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Genuss: Nachhaltiger Genuss aus der Klimaküche

Welche Lebensmittel sollte man zu sich nehmen, um das Klima zu schützen?
Genuss

Nachhaltiger Genuss aus der Klimaküche

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    Die Frage, wie man das Klima schützen kann, hat schon die ein oder andere Diskussion am Esstisch entfacht. Weniger Auto soll man fahren, stattdessen lieber mit dem Rad zur Arbeit. Heizung und Licht bleiben aus, solang es geht, und beides kommt ohnehin am besten aus nachhaltiger Quelle. Das spart unnötige CO2-Emissionen und bares Geld. Wie viel Einfluss das Essen, das bei den Diskussionen auf dem Teller langsam kalt wird, auf das Klima hat, ist seltener Thema.

    Dabei lässt sich auch in der Küche ganz hervorragend etwas für den Klimaschutz tun. Dass unterschiedliche Lebensmittel auch unterschiedlich stark die Umwelt belasten, liegt eigentlich auf der Hand. Aber es ist doch alles ein wenig abstrakt – logisch, Fleisch und importierte Lebensmittel sind schlechter für die Umwelt als regionales Obst und Gemüse. So richtig vorstellen kann man sich das aber nicht. Vor allem nicht, welchen Unterschied eine andere Wahl gemacht hätte. 

    Bessere Klimabilanz auf dem Teller durch regionale und saisonale Produkte

    Über eine "Ernährungswende" spricht Guido Reinhardt, Fachbereichsleiter des Instituts für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) Heidelberg. Wie ein jeder oder eine jede sich ernährt, könne in vielerlei Hinsicht einen Unterschied machen. "Wurst und Fleisch haben eine sehr viel schlechtere Klimabilanz als zum Beispiel proteinhaltige Hülsenfrüchte und Nüsse", bestätigt Reinhardt. So weit, so einleuchtend. In seinen Leitlinien bietet das Ifeu weitere Anhaltspunkte für eine bessere Klimabilanz auf dem Teller. 

    "Die Kombination 'regional und saisonal' macht's", betont der Fachbereichsleiter. Die vermeidet nämlich lange Transportwege oder etwa eine energieintensive Gewächshausproduktion. Heißt also: Lieber die heimische Erdbeersaison abwarten, als schon im Winter auf eingeflogene Früchte zu warten. Und wenn, dann bio, oder? Die Antwort ist ein etwas unzufriedenstellendes "Ja. Aber ..." Denn bei Bio-Produkten treten Vor- und Nachteile auf. Der Experte erklärt: "Wir empfehlen Bio-Lebensmittel, jedoch nicht aus Klimaschutzsicht." Wie jetzt? Tatsächlich ist die Klimabilanzierung von Bio-Ware recht kompliziert. Kurz gesagt: Gerade in puncto Flächenbelegung können biologisch erzeugte Lebensmittel nicht mit konventionellen Lebensmitteln mithalten. Andererseits punkten sie durch einen geringeren Pestizideinsatz, höhere Naturschutzleistung und höheres Tierwohl. Unterm Strich, sagt Reinhardt, ist bio trotzdem die bessere Wahl. 

    In der Küche lässt sich Geld und CO2 sparen

    Doch nicht nur die Lebensmittel machen einen Unterschied, auch die Wahl der Küchengeräte hat nennenswerte Umweltauswirkungen, wie Reinhardt erklärt – im Mittel machen sie sogar an die 20 Prozent des CO2-Fußabdrucks aus. Sein Praxistipp: "Insbesondere beim Kauf von Gefrier- und Kühlschrank sollte man auf deren Energieeffizienzklasse achten." Denn auch hier lässt sich Energie, Geld und CO2 einsparen. 

    Das, was im Kühlschrank oder in der Abstellkammer landet, sollte außerdem im besten Fall nicht in Konservendosen verpackt werden. Einwegglas und Konservendosen verursachen laut Reinhardt teilweise einen vielfach höheren Umweltfußabdruck als alternative Verpackungen. Stattdessen empfiehlt der Experte, zu Verbundkarton oder Standbodenbeuteln zu greifen. Außerdem landen idealerweise alle eingekauften Lebensmittel auch auf dem Teller. "Die Lebensmittel müssen erzeugt, transportiert, verarbeitet, eingekauft und zubereitet werden – auch wenn Sie am Ende in der Mülltonne landen", erklärt Reinhardt. Diese Abfälle verschlechterten die Umweltbilanz maßgeblich. Eine gut geplante Einkaufsliste und Resteverwertung können entgegenwirken. 

    In der Küche lässt sich also an einigen Stellen Kohlenstoffdioxid einsparen. Es ist nur wirklich schwierig zu erkennen, wie viel des umweltschädlichen Gases man im Alltag durch die eigene Lebensmittelauswahl wirklich ausstößt. Und was ist überhaupt "viel CO2"? Eine Initiative unter dem Namen "Ein guter Tag hat 100 Punkte" hat nachgerechnet: Um unser Klima und die Umwelt im Gleichgewicht zu halten, darf jeder Mensch täglich ungefähr 5,3 Kilogramm CO2 durch alle seine Handlungen ausstoßen. Diese 5,3 Kilogramm werden in 100 Punkte umgerechnet, die jedem und jeder pro Tag zur Verfügung stehen. Eine Art Währung für die Klimaverträglichkeit also. 

    Ein "guter Tag" hat 100 Punkte

    Wie realistisch so ein "guter" Tag wirklich ist, zeigt eine kurze Berechnung mit der dazugehörigen 100-Punkte-App: Ohne nur einen Bissen Nahrung gegessen zu haben, sieht ein gewöhnlicher Tag in puncto Klimaverträglichkeit schon recht düster aus. Auch ohne Auto, 30-Grad-Wäsche und Ökostrom zeigt der Punktestand schnell mehr als 450 Punkte pro Tag an. Der Bezug von Fernwärme etwa oder die Anzahl der elektronischen Geräte und Möbel im Haushalt schlagen gewaltig zu Buche. 

    Das Ziel, einen "guten" Klimatag zu haben, rückt mit der Kalkulation der App für Otto Normalverbraucher in schier unerreichbare Ferne. Jetzt zu resignieren wäre allerdings fatal. Bekanntlich ist aller Anfang schwer. Dank eines Kochbuchs des Kemptener Hildegardis-Gymnasiums kann der Weg in Richtung einer klimafreundlicheren Küche sogar zu einer kleinen Kulinarikreise werden. Im Kochbuch mit dem Namen "Die Klimaküche" haben die Schülerinnen und Schüler den CO2-Ausstoß verschiedener Alltagsgerichte berechnet und sie anschließend in eine intuitive Punkteskala, eine Art CO2-Ampel umgerechnet. Das soll verdeutlichen, welchen Einfluss die Mahlzeit auf den eigenen CO2-Ausstoß hat, sagt Projektleiter Matthias Klaubert. "Es geht darum, ein Gefühl für den CO2-Fußabdruck von Lebensmitteln zu bekommen", erklärt er. Schließlich wüssten die wenigsten, was man sich unter 100 Gramm CO2 vorstellen kann und welchen Beitrag jeder Einzelne auf lange Sicht zum Klimaschutz durch eine nachhaltige Ernährung leisten kann. Die CO2-Ampel soll das im Buch verbildlichen.

    Kochbuch, Klima, Genuss.
    Kochbuch, Klima, Genuss. Foto: Hildegardis-Gymnasium Kempten

    Das Klimakochbuch bewertet ein Rezept mit maximal 20 Punkten. Zur Erinnerung: Ein "guter" Tag hat 100 Punkte. Die Rezepte der Klimaküche sind also nicht per se klimafreundlich. "Vielmehr soll eine bunte Mischung aus klimafreundlichen und aus Klimaschutzsicht problematischen Rezepten aufzeigen, welchen Beitrag man durch eine klimafreundliche Entscheidung zum Klimaschutz leisten kann", erklärt Projektleiter Klaubert. 

    Die Klimaküche soll zu bewussten Entscheidungen befähigen

    Nimmt man also einmal eine andere Perspektive vor dem Herd ein, wird deutlich, dass einige Klassiker wahre Klimasünder zu sein scheinen. Aber bei Weitem nicht alle: Ein klassischer Kartoffelsalat stößt 91 Gramm CO2 aus. Wenn's mal schnell gehen muss, schlägt eine Portion Spaghetti mit Tomatensoße mit 9,3 Punkten, also 491 Gramm CO2 zu Buche. Vorspeisenfans dürfen sich an dieser Stelle besonders freuen: Dank der frischen Zutaten, die zumeist direkt aus der eigenen Region erworben werden können, fallen sie bei CO2-Sparern nicht sonderlich schwer ins Gewicht. Anders sieht es etwa in der deftig-bayerischen Küche aus: Über dem Fleischküchle-Rezept prangt ein fast schon mahnendes "GRENZWERTIG". 1062 Gramm Kohlenstoffdioxid-Emissionen verbergen sich hinter dem deftigen Klassiker – oder zwanzig Punkte auf der CO2-Ampel. 

    Keine Sorge, das heißt nicht, dass man den Rest des Tages fasten muss. Generell sollte niemand enttäuscht sein, wenn es einmal nicht klappt mit der klimafreundlichen Ernährung. Das betont auch Klaubert. "Wir wollten mit dem Konzept verdeutlichen, welche Handlungsmöglichkeiten jeder Einzelne jeden Tag beim Essen hat", sagt er. Klaubert hofft, dass man durch das Buch in der Lage ist, bewusstere Entscheidungen zu treffen.

    Aber: "Ernährung ist nur ein Baustein von vielen", betont der Projektleiter. Dass man allein durch eine Umstellung der Ernährung das Klima retten kann, glaubt er nicht. Aber in der eigenen Küche kann man bereits vieles verändern und CO2 einsparen, das man ansonsten schon durch die bloße Existenz auszustoßen scheint. Natürlich ist es schwierig, alte Gewohnheiten zu durchbrechen, sagt Klaubert. Aber wer schwarz auf weiß sehen kann, wie viel eine bewusste Entscheidung ausmacht, habe hoffentlich öfter einen "guten" Tag.

    Rezept für vegetarische BBQ-Burger

    4,5 Punkte pro Portion (237 g CO2)

    • 50 g Basmatireis
    • 1,5 Karotten
    • 250 g Kidneybohnen
    • 1 Schalotte
    • 1 Knoblauchzehe
    • Pflanzenöl nach Belieben 
    • 1 EL Mehl
    • Salz und Pfeffer nach Belieben
    • 1 TL Paprikapulver
    • 4 Burgerbrötchen
    • BBQ-Sauce nach Belieben 
    • 1 Zwiebel
    • 4 Essiggurken
    • 2 Tomaten
    • 4 Salatblätter
    Pro Portion stößt der vegetarische BBQ-Burger nur 237 g CO2 aus.
    Pro Portion stößt der vegetarische BBQ-Burger nur 237 g CO2 aus.

    Für die Burger Patties den Reis kochen. Währenddessen die Karotten schälen und fein raspeln. Die Schalotte und die Knoblauchzehe schälen und fein hacken. Die Kidneybohnen abgießen und mit Wasser abbrausen. 

    Etwa zwei Drittel der Bohnen mit einem Kartoffelstampfer zerdrücken, den Rest ganzlassen. Schalotte, Knoblauchzehe, Karotten, Mehl und den Reis unter die Bohnenmasse mischen und anschließend mit den Gewürzen abschmecken. Für den Burgerbelag Zwiebel, Tomaten und Essiggurken in Scheiben schneiden. Die Hände anfeuchten, Patties formen und diese in etwas Öl anbraten. 

    Die Brötchen aufschneiden, toasten und mit der BBQ-Sauce bestreichen. Zum Schluss den Burger mit dem Gemüse und dem Patty belegen. 

    Rezept für Brombeerkuchen im Glas

    10,2 Punkte pro Portion (541 g CO2)

    • 60 g Kekse
    • 100 g Frischkäse
    • 360 g Quark
    • 2 EL Butter
    • 20 g Zucker
    • 2 Päckchen Vanillezucker
    • Zimt nach Belieben
    • 400 g Brombeeren
    Mit einem Brombeerkuchen im Glas lässt sich nachhaltig genießen.
    Mit einem Brombeerkuchen im Glas lässt sich nachhaltig genießen. Foto: Hildegardis-Gymnasium Kempten

    Zunächst die Kekse und den Zimt mit einem Nudelholz in einer Tüte zerkleinern, derweil die Butter in einem kleinen Topf zergehen lassen. Wenn die Butter zergangen ist, zu den Keksen und dem Zimt geben. Danach Frischkäse, Quark, Zucker und Vanillezucker mischen und die Brombeeren in einer separaten Schüssel pürieren. 

    Als Erstes die Keksmasse, dann die Frischkäsemasse und als Letztes die Brombeermasse in einem Glas schichten und diese Schichten beliebig oft wiederholen. Zuletzt mit Brombeeren garnieren und zum Festwerden für etwa drei Stunden in den Kühlschrank stellen.

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