
Das Höfesterben im Kreis Neu-Ulm wirkt sich auf das Ortsbild aus

Plus Auch innerorts stehen immer mehr Gehöfte leer und verfallen teilweise. Regionalmanager Andreas Probst nennt Zahlen - und verweist auf Beratungsangebote.

Regionalmanager Andreas Probst beobachtet die Entwicklung mit Sorge: Statistiken des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Krumbach-Mindelheim zufolge hat sich die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe im Landkreis Neu-Ulm in den vergangenen 25 Jahren jährlich um bis zu vier Prozent reduziert. So waren im Jahr 1996 noch 1129 Betriebe im Landkreis gezählt worden, 2021 nur noch 706. Dieser Wandel macht sich unter anderem auch in den Ortschaften der sogenannten ILE-Region Iller-Roth-Biber (integrierte ländliche Entwicklung) bemerkbar. Dazu zählen die Kommunen Illertissen, Buch, Kellmünz, Oberroth, Osterberg, Roggenburg und Unterroth. "Immer mehr Gehöfte, auch innerhalb der Gemeinden, stehen leer und verfallen zum Teil zusehends", berichtet Probst. Er versucht in seiner Funktion als Regionalmanager etwas gegen den Leerstand zu unternehmen. Doch das gestaltet sich schwierig.
Als Reaktion auf unseren Artikel über das Höfesterben im Kreis Neu-Ulm verweist Probst auf eine Leerstands- und Baulückenerhebung in den genannten Kommunen. Insgesamt seien rund 1670 solcher Fälle ermittelt worden. "Dabei handelt es sich zu einem großen Teil um Baulücken, die aufgrund der Lage in Gebieten mit Bebauungsplänen häufig sofort bebaut werden könnten", berichtet Probst. Ein erheblicher Anteil entfalle auch auf leer stehende Wohn- und Gewerbegebäude (insgesamt ungefähr 150 Objekte) sowie leer stehende Hofstellen (83 Objekte) oder Hofstellen mit Restnutzung (200 Objekte).
Nur wenige Eigentümer wollen freie Flächen bebauen oder verkaufen
Eine Befragung unter Eigentümerinnen und Eigentümern von Baulücken und Leerständen hat Probst zufolge allerdings gezeigt, dass nur ein geringer Anteil derzeit eigene Bebauungsabsichten hegt und auch kaum Verkaufsbereitschaft besteht. "Gerade in Zeiten steigenden Bedarfs an Wohnraum und eines stetig wachsenden Flächenverbrauchs sowie im Hinblick auf die Tatsache, dass verfallende Gebäude oft auch die umliegenden Immobilien und sogar ganze Viertel abwerten, ist diese Haltung zwar individuell verständlich, aber schade", sagt der Regionalmanager. Zumal Eigentümerinnen und Eigentümer seinen Angaben nach von zahlreichen staatlichen Fördermöglichkeiten profitieren können, wenn sie sich dazu entschließen, leer stehende oder verfallende Objekte zu sanieren oder die Flächen neu zu bebauen.
Die sieben Kommunen der ILE Iller-Roth-Biber haben sich des Themas angenommen und verfolgen im Rahmen des Projekts „Aktives Flächenmanagement“ das Ziel, Hauseigentümerinnen und -eigentümer sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger über Fördermöglichkeiten und aktuelle Entwicklungen zu informieren und zu beraten. Die Geschäftsstelle ILE Iller-Roth-Biber im Rathaus Kellmünz (Telefon 08337/9002974) sei die erste Anlaufstelle bei Fragen und vermittle den Kontakt zu den entsprechenden Stellen, sagt Probst. Außerdem seien verschiedene Vorträge und Veranstaltungen zu diesem Thema geplant.
Zwei Termine stehen bereits fest: Bauoberrat Christoph Graf vom Amt für Ländliche Entwicklung Krumbach informiert am Donnerstag, 21. Oktober, um 20 Uhr über Fördermöglichkeiten für Privatmaßnahmen im Rahmen der Dorferneuerung. Die Veranstaltung wird voraussichtlich in der Gemeindehalle Jedesheim stattfinden. Und am Dienstag, 23. November, ist um 19 Uhr ein Vortrag mit Informationen zur Bau- und Bodendenkmalpflege geplant. Über den Veranstaltungsort wird Probst noch rechtzeitig informieren.
Landrat Freudenberger antwortet auf Schreiben des Bauernverbands
Mehrere leer stehende, mitunter baufällige alte Bauernhäuser säumen auch die Ortsdurchfahrt im Weißenhorner Stadtteil Bubenhausen. Dort würden zahlreiche Eigentümerinnen und Eigentümer wie berichtet gerne die alten Gebäude abreißen und durch Neubauten im selben Baustil ergänzen. Doch ihre Vorhaben scheitern am Ensembleschutz. Vertreter des Bayerischen Bauernverbands baten deshalb Landrat Thorsten Freudenberger darum, sich beim Landratsamt, aber auch in den entsprechenden Gremien im Bayerischen Gemeinde- wie auch im Landkreistag sowie bei den zuständigen Ministerien für praxisorientierte Regelungen einzusetzen. Denn es könne ja nicht Sinn des Denkmalschutzes sein, dass alte Gebäude, die aus Kostengründen nicht entsprechend den Vorgaben saniert werden können oder bei denen eine Renovierung schlichtweg sinnlos sei, leer stehen und somit dem Verfall preisgegeben sind, wie die Vertreter des Bauernverbands schrieben.
Doch der Landrat verweist in seiner Antwort darauf, dass sein Einfluss begrenzt ist: "Entscheidungen und Genehmigungen nach dem Denkmalschutzgesetz trifft die Untere Denkmalschutzbehörde im Landratsamt Neu-Ulm unter Beteiligung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege", schreibt Freudenberger. Die staatliche Behörde sei die zuständige Fachstelle, im Regelfall gehe ihre Beteiligung im Genehmigungsverfahren über eine bloße Empfehlung hinaus und binde somit die Genehmigungsbehörde. Die Bubenhauserinnen und Bubenhauser pochen deshalb auf eine Änderung und haben bei der Bürgerversammlung im August einen klaren Auftrag erteilt: Die Weißenhorner Stadtverwaltung und der Stadtrat sollen dafür kämpfen, dass der Ensembleschutz aufgehoben wird.
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