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Diagnose Krebs: Hilfe bei Therapie von der Bayerischen Krebsgesellschaft

Gesundheit

„Du kommst allein nicht aus diesem Loch“: Wo Krebskranke Hilfe erhalten

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    Nach einer Krebsdiagnose sind viele Menschen erst mal überfordert: Wie geht es weiter? Seit 100 Jahren unterstützt die Bayerische Krebsgesellschaft Patientinnen und Patienten (Symbolbild).
    Nach einer Krebsdiagnose sind viele Menschen erst mal überfordert: Wie geht es weiter? Seit 100 Jahren unterstützt die Bayerische Krebsgesellschaft Patientinnen und Patienten (Symbolbild). Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Ihre Operation lag gerade hinter ihr. Ein bösartiger Tumor in der Brust musste entfernt werden. Das war im Februar vergangenen Jahres. Als wäre dies nicht schon schwer genug zu verkraften, stellte man ein paar Wochen später bei ihrem Mann Krebs fest und zwar im fortgeschrittenen Stadium. „Ich war im freien Fall“, erzählt die 62-Jährige. „Ich fühlte mich, als würde man mir den Teppich unter den Füßen wegziehen.“

    Erst erkrankt sie an Krebs, dann wird ein Tumor bei ihrem Mann festgestellt

    Während ihr Mann eine anstrengende Chemotherapie begann, ging sie schweren Herzens in Reha. Dann der nächste Schlag: Sie erlitt noch in der Reha einen Augeninfarkt. Ein Auge war von Geburt an schwach, auf dem zweiten kämpft sie nun in Folge des Infarkts mit Seheinschränkungen. Die Verzweiflung bei beiden, sie war enorm, „es war uferlos“, sagt sie.

    In ihrer Not habe sie sich zunächst eingeigelt. Freunden wolle man in so einer Situation ja auch nicht zur Last fallen. Es war ihre Frauenärztin, die sie auf die Bayerische Krebsgesellschaft (BKG) und deren Beratungsangebote aufmerksam machte. „Ich sehe mich noch mit dem Flyer in der Hand dastehen und überlegen: soll ich da wirklich anrufen?“ Heute will sie jedem nicht nur die Vorsorgeangebote ans Herz legen, sie empfiehlt auch allen an Krebs Erkrankten, sich bei der BKG zu melden. „Ich wurde vom ersten Moment an aufgefangen und bekam gleich am übernächsten Tag einen Termin.“ Gerade die psychische Unterstützung, habe ihr so gut getan. Über die BKG haben sie auch einen Psychotherapeuten gefunden, was ja oft mit sehr langen Wartezeiten verbunden ist.

    Du kommst allein nicht aus diesem Loch.

    eine an Brustkrebs erkrankte Frau

    In den Gesprächen bei der BKG wurde ihr vor allem geraten, zunächst auf sich selbst besser zu schauen, auch, wenn es schwer fällt. Denn nur, wenn sie selbst wieder mehr Kraft hat, könne sie auch ihrem schwer kranken Mann besser beistehen, erklärte man ihr. Für die Ehe sei das alles ein unbeschreibbarer Kraftakt gewesen. Es belaste sie noch heute. Noch immer ist nicht gewiss, ob sie selbst ihren Krebs besiegt hat. Aber die Anbindung an die BKG, das Wissen, dort jederzeit ein offenes Ohr zu haben, sei für sie von unschätzbarem Wert. „Denn du kommst allein nicht aus diesem Loch.“

    Die Psychosoziale Krebsberatungsstelle in Augsburg findet sich nun in der Schießgrabenstraße 2, das Team ist für den nördlichen Regierungsbezirk Schwaben zuständig. Unser Bild zeigt Iris Fendt (links) und Daniela Holzmann. Die Bayerische Krebsgesellschaft feiert heuer ihr 100-jähriges Jubiläum
    Die Psychosoziale Krebsberatungsstelle in Augsburg findet sich nun in der Schießgrabenstraße 2, das Team ist für den nördlichen Regierungsbezirk Schwaben zuständig. Unser Bild zeigt Iris Fendt (links) und Daniela Holzmann. Die Bayerische Krebsgesellschaft feiert heuer ihr 100-jähriges Jubiläum Foto: Marcus Merk

    Eine zweite ärztliche Meinung und Hilfe bei den vielen Anträgen

    Und die Löcher sind oft unermesslich tief, weiß Iris Fendt. Sie leitet die Beratungsstelle der BKG in Augsburg, die gerade in neue, barrierefreie Räume gezogen ist und deren fünfköpfiges Team für den nördlichen Regierungsbezirk Schwaben zuständig ist. Doch Fendt erlebt es immer wieder, dass es möglich ist, sich trotz und mit einer Krebsdiagnose neue Lebensqualität zu erarbeiten. Mit einem ganz auf die individuelle Situation und Erkrankung ausgerichteten Hilfenetz gelinge dies in den meisten Fällen. Denn aufgefangen werden Patientinnen und Patienten sowie ihre Angehörige auf vielfältige Weise: Das Angebot reicht von einer psychologischen Beratung, medizinischen Informationen, der Möglichkeit einer zweiten medizinischen Meinung, auf Wunsch Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe, Antragshilfe bei finanziellen Nöten und anderen Förderungen bis hin zur Klärung rechtlicher Fragen, wenn es beispielsweise ums Vererben geht. Diese enge Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten, Anwälten, Psychoonkologinnen, Psychotherapeuten sowie weiteren Expertinnen und Experten ist seit 100 Jahren gewachsen – so lange gibt es die BKG bereits, sie feiert heuer Jubiläum. Finanziert werde sie nach eigenen Angaben nur zum Teil von öffentlichen Fördermitteln, „daher sind wir auf Spenden angewiesen“, erklärt Fendt.

    1970 eröffnete die erste Psychosoziale Krebsberatungsstelle in München – es war laut BKG die erste ihrer Art in ganz Deutschland und wurde zum Modell weiterer Krebsberatungsstellen. Die Beratungsstelle in Augsburg gibt es seit 1979. Besucht werde sie aktuell vor allem von Frauen, die 50 Jahre und älter sind, sagt Fendt. Erkrankte Männer tun sich schwerer, Hilfe anzunehmen, finden aber oft über die Online-Beratungsangebote zur BKG. Auch junge Krebspatientinnen und -patienten erhalten in der BKG umfassende Hilfe. Bei deren Begleitung werden in der Regel noch einmal ganz andere Schwerpunkte gesetzt als bei Älteren, da beispielsweise Karriere, Familienplanung, aber auch die finanzielle Absicherung hier eine andere Rolle spielen. Wichtig ist Fendt, dass auch Angehörige Unterstützung bekommen.

    In Folge so einer Erkrankung kommen Fragen auf, die kann man nicht im Freundeskreis diskutieren.

    Ein an Krebs erkrankter Mann

    Das erlebte auch die Tochter eines 58-Jährigen. Er selbst erfuhr Anfang vergangenen Jahres, dass seine Magen-Darm-Probleme auf einen fortgeschrittenen Dünndarm-Tumor zurückzuführen waren. „Zum Glück bin ich ein Mann, der seine Grenzen kennt und Hilfe annimmt“, sagt er. Und dafür sei er dankbar. Denn durch die BKG bekam er nicht nur schnell eine zweite ärztliche Meinung, er wurde auch mit vielen Informationen versorgt, was die Krankheit betrifft aber beispielsweise auch, was einem außerhalb der Kassenleistungen noch weiter hilft, etwa ein Behindertenausweis. Besonders geholfen habe ihm und seiner Tochter aber vor allem auch der rasche psychologische Beistand durch die BKG. „In Folge so einer Erkrankung kommen Fragen auf, die kann man nicht im Freundeskreis diskutieren“, sagt der 58-Jährige. „Die Verzweiflung ist oft so groß und natürlich stellt man sich die Frage: Wie lange lebe ich noch?“ Denn keiner könne einem eine Prognose geben. Was er gelernt hat: „Man muss mit sich selbst Geduld haben. Die Behandlung kostet so enorm viel Kraft, da ist man oft wahnsinnig angespannt, manchmal auch aggressiv, weil man nur noch raus will, der Hunger nach Normalität, er ist enorm.“

    Schritt für Schritt will er sich nun auch ins Arbeitsleben wieder zurück kämpfen. Vollzeit kann er vermutlich nicht mehr arbeiten, aber vielleicht Teilzeit. Und wahrscheinlich muss er sich dafür auch umschulen lassen, doch auch in diesem Dschungel an Möglichkeiten sei die BKG wie ein Lotse, sagt er. Allerdings gelte auch hier, einzusehen, dass man nicht weniger wert ist, nur, weil man nicht mehr so leistungsfähig ist. „Man muss lernen, dass man jetzt mit dieser Krankheit leben muss. Doch jede Hand, die einem dabei hilft, dass dies besser gelingt, die sollte man auch nehmen – und die Bayerische Krebsgesellschaft ist so eine Hand.“

    100 Jahre Hilfe für Krebskranke

    Gründung: 1924 kam es in Berlin zur Errichtung des Deutschen Zentralausschusses für Krebsbekämpfung. Oberstes Ziel sei es gewesen, schreibt die Bayerische Krebsgesellschaft, Anhaltspunkte für die Bekämpfung von Krebs zu gewinnen. In Bayern fingen Dr. Viktor Mertens, Krebsforscher und Schriftleiter der Münchner Medizinischen Wochenschrift und Dr. Christoph Müller, Pionier der Röntgen- und Strahlenbehandlung, den Ball aus Berlin auf und gründeten am 19. Mai 1925 in München den „Bayerischen Landesverband zur Erforschung und Bekämpfung der Krebskrankheit“ (BLV). Die Zahl der Betroffenen stieg in den nächsten Jahren und damit auch die Aufgaben des Vereins. Die Aufklärung der Bevölkerung erforderte die Anpassung der internen Strukturen: Neben der Ärztesektion wurde deshalb 1965 auch eine gleichberechtigte Laiensektion gegründet.

    Beratungsstellen: Mit Beginn der 70er-Jahre rückte die Beratung von Krebspatienten in den Fokus der Arbeit. Folgerichtig eröffnet 1970 die erste Psychosoziale Krebsberatungsstelle in München. Es war die erste ihrer Art in Deutschland und wurde zum Modell weiterer Krebsberatungsstellen in ganz Bayern. 1972 erfolgte die Namensumwandlung in Bayerische Krebsgesellschaft e.V. (BKG). In den folgenden Jahren wächst die Zahl der Krebsberatungsstellen, aktuell sind es 13 und 27 Außensprechstunden. Außerdem werden 160 ehrenamtlich tätige Selbsthilfegruppen unterstützt. Die BKG beschäftigt 93 Mitarbeitende in Bayern.

    Weitere Informationen online unter www.bayerische-krebsgesellschaft.de; die Psychosoziale Krebsberatungsstelle Augsburg ist nun in der Schießgrabenstraße 2, Telefon 0821/907919-0; neu ist eine Außensprechstunde in Donauwörth immer dienstags von 8 bis 13 Uhr - ein Anmeldung ist hierfür über die Augsburger Telefonnummer nötig.

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    1 Kommentar
    Marianne Böhm

    Eine Krebs, Tumor Diagnose ist wirklich wie die Frau sagt " Es ist als müsste sich der Boden auftun man fällt in ein riesiges Loch" Mit 29 Jahren die erste Krebsdiagnose, dann im laufe des Lebens weitere drei Tumore. Wenn dann der Arzt die Türe aufreißt und ruft Frau B "Ich habe ihnen eine gute und eine schlechte Nachricht, die schlechte, sie haben Krebs, die gute sie kennen das ganze Prozedere ja schon." Das schlimmste sind nicht die Menschen die sich von einem abwenden, sondern die mit den gutgemeinten Ratschlägen. Die einen gekannt haben der wiederum jemanden gekannt hat usw.. Im Krankenhaus Nummer ziehen und Stundenlang auf kalten unpersönlichen Gängen rumsitzen, auf Untersuchungen warten, neben dir sitzen diejenigen, wo man sehen kann wen es ganz Scheiße läuft. Man fragt sich dann, ob im Leben eines Menschen die Geburt oder das Sterben schlimmer sein wird, weil man der Zeit dazwischen dem Leben zu wenig Beachtung und Respekt schenkt. Wir sollten nie vergessen Mensch zubleiben

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