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Hildegard Knef: Unbekannte Seiten einer Ikone enthüllt

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Eine moderne, vielseitige Ikone: Anne-Kathrin Kilg-Meyers Buch über Hildegard Knef

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    Lesung im Parktheater Göggingen: Anne-Kathrin Kilg-Meyer präsentiert ihr Buch „Die vielen Leben der Hildegard Knef“.
    Lesung im Parktheater Göggingen: Anne-Kathrin Kilg-Meyer präsentiert ihr Buch „Die vielen Leben der Hildegard Knef“. Foto: Michael Hochgemuth

    Im Dezember 2025, also in genau einem Jahr, würde eine besondere Frau ihren 100. Geburtstag feiern: Hildegard Knef – Schauspielerin, Sängerin, Tänzerin, Schriftstellerin. Was immer Knef angepackt hat, hat sie zu 100 Prozent getan. „Es gab bei ihr nur ein Entweder-oder, nichts dazwischen“, sagt die Augsburger Autorin und Anwältin Anne-Kathrin Kilg-Meyer. Sie bewundert diese Ausdauer und Hartnäckigkeit Knefs, der sie ihr neuestes Buch gewidmet hat. Ihr Buch-Baby, wie sie es nennt. Es ist kurz, wie seine beiden Vorgänger. „Man kann es prima an einem verregneten oder verschneiten Wochenende lesen.“

    „Die Sünderin“ – ein Skandalfilm machte Hildegard Knef berühmt

    Kilg-Meyers Motivation für ihr Knef-Buch: Jeder Leser soll etwas Neues über Hildegard Knef lernen. Denn die Knef war eine moderne, eine vielseitige Frau und ihrer Zeit oft weit voraus. Dadurch hat sie stets polarisiert und war in Deutschland bei Kirche, Presse, Biografen wenig geliebt, ja bisweilen verhasst und verdammt als „Sünderin“. Eine Rolle, die sie im gleichnamigen US-Film von 1951 spielte. Besonders daran – die Nacktszene, die nur wenige Sekunden lang dauerte, aber um die damals ein Riesenskandal entbrannte. Sogar bis vors Gericht ging es, doch die Justiz verbot den Film nicht, mit der Begründung: Es handele sich um ein Kunstwerk. 6,5 Millionen Zuschauer sahen den Film mit Knef, aber „geliebt wurde sie noch immer nicht“.

    Das Publikum im historischen Saal des Gögginger Kurhauses klatscht an dieser Stelle spontan. Mehr als 100 Menschen sind gekommen. Junge und alte, Männer und Frauen. Darunter befindet sich auch die 88 Jahre alte Mutter Kilg-Meyers, die Knef damals voll miterlebt hat und ihre Begeisterung mit ihrer Tochter teilt. Die gemeinsamen Erinnerungen von Mutter und Tochter haben Anne-Kathrin Kilg Meyer zu ihrem Knef-Buch motiviert, weil beide sich nah stehen. Ganz anders stand es um das Verhältnis von Hilde und ihrer Mutter …

    Geliebt werden wollte Hildegard Knef ihr ganzes Leben lang. Vielleicht, weil sie als Kind wenig Liebe erfahren hatte. In Ulm geboren, trifft sie bald der frühe Tod des Vaters und der Umzug nach Berlin zu den Großeltern. Den Großvater liebt Hilde. Die alleinerziehende Mutter hingegen ist überfordert und distanziert zu Hilde, bevorzugt deren Halbbruder. Für Anne-Kathrin Kilg-Meyer ist klar, dass Hilde sich zu oft von der Mutter unverstanden und nicht genug beachtet fühlte. Liebe sucht sie in den Armen dreier Ehemänner und findet sie bei ihrer Tochter Christina, kurz Tinta.

    Ein Chanson für die Ewigkeit: „Für mich soll's rote Rosen regnen.“

    Nach Christinas Geburt singt Knef: „Für mich soll’s rote Rosen regnen“. Kein klassisches Liebeslied, sondern eines über die Dornen der Rose – nach den Leiden bei der Geburt, nach früheren Abtreibungen. Auch da zeigt sich die Kämpferin für das Recht, über den eigenen Körper zu bestimmen. Innerlich getrieben schreibt sie mit 39 Jahren den autobiografischen Roman „Der geschenkte Gaul“, weil das Leben einen oft aus dem Sattel wirft und trotzdem ein Geschenk ist. Die erste Kritik? Niederschmetternd, aber es wird ein Welterfolg, spielt 35 Millionen ein. Davon übrig bleibt – fast nichts.

    Hildegard Knefs Umgang mit Finanzen war katastrophal: „Wenn sie Geld hatte, hat sie es aus dem Fenster geworfen“, sagt Kilg-Meyer. Vielleicht auch wegen der Süchte, die sie mit Marlene Dietrich teilte. Was die beiden Frauen nicht teilten, war die Haltung zu den Nazis: Marlene emigrierte, Hilde nicht. Das brachte ihr einen speziellen Ruf ein, als Nazibraut wegen einer Liebschaft am Ende des Krieges. Sie: Jung. Er: doppelt so alt. Ein Vaterersatz? Vielleicht. Ein hoher Nazifunktionär? Bestimmt. Die Quellen bleiben nebulös, deshalb bezieht auch Kilg-Meyer keine klare Stellung, denn als Anwältin liegt ihr das Nüchterne mehr als die Mutmaßung.

    Kilg-Meyer schreibt als Ausgleich zur Arbeit als Anwältin

    Der „Geschenkte Gaul“ brachte Hildegard Knef weltweit Anerkennung. Die Freude am Schreiben teilt die Kilg-Meyer mit ihr. Anders als Hilde prokrastiniert die Augsburgerin aber nicht, schiebt ihre Ziele nicht auf. Sie freut sich am Freitagabend auf das Schreiben am Wochenende. Fernab der Sorgen, die mit ihrer Arbeit als Anwältin für Familienrecht verbunden sind, steht sie früh auf, vertieft sich in Bücher, taucht in die Materie ein, bis sie sie ganz durchdrungen hat. Dann liegen überall um sie herum Zettel und Bücher. So nähert sich Kilg-Meyer jeder ihrer Figuren, bis sie die Puzzle-Teile zusammenfügen kann. Das Ergebnis: Ein klarer Stil, ohne Schnörkel. Jedes Kapitel ist für sich abgeschlossen, gut lesbar. Schade nur, dass es so bald vorbei ist.

    Drei Bücher hat Autorin Anne-Kathrin Kilg-Meyer publiziert – jedes Mal über Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Mileva Einstein-Marić, die Ehefrau Einsteins. Die Schwimmerin Gertrude Ederle. Und nun Hildegard Knef, die Ikone. Frau, Mutter, Geliebte, Tänzerin, Zeichnerin, Schriftstellerin … darum heißt das Buch auch: „Die vielen Leben der Hildegard Knef“. In so vielen Facetten schillert sie bis heute, die Frau, deren Leben wie ein Kaleidoskop anmutet.

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