Ein gehäufter Löffel, zwei, ein dritter: 40 Gramm Proteinpulver gesellen sich zu Magermilch und Haferflocken. Unterm Tosen des Mixers bereitet Max sich damit sein proteingeladenes Frühstück zu. Für den Studenten steht momentan fünfmal wöchentlich Training auf dem Plan. Vorm Training Kreatin, vorm Schlafen Zink und Vitamine - seine Routine. Er möchte in optimalem körperlichem Zustand sein und ist überzeugt: Nahrungsergänzungsmittel sind für ihn ein Muss.
So oder so ähnlich könnte es morgens in vielen deutschen Küchen ablaufen. Ob aus sportlicher oder anderer Motivation: In einer Befragung von Statista Consumer Insights geben mehr als 75 Prozent der deutschen Befragten an, Nahrungsergänzungsmittel zu konsumieren. Spitzenreiter sind hierbei Vitamine und Mineralien, gefolgt von Proteinen. Bringen die Mittel etwas?
Für wen Nahrungsergänzung sinnvoll ist
„Nahrungsergänzungsmittel sind grundsätzlich nur bei einem Mangel hilfreich“, so Ines Heger, Ernährungsexpertin der AOK Bayern. Gewisse Lebenssituationen begünstigen das. Bei veganer Ernährung ist etwa Vitamin B12 ein kritischer Nährstoff, wie auch eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zeigt. Die Aufnahme des Vitamins ist nur über tierische Produkte möglich. Bei einer Schwangerschaft steht die Versorgung mit Folsäure und Eisen im Vordergrund, höheres Alter begünstigt einen Vitamin-D-Mangel. Hochleistungssport (kein Hobby-Sport), Schlauchmagen- oder Magen-Bypass-OP bei Adipositas sowie strenge Diäten können ebenfalls Mängel verursachen. In allen Fällen ist ärztliche Kontrolle sinnvoll.
Viele Produkte auf dem Markt sind nicht hinreichend geprüft, überdosiert oder enthalten schädliche Inhaltsstoffe. Daniela Krehl, stellvertretende Leiterin des Referats Lebensmittel und Ernährung der Verbraucherzentrale Bayern, merkt hierzu an: „Bei vielen Marktchecks haben wir festgestellt, dass die Produkte zu hoch dosiert sind oder die Tagesdosis nicht angegeben war. Also auch in Drogerie und Apotheke kann ich nicht hundertprozentig sicher sein, dass die Menge wirklich passt.“ Am besten solle man im stationären Handel oder nach ärztlicher Abklärung kaufen.
Wie unterscheide ich seriöse von unseriösen Produkten?
„Mit Lebensmitteln kann ich im Fall der Vitamine, Mineralstoffe oder Spurenelemente kaum eine Überdosierung erreichen. Bei der Nahrungsergänzung schon“, so Heger. Gerade mit Kombi-Präparaten bestehe die Gefahr des „Gießkannenprinzips“, also des blinden Zuführens von allerlei Nährstoffen, um vermutete Mängel zu beseitigen. Das ist jedoch oft kontraproduktiv.
Was laut Verbraucherzentrale häufig bereits in der Packung überdosiert ist: Magnesium, Isoflavone (meist für Frauen in den Wechseljahren) und Kinder-Vitamin- oder Mineralstoffprodukte. „Bei Magnesium sind die Nebenwirkungen einer Überdosierung noch überschaubar, aber bei anderen Produkten ist eine größere Gesundheitsgefahr da“, erklärt Daniela Krehl. Die Dosierungsangabe von Isoflavonen sei oft nicht vorhanden oder falsch. Bei Kindern komme es durch das geringe Körpergewicht besonders bei fettlöslichen Vitaminen D und A, aber auch bei Spurenelementen wie Zink, Jod und Eisen, schnell zur Überdosierung. „Viele Mineralstoffe haben denselben Transportmechanismus vom Darm ins Blut; bei einem chronischen Zinküberschuss wird zum Beispiel Kupfer nicht mehr richtig ins Blut transportiert, was letztlich nervenschädigend ist“, warnt Krehl.
Die Nieren vertragen zu viel Protein nur schlecht
Das typische Mittagessen von Max sieht so aus: Reis, Brokkoli, Hühnchen – ziemlich ausgewogen. Trotzdem schafft er es seiner Ansicht nach nicht, sich nur darüber optimal zu versorgen. Daniela Krehl widerspricht jedoch: „Bei mehr Energiebedarf nehme ich auch mehr Lebensmittel auf und kann dadurch den höheren Bedarf an Mikronährstoffen decken.“ Außerdem enthalten Sportlerprodukte oft illegale oder schädliche Substanzen. Eine Überdosierung von Proteinen etwa kann bei einer Vorschädigung der Nieren zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen.
Max stuft sein Trainingsniveau als halbprofessionell ein und supplementiert deshalb. In Fällen wie seinem besteht ohne ärztliche Abklärung ein erhebliches Risiko. Hier mangelt es nicht am Nährstoff, sondern an Aufklärung. Es gilt weiterhin Hegers Credo: „Gesunde Menschen können ihren Bedarf in der Regel über die Ernährung decken.“
Hinweis: Dieser Beitrag ist in Kooperation mit dem Masterstudiengang Fachjournalismus der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt entstanden.
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