Michael Mendl, bekannter deutscher Film- und Theaterschauspieler, setzt sich gemeinsam mit dem Günzburger Verein Faszination Regenwald für den Erhalt der tropischen Regenwälder ein. Vor einigen Jahren reiste er selbst mit dem Vorsitzenden des Vereins, Bernhard Lohr, für den Dokumentarfim „Mein Leben am seidenen Faden“ nach Französisch-Guyana und für „The Final cut“ nach Borneo. Das Thema hat den Schauspieler seitdem nicht mehr losgelassen. Nach der UN-Konferenz zum Erhalt der globalen Artenvielfalt in Cali/Kolumbien unterhielt er sich mit den Vorsitzenden des Vereins, dem Offinger Kurt Schweizer und dem Günzburger Bernhard Lohr.
MICHAEL MENDL: Lieber Bernhard, vor Kurzem fand in Cali/Kolumbien, entsprechend zu der Weltklimakonferenz, der „Weltartengipfel“ oder korrekt formuliert, die 16. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt (UNCBD), statt. Du beschäftigst dich seit über 20 Jahren mit dem Thema Artensterben. Wie ist deine aktuelle Einschätzung der Situation?
BERNHARD LOHR: Ich bin natürlich froh, dass die Öffentlichkeit das Thema Klimawandel in weiten Teilen ernstnimmt. Ehrlich gesagt, betrübt es mich aber sehr, dass der zweite Aspekt der Doppelkrise aus Klimawandel und Artensterben kaum wahrgenommen und diskutiert wird. Ich sage es in meinen Vorträgen immer wieder: Das globale Artensterben und die Klimakatastrophe sind zwei Seiten ein- und derselben Medaille, nur wird über das sechste, von uns Menschen verursachte große Artensterben in der Geschichte des Lebens kaum gesprochen. Mich macht es unglaublich traurig, dass durch die Besitzansprüche von Homo sapiens auf und an diesem Planeten tausende, ja zigtausende Tier- und Pflanzenarten für immer verschwinden. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass mit jeder verlorenen Art ein Stück Evolutionsgeschichte unwiederbringlich verloren geht. Beim Kampf gegen den Klimawandel könnten wir noch etwas gewinnen, wenn wir denn konsequent handeln. Eine einmal ausgestorbene Art ist jedoch für immer verloren und kann durch keine Macht des Universums wieder zurückgeholt werden.
MICHAEL MENDL: Es ist kein Geheimnis, dass euch als Verein Faszination Regenwald die Rettung der Orang-Utans besonders am Herzen liegt, deswegen waren wir auch gemeinsam in Borneo, um die Dokumentation „Mein Leben am seidenen Faden“ zu drehen. Wie ist denn die aktuelle Situation auf Borneo?
BERNHARD LOHR: Ich war seit unseren gemeinsamen Dreharbeiten nun nach einer längeren Pause wieder in Borneo und ich kann sagen, dass es sehr viel Schatten, sprich trauriges, in Bezug auf die Regenwaldzerstörung, aber auch Licht, im Sinne von Hoffnung, gibt. Schon zu unseren Dreharbeiten vor zehn Jahren konnte ich mir nicht vorstellen, dass es für den Regenwald und seine Bewohner, allen voran den Orang-Utans, noch schlimmer kommen könnte. Waren wir doch damals schon bis ins Mark erschüttert ob der katastrophalen Folgen des Holzeinschlags, legal wie illegal. Jetzt ist es noch viel dramatischer.
KURT SCHWEIZER: Ich habe in den vergangenen Jahren unseren Verein Faszination Regenwald e.V. in Borneo vertreten und, was ich erlebt habe, war, noch viel dramatischer, als ich es aus eurer Dokumentation „The Final Cut“ kannte. Selbst bei Holzeinschlag bleibt noch ein bisschen Wald stehen. Ein paar Baumstämme bleiben übrig, auf die sich Orang-Utans retten können, aber heute findet man auf Borneo auf großen Gebieten nur noch riesige Löcher. In Borneo wird großflächig nach Kohle geschürft und das Ergebnis ist eine Mondlandschaft. Wir haben hungernde und durstende Orang-Utans, sprichwörtlich bettelnd, am Straßenrand gesehen. Das zerreißt einem schon das Herz. Es gibt in diesem Meer an Schatten aber auch Positives zu berichten. Nach Jahren der Aufbauarbeit und – zugegebenermaßen auch einigen Misserfolgen – haben wir nun drei großartige Projekte auf Borneo, die richtige Kleinode in einem Meer an Verwüstung sind. Mit unseren Kollegen von fans for nature e.V. und unserem Kooperationspartner CAN-Borneo haben wir eine Struktur geschaffen, die es uns ermöglicht, erfolgreich Regenwaldschutz in Borneo zu betreiben.
BERNHARD LOHR: Wir als Faszination Regenwald e.V. konzentrieren uns auf den Kauf von Regenwaldflächen und gerade erst konnten wir zehn weitere Hektar erwerben, auch mit Unterstützung des Günzburger Vereins Allerlei e.V. Unsere Kollegen von fans for nature e.V. sind federführend in der Tierrettung, Wiederauswilderung und auch Wiederaufforstung. Ich bin in 20 Jahren Regenwaldarbeit, sei es zu wissenschaftlichen Zwecken oder nun seit vielen Jahren für Naturschutz, in vielen Regenwäldern unterwegs gewesen, aber es ist schon ein besonderes Gefühl, durch einen Regenwald zu laufen, zu dessen Erhalt man maßgeblich beigetragen hat, und es freut mich sehr bzw. macht mich auch ein wenig stolz, dass die einheimischen Ranger dieses Waldgebiet als den „Günzburger Regenwald“ bezeichnen.
KURT SCHWEIZER: Ehrlicherweise muss man auch erwähnen, dass unsere Kollegen von fans for nature e.V. den Großteil des Budgets stemmen. Unsere zwei Vereine ergänzen sich perfekt. Unser Verein Faszination Regenwald e.V. könnte noch so viel Regenwaldflächen kaufen, ohne Präsenz vor Ort wäre dies nutzlos. Die Anwesenheit der Ranger in den Tierrettungsstationen von fans for nature e.V. gewährleistet erst, dass sich illegale Holzfäller und Wilderer nicht in unsere Regenwaldflächen trauen.
MICHAEL MENDL: Was meint ihr, gibt es noch Hoffnung für den Regenwald und seine Bewohner?
BERNHARD LOHR : Lass es mich so sagen: Auf meinen Reisen durch Borneo habe ich nicht nur einen Moment der Verzweiflung gespürt, sondern viele, aber Aufgeben gilt und geht nicht. Aufgeben geht nicht aus Verantwortung für Mensch und Waldmensch in Borneo, aus Achtung und Wertschätzung für die unzähligen faszinierenden Lebensformen, die die Evolution hervorgebracht hat und die noch auf der Erde vorkommen.
KURT SCHWEIZER: Lass mich die Frage nach Hoffnung und unserer Verantwortung für den Erhalt der tropischen Artenvielfalt mit einer Einschätzung unseres indonesischen Kollegen, Linus Christianto, beantworten. Linus kennt die Situation der Regenwälder auf Borneo besser als jeder andere. Er setzt sich seit Jahrzehnten aufopferungsvoll für die Rettung des Regenwaldes ein. Er sagt: „Einen „Sieg“ gegen die Mächte der Regenwaldzerstörung, also Ölpalm- und Sojaplantagen, Kohleabbau und Holzeinschlag, wird es nicht mehr geben. Unser Ziel muss es sein, die Zerstörung so weit zu verlangsamen, dass unsere Kinder zumindest die Chance haben werden, sich noch für die Rettung letzter Regenwaldreste und der darin lebenden Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten einsetzen zu können.
Bernhard: Diesem Anspruch sehen wir uns als Faszination Regenwald e.V. mit unseren Partnern von fans for nature e.V.,verpflichtet.
![Bernhard Lohr (zweiter von links) und Kurt Schweizer (rechts) setzen sich auch vor Ort für den Regenwald ein. Bernhard Lohr (zweiter von links) und Kurt Schweizer (rechts) setzen sich auch vor Ort für den Regenwald ein.](https://images.mgpd.de/img/103672403/crop/c1_1-w100/625150916/1461067573/huberchristiantoschweizerlohrborneo-2024.png)
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