung an Kinderarzt oder Psychiatrie, Schnupfen kann man selbst behandeln, mit manchen Erkrankungen geht man zum Facharzt aber psychische Erkrankungen müssen vom Psychiater behandelt werden, der für den Wohnort zuständig ist und was tut man da, wenn es heißt, Aufnahmestop. Doch auch das Gefühl, mit keinem Arzt sprechen zu können über Impfungen, Entwicklung und Schmerzen unklarer Ursache ist ein beschämender Zustand für unser Land und belastet Kinder wie Eltern.

    Regine Bayer

    Man sollte daran denken, dass nicht alle Kinder Eltern haben, die sich genug um sie kümmern - ob aus Gleichgültigkeit oder Unvermögen oder mangels Geld, sei dahingestellt. Wollen wir diese Kinder wirklich im Stich lassen? Wer buchstäblich nichts für diese Kinder übrig hat, sollte wenigstens an den Nachwuchs für die Volkswirtschaft denken, von der er profitiert. Armselig, aber viele interessiert Solidarität eben nicht.

    Peter Pfleiderer

    Mit diesem "Gesundheitskräften" versucht mancher nur vom eigenen politischen Versagen abzulenken; diese Information des RKI gehört eigentlich in einen solchen Artikel: >> Ein höheres Risiko für Übergewicht und Adipositas besteht bei Kindern aus Familien mit niedrigem Sozialstatus und bei Kindern mit Migrationshintergrund. << - https://edoc.rki.de/bitstream/handle/176904/557/20pyWvIPNYV52.pdf?

    Franz Xanter

    Man hört immer wieder Aussagen wie "der Staat soll sich kümmern, die Schule hat dafür zu sorgen, die Kindergärtnerin muss das managen usw." Scheinbar wollen die Eltern ganz aus der Pflicht und Verantwortung raus. Eigeninitiative, Eigenverantwortung scheinen für viele Fremdwörter geworden zu sein. Und leider endet dies nicht bei einer medizinischen Überversorgung. Nicht jeder Schnupfen, nicht jeder Regenschauer, nicht jede Kälte ist gleich eine Grippe bzw. führt zu todesähnlichen Symptomen. Der natürliche Abwehrschutz will erst einmal aufgebaut sein! Und scheinbar sind Psychiater für Kinder sehr gefragt. Fragt man sich natürlich, wo hierfür der Grund zu suchen ist.

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