Blau marmoriert, rosafarben gesprenkelt, von Früchten durchzogen, mit Keksen verziert. Wenn’s ums Eis geht, kann geschmacklich nichts mehr überraschen. Da werden Salzbrezeln, Parmesan, Chili-Flocken oder Tannenspitzen unter die Sahne gemischt, manche Kugel wurde schon mit Grillen und anderem Getier garniert. Sorten mit so köstlich klingenden Namen wie „Asphalt und Beton“ oder „Keksteig roh“ werden angeboten, auch vor deftigen Geschmackssorten wie Bier, Currywurst oder Gurkensalat machen Gelatieri nicht Halt.
Gesundheitsbewusste Foodies schlecken dagegen nur noch „Nicecream“, zuckerfreies Eis, vegan, selbst gemacht aus frischen Früchten und super healthy! Da mag sich manch ein Bayer freuen, wenn das Eis in München noch nach Weißwurst, Schweinsbraten oder Kässpatzn schmeckt. Kein Witz, beim verrückten Eismacher am Viktualienmarkt gleicht die Auslage einer Speisekarte im Wirtshaus.
Auf Instagram finden sich tausende Bilder vom Eis-Burger
Aber Eis im Semmerl? Das mag selbst experimentierfreudige Eisliebhaber überraschen, doch unter Food-Bloggern und Influencerinnen wird das Eis im Brioche längst als Essenstrend des Sommers gefeiert. Ein fluffig-buttriges Gebäck, aufgeschnitten und prall gefüllt mit Eis, mal mit Sahne, Krokant oder Schokosoße garniert. Zum Anbeißen. Auf Instagram finden sich unter dem Hashtag #briochecongelato tausende Bilder vom Eis-Burger. In Videos erklären Gelatieri, wie sich das französische Gebäck mit dem markanten Knubbel und dem Eis unter dem Deckel am besten verspeisen lässt.
Und in den Eisdielen hierzulande wird das süße Weckerl auch immer häufiger serviert, denn beim Eis geht es längst nicht mehr nur um die Sorte, sondern auch um die Art der Darreichung. Im Becher oder in der Waffel? Da ist schon mehr Präzision bei der Bestellung gefragt. Die Waffel mit Schokorand, knusprig oder weich gebacken? Klassisch oder mit Ei im Teig und dicken Blasen als Verzierung? Die bubble waffles gibt es inzwischen fast in jeder Eisdiele, aber das Brötchen ums Eis ist neu. Woher kommt der Trend und wie schmeckt so ein Eis-Weckerl?

Anruf bei Renato Vanzillotta, Chef von „Jessas Eis“ in München. Zwei Filialen, dutzende Eissorten, darunter Klassiker wie Erdbeere oder Stracciatella, aber auch Exotischeres wie Zitrone-Basilikum, Joghurt-Granatapfel oder Karamelleis mit Himalyasalz. Die Selbstbeschreibung auf der Webseite: „Eisdiele mit Jesusstatue sowie Hipster-Konterfei an der Wand, das klassische und ausgefallene Sorten anbietet“, trendig also. Und? Gibt es auch das Eis im Brioche? „Klar, das haben wir schon seit Jahren auf der Karte“, sagt Vanzillotta. Moment mal, dann ist das Süße im Semmerl etwa gar kein neuer Trend?
Über den Ursprung des Eis-Semmerls lässt sich spekulieren
„In Deutschland ist es noch nicht so bekannt, aber in Italien wird das seit Jahrzehnten gegessen“, sagt Vanzillotta und beginnt zu schwärmen. Vom Eis im Brötchen und davon, wie er sich als Kind oft spät abends so ein süßes Weckerl von der Eisdiele nebenan holte. Eine Kugel Vanille, eine Kugel Schoko unter den Brotdeckel, fertig war das Dessert auf die Hand. „Das ist bis heute meine Lieblingskombination“, sagt Vanzillotta, der im süditalienische Kalabrien aufgewachsen ist.
Eine halbstündige Fahrt mit der Fähre trennt die Region von Sizilien, wo das Eis im Brioche seinen Ursprung haben soll, so die Erzählung. Aber mit der Herkunft von kulinarischen Spezialitäten ist das ja immer so eine Sache. Ist der Bagel jetzt eine New Yorker Erfindung oder wurde er schon im 17. Jahrhundert im polnischen Krakau geformt? Ist Baklava ein türkisches Nationalgericht oder stammt es nicht doch aus Griechenland? Im Nahen Osten wird über die Herkunft der Falafel gestritten und auch wenn es Franzosen nicht gerne hören, aber das Croissant ist eine Wiener Erfindung. Immerhin, das fluffig-buttrige Brioche stammt erwiesenermaßen aus der französischen Normandie, wie es nach Sizilien kam und seit wann es dort mit Eis befüllt wird? Darüber lässt sich spekulieren.
In Sizilien ist Granita mit Brioche eine lokale Spezialität
Sicher ist nur dies: Die Sizilianer verspeisen Kaltes gern in Kombination mit Brötchen. Denn die „Granita Siciliana“ ist eine lokale Spezialität. Ähnlich einem Sorbet wird sie aus Wasser, Zucker und passierten Früchten oder Nüssen zubereitet. Meist aus Zitronen, Pistazien oder Mandeln, denn die wachsen überall auf der Insel. Die Masse wird gerührt, gefroren und im Glas serviert - zusammen mit einem goldbraunen Brioche. Das Brötchen dient nicht nur als Beiwerk, sondern als Besteck, denn die meisten zupfen Stücke ab und löffeln damit das kalte Dessert. Ob in Catania oder Messina, überall gibt es Cafés und Bars, die das Wassereis im Glas samt Brioche anbieten.

Da lag es nahe, dass das Eis auch irgendwann direkt im Brötchen landet. Mit dieser Kombination sind Italiener übrigens nicht allein, im asiatischen Raum wird Eis auch gerne mal zwischen regenbogenfarbenen Toastscheiben oder in länglichem Brot serviert. Und das quadratische Sandwich-Eis mit rot-weiß-brauner Füllung ist auch hierzulande ein Klassiker, aber eben längst nicht so pompös wie so ein prallgefülltes Brioche.
Und? Welche Sorte passt denn nun am besten ins Brötchen? Theoretisch jede, sagt Renato Vanzillotta, besonders gut aber mundet Nuss oder Pistazie. Seit 40 Jahren macht er Eis, nach einem einfachen Prinzip: „Nur wenn du Vanille und Schoko gut machst, kannst du wirklich Eis machen. Das hat mein Meister immer zu mir gesagt und er hatte Recht.“
Das Wichtigste beim Brioche: Den Teig lange gehen lassen
Unabhängig vom Aroma gilt fürs Eis im Brioche: Mehr als zwei Kugeln sollten es nicht sein, sonst quillt das Süße aus dem Semmerl. Auf die Hand oder mit Löffel und Serviette serviert wird das Eis-Weckerl wie ein Sandwich verspeist. Wie beim Burger oder Döner kann da leicht mal was daneben gehen. Wer Kleckse auf der Kleidung vermeiden will, löffelt vor dem ersten Bissen etwas ab, rät Vanzilotta, der die Eisdiele im Glockenbachviertel seit 15 Jahren führt. Das Eis im Semmerl war lange ein Geheimtipp unter Kennern, wird inzwischen aber immer häufiger nachgefragt.

Mancherorts wird das Brioche lauwarm serviert als Kontrast zum Eiskalten, aber das kommt Vanzillotta nicht in die Tüte. „Da schmilzt das Eis sofort und man hat nur noch Soße im Brötchen“, sagt der Experte. Apropos Brötchen, die backt Vanzillotta selbst, aus den Grundzutaten Mehl, Zucker und Hefe. Das Wichtigste dabei: Den Teig schön langsam und lange gehen lassen und erst dann in den Ofen. Vor dem Servieren sollte das süßliche Milchbrötchen abgekühlt werden.
Noch ein kleiner Tipp: Am besten bewahrt man das Brioche in Vakuum oder einer Tupperbox auf, so bleibt es frisch und weich wie ein Schwamm. „Das ist wie mit Brot, wenn es unverpackt bleibt, trocknet es schnell aus“, sagt Vanzillotta. Und dürr darf das Semmerl auf keinen Fall sein, egal ob mit Marmelade bestrichen oder mit Eis serviert. Und? Zur Krönung noch ein Klecks Sahne aufs eisgefüllte Brioche? Lieber nicht, findet Vanzillotta. „Im Eis ist schon genug Sahne.“ Das wäre dann doch zu viel des Süßen.
Rezept für Brioche:
Zutaten:
- 100 Milliliter Milch lauwarm
- 30 Gramm frische Hefe
- 500 Gramm Weizenmehl
- 50 Gramm Zucker mehr
- 4 mittelgroße Eier zimmerwarm
- 250 Gramm Butter weich
- 1/2 Teelöffel Salz
- 1 mittelgroßes Eigelb zum Bestreichen
Zubereitung:
- Die Hefe mit einem Teelöffel Zucker in die lauwarme Milch bröckeln und umrühren. Mehl und restlichen Zucker in eine Schüssel geben, in die Mitte eine Mulde drücken und die lauwarme Hefe-Milch-Mischung hineingießen. Schüssel mit einem Tuch bedecken und an einem warmen Ort für zehn Minuten stehen lassen.
- Zimmerwarme Eier, weiche Butter und Salz zum Teig geben, alles vermischen und den Teig zehn Minuten kneten. Die Schüssel mit einer Frischhaltefolie bedecken und über Nacht in den Kühlschrank stellen.
- Am nächsten Tag den Teig herausnehmen, bis er Zimmertemperatur hat. In eine große gefettete Kastenform füllen. Nochmals eine Stunde an einem warmen Ort gehen lassen. (Die Brioche wird durch die lange Gehzeit im Kühlschrank besonders locker. Wer es eilig hat, kann den Hefeteig aber auch wie gewohnt an einem warmen Ort etwa ein bis zwei Stunden gehen lassen.)
- Den Ofen auf 190 Grad Ober- und Unterhitze vorheizen, den Teig zu Kugeln formen. Es gibt spezielle Brioche-Förmchen, es eignet sich aber auch ein Muffinblech. Auf die klassische Brioche wird noch eine kleinere Kugel oben aufgesetzt.
- Die Brioche mit dem verquirlten Eigelb bestreichen und etwa 15 Minuten backen.
Quelle: Das Rezept stammt vom Online-Blog „Backen macht glücklich“
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