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Gisela Schneeberger liest im Club 20 in Friedberg aus Fräulein Pollinger

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Volles Haus für Gisela Schneeberger im Club 20

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    Bei Wohnzimmer-Atmosphäre in dem Friedberger Kellerclub las die beliebte Schauspielerin Gisela Schneeberger aus Ödön von Horváths Werk vor.
    Bei Wohnzimmer-Atmosphäre in dem Friedberger Kellerclub las die beliebte Schauspielerin Gisela Schneeberger aus Ödön von Horváths Werk vor. Foto: Edigna Menhard

    Wenn schon mal die Schauspielerlegende Gisela Schneeberger zu einer Lesung nach Friedberg in den Club 20 kommt, lassen sich das viele nicht entgehen. Entsprechend blieb in dem kleinen Veranstaltungskeller in der Schmiedgasse auch keiner der rund 80 Plätze am Sonntagabend frei. Organisator Josef Karg freute sich ebenso über seinen prominenten Gast: „Gisela Schneeberger einmal so nah zu erleben, das kommt nicht alle Tage vor.“ Die Schauspielerin hatte sich für ihre Lesung das Werk „36 Stunden – Die Geschichte vom Fräulein Pollinger“ ausgesucht. Der sozialkritische Roman des Autors Ödön von Horváths stammt aus dem Jahr 1928 und ist aktueller denn je.

    Gisela Schneeberger begeistert in Friedberg mit Lesung aus Ödön von Horváths "Fräulein Pollinger"

    Gisela Schneeberger erzählte, dass sie den Autor zunächst nur über seine Theaterstücke gekannt hatte und durch einen Tipp auf die Geschichte des Fräulein Pollinger gestoßen sei. Diese Protagonistin sei eine klassische Horváth-Figur: „Sie hat kein Geld und immer wieder Männergeschichten. Sie lässt sich ein bisschen ausnützen, aber sie nützt auch die Männer aus.“ Besonders beeindruckt zeigte sie sich von Horváths Sprachkraft: „Dieses Werk ist eine wahre Fundgrube an brillanter Sprache und Erzählkunst.“

    Für die rund zweistündige Lesung hatte Schneeberger das Werk behutsam gekürzt – keine leichte Entscheidung: „Jede Streichung hat mir wehgetan.“ In dem Roman geht es um Agnes Pollinger, eine junge Frau, die in den 1920er-Jahren in München lebt. Sie ist arm, auf der Suche nach Arbeit und gerät immer wieder in schwierige Situationen, die oft von Männern bestimmt werden. Horváth schildert nicht nur ihr Schicksal, sondern auch das Leben der Menschen, denen sie begegnet. Diese Episoden sind durchzogen von scharfer Gesellschaftskritik und werfen ein Licht auf die wirtschaftlichen und sozialen Missstände der Zeit.

    Mit ihrer pointierten Art brachte die Vorleserin die Geschichte zum Leben. Besonders beeindruckend war ihre Interpretation der humorvollen und zugleich tragischen Passagen. Szenen, wie die Überlegungen der Protagonistin über einen spendierten Gurkensalat oder die absurden Gedanken über die Hand ihres Verehrers auf ihrem Knie, sorgten für Lacher im Publikum. „Das sind auch meine Lieblingsstellen“, verriet die Schauspielerin später. Schneeberger verstand es zudem, die gesellschaftskritischen Untertöne des Textes herauszuarbeiten.

    Lesung mit Gisela Schneeberger in Friedberg überzeugt mit Wohnzimmer-Atmosphäre

    Die intime Wohnzimmeratmosphäre des Club 20 verlieh der Veranstaltung eine besondere Nähe. „Ich finde es großartig, dass man so nah am Vortragenden dran ist. Das ist schon etwas Besonderes“, schwärmte Joachim Juppe aus Mering. Ihm gefiel aber auch das Buch: „Den Text kannte ich bisher nicht, finde ihn aber ganz großartig.“ Zudem bringe die Schauspielerin die Geschichte sehr gut rüber, auch mit der Ironie, die dahinterstecke. Der München-Bezug begeisterte ihn ebenso: „Ich habe lange Zeit in München gearbeitet und kenne die Straßen, die hier genannt werden.“

    Der Friedberger Lothar Türmer lobte die gelungene Kombination aus Text, Interpretation und Atmosphäre: „Die Räumlichkeit, das Stück von Horváth und die Interpretation durch Gisela Schneeberger auf ihre trockene, ironische Art – das ist in sich stimmig und sehr gelungen. Friedberg kann sich glücklich schätzen, so eine Möglichkeit zu haben und die auch so gut zu nutzen.“ Ihn regten besonders die Parallelen zwischen den 1920er-Jahren und der heutigen Zeit zum Nachdenken an: „Die zeitliche Parallelität ist beängstigend. Damals die Weltwirtschaftskrise, heute die Risiken für den Welthandel – wir müssen aufpassen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt.“ Augenzwinkernd betonte er aber, dass sich das Frauenbild geändert habe: „Die Frauen sind heute, glaube ich, ein bisschen rationaler, weniger naiv als das Fräulein Pollinger. Gott sei Dank.“

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