Eine historische Spurensuche im Heimatmuseum Egling offenbart ein wenig bekanntes Kapitel regionaler Geschichte: Die Ausstellung „Kein gelobtes Land – 100 Jahre Auswanderung nach Argentinien“ erinnert an eine gescheiterte Auswanderungswelle aus dem Lechrain in den 1920er-Jahren. Was als verheißungsvolles Abenteuer begann, endete für viele in Enttäuschung, Misserfolg – und Heimkehr.
Neues Leben in Argentinien aufbauen: „Die Nachfrage war so groß.“
Die Ursprünge der Siedlungsaktion liegen bei den Missionsbenediktinern von St. Ottilien, die in Venezuela und Argentinien Klostergründungen planten. Um Pioniere zu gewinnen, warb Pater Paulus Sauter in der Region mit Vorträgen für die Auswanderung. Seine Berichte vom fruchtbaren Land und den Chancen in Übersee überzeugten viele – vor allem junge Männer, aber auch Familien. „Die Nachfrage war so groß, dass sich die Ottilianer ihre Mitfahrer aussuchen konnten“, erzählt Alfons Löffler, Ortschronist von Egling und Hauptorganisator der Ausstellung.

Löfflers Motivation ist auch persönlicher Natur: Sein Großonkel Engelbert Engelschall war selbst unter den Auswanderern. Der Gedanke, das umfangreiche Material zur Geschichte aufzuarbeiten, ließ ihn nicht los: „Es gibt so viel Material, daraus müssen wir etwas machen!“ Die Ausstellung, so Löffler, sei lebendig – im wahrsten Sinne des Wortes. Seit der Eröffnung am 10. Mai im Heimatmuseum Egling wächst sie weiter: „Allein letzten Sonntag waren zehn bis fünfzehn Angehörige vor Ort und haben neue Informationen beigesteuert.“ So konnten zusätzliche Passagiere der legendären Überfahrt identifiziert werden. Eine Nachfahrin hat zur Eröffnung einen Vortrag gehalten. An die 100 Menschen hörten sich ihre Familiengeschichte an.

Zu den damaligen Passagieren zählt etwa Josef Reitmaier aus Pürgen, ein 25-jähriger Bäcker, der zwar nach Argentinien auswanderte, aber später wieder nach Deutschland zurückkehrte. Anders verlief das Leben von Josef Magg aus Rohrbach bei Mering: Er trat den Steyler Missionaren bei, nannte sich fortan Bruder Meinrad und lebte später in Argentinien, Paraguay und Europa.
Eine Familie mit 14 Kindern aus Penzing wanderte aus
Besonders auffällig unter den Passagieren des Dampfers „Cap Polonio“, der am 30. April 1925 Hamburg verließ, war eine kinderreiche Familie aus Penzing: Josef und Theres Winkler, beide Schuhmacher, hatten 14 Kinder. Während sie selbst in die Heimat zurückkehrten, blieb etwa Tochter Hilaria in Argentinien und heiratete dort Simon Eibl aus Nassenhausen (Landkreis Fürstenfeldbruck) – ein weiteres Mitglied der Auswanderergruppe.

Insgesamt waren es rund 50 Personen aus dem Lechrain, die mit der ersten Gruppe nach Südamerika aufbrachen. Eine zweite Gruppe mit weiteren Familien – darunter 27 Menschen aus Egling – folgte am 10. Juni mit dem Schiff „Cap Norte“. Ihr Ziel: die Region Chaco im Norden Argentiniens. Dort sollte ein 7500 Hektar großes Gebiet erschlossen werden. Zum Vergleich: Die Gemeinde Egling mit Heinrichshofen hat eine Gesamtfläche von rund 2000 Hektar.
Doch das vermeintlich „gelobte Land“ entpuppte sich als karge, von Dornbuschsavannen geprägte Wildnis. Die Siedler kämpften gegen Wassermangel, unfruchtbaren Boden, Heuschreckenplagen und extreme klimatische Bedingungen mit bis zu 47 Grad Celsius im Dezember. Die Folge: Der Traum von einer fruchtbaren Kolonie zerplatzte. Viele kehrten zurück, andere versuchten ihr Glück in anderen Teilen Argentiniens. Ihre Nachfahren leben noch immer in Südamerika.
Spannende Tagebuchaufzeichnungen eines Auswanderers
Die Ausstellung im Heimatmuseum dokumentiert dieses Kapitel mit historischen Fotografien, Zeitzeugenberichten und persönlichen Gegenständen. Besonders berührend sind die Tagebuchaufzeichnungen von Martin Hartl, einem Schmied aus Nassenhausen. Er schildert eindrücklich die Strapazen der Überfahrt, die Härte des Alltags im Chaco und die Verzweiflung der Siedlerinnen und Siedler.

Ein Besuch lohnt sich nicht nur für Geschichtsinteressierte, sondern auch für Nachkommen der Auswanderer. Denn die Ausstellung zeigt nicht nur ein gescheitertes Projekt – sie erzählt von Mut, Hoffnung, Heimat und dem Versuch, das eigene Schicksal in die Hand zu nehmen. Und manchmal führt dieser Weg – auch nach einem Jahrhundert – zurück ins Dorfmuseum.
Die Ausstellung ist noch bis zum 1. Juni, sonntags von 14 bis 17 Uhr im Heimatmuseum Egling, Schulstraße 13, geöffnet. Die Info-Stelen bleiben auch darüber hinaus dem Museum erhalten. Der Eintritt ist frei.

Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden