Weihnachtsgeld und Job-Rad gehören in vielen Unternehmen zum Standard. Werkswohnungen, die 30 Prozent unter der ortsüblichen Durchschnittsmiete liegen, sind hingegen eher eine Ausnahme. Für Markus Wasserle, Inhaber der gleichnamigen Gebäudereinigungsfirma aus Kaufering, sind sie ein wichtiges Instrument in Zeiten des Fachkräftemangels und horrender Mieten im Münchner Speckgürtel. Ende 2024 erwarb er ein Miethaus mit 15 Wohnungen in der Bayernstraße in Kaufering. Die ersten Mitarbeitenden sind bereits eingezogen.
Viele Wasserle-Mitarbeitende haben Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche
In der Gebäudereinigungsbranche arbeiten laut Markus Wasserle viele Menschen mit Migrationshintergrund. Das Problem, eine geeignete Wohnung zu finden, bestand bereits vor der Wohnungskrise, bedauert der Geschäftsführer des Kauferinger Unternehmens. Deshalb schaltet er schon länger Anzeigen über die Firma, da seine Mitarbeitenden mit ausländischen Nachnamen Schwierigkeiten haben, eine Wohnung zu finden. Doch er wollte das Problem an der Wurzel packen und begann vor 15 Jahren, Werkswohnungen anzubieten. Ob in München, Landsberg oder Hurlach: „Angefangen hat es mit angemieteten Wohnungen und Häusern“, erklärt Wasserle. Die Rolle als Mittelsmann war für ihn jedoch nicht ideal, weshalb das Unternehmen mittlerweile Mietverträge auslaufen lässt und stattdessen Immobilien kauft, um diese direkt an die Mitarbeitenden zu vermieten.
Der jüngste Immobilienkauf erfolgte im Herbst 2024. Der Häuserblock in der Bayernstraße in Kaufering umfasst 15 Wohnungen, die bereits bewohnt waren. Die bestehenden Mietverträge wurden beibehalten. Wenn eine Wohnung frei wird, wird sie den Mitarbeitenden zu 30 Prozent günstiger als die ortsübliche Miete angeboten. Dieser Prozentsatz ist kein Zufall: Seit 2020 gilt, dass eine Dienstwohnung steuerfrei bleibt, wenn der Mitarbeitende mindestens zwei Drittel der ortsüblichen Miete zahlt. Dadurch behält der Mitarbeiter mehr von seinem Gehalt.
Markus Wasserle: „Firmen sollten für 15 Prozent der Belegschaft Wohnraum anbieten können.“
Im Austausch mit dem Netzwerk „MitarbeitendenWohnen“ hat er festgestellt, dass er für 15 Prozent seiner Belegschaft Wohnraum anbieten sollte. Für die Gebäudereinigungsfirma bedeutet das, Wohnungen für 60 Mitarbeitende bereitzustellen, was mittlerweile auch umgesetzt wurde. Das Unternehmen plant jedoch, weiterhin kontinuierlich zu wachsen. Der nächste Schritt: Dienstwohnungen selbst zu bauen. Denn auch wenn das Unternehmen erfolgreich läuft, wäre es ohne eigene Wohnungen schwieriger, neue Mitarbeitende zu gewinnen.
Die Tatsache, dass der Arbeitgeber auch Vermieter ist, bringt jedoch nicht nur Vorteile mit sich. Denn bei einer Kündigung verliert der Mitarbeitende gleichzeitig die Wohnung. Bei längerer Krankheit oder im Ruhestand dürfen die Mitarbeitenden jedoch in der Wohnung bleiben. „Wir müssen einen Maßstab finden, der ethisch vertretbar und gleichzeitig umsetzbar ist“, betont Wasserle.
Neu im Team ist Magdalena Nägelsbach, die als Personalentwicklerin auch für die Werkswohnungen zuständig ist. Ein Aufgabenbereich, den man nicht unbedingt mit einer Personalerin verbindet, doch für Nägelsbach ist die Kombination logisch: „Es stellt die Vielfalt der Personalentwicklung dar.“ Als studierte Erziehungswissenschaftlerin arbeitete sie zuvor in einem SOS-Kinderdorf und sieht Parallelen zu ihrem neuen Job. Für die Mieterinnen und Mieter, von denen 50 Prozent einen Migrationshintergrund haben, gibt es nicht nur Werkswohnungen, sondern auch Crashkurse zum Thema Leben und Wohnen in Deutschland. „Wir erklären den Mitarbeitenden, was es heißt, eine Wohnung zu mieten – vom Sprachkurs bis zur Mülltrennung“, sagt Nägelsbach. Auch sie sieht trotz der zusätzlichen Arbeit die Vorteile: „Es kommt Dankbarkeit zurück und die Mitarbeitenden identifizieren sich stark mit ihrer Arbeit.“
Familie Hassan fühlt sich in der Dienstwohnung in Kaufering wohl
Während sich Chef und Personalerin zur Mittagszeit mit unserer Redaktion unterhalten, erledigt Shadan Hassan zwei Etagen tiefer ihre letzten Aufgaben vor dem Feierabend. Sie arbeitet in der Küche des Restaurants Edelweiß in der Kletterhalle, einem weiteren Standbein der Wasserles. Wie üblich wird sie nach Schulschluss von ihren Töchtern abgeholt. Seit dem Umzug von Landsberg nach Kaufering kann die gebürtige Irakerin ganz entspannt zu Fuß zur Arbeit gehen. Von dort aus ist es nur ein Katzensprung zur Montessori-Schule, die die Mädchen ohnehin seit der ersten Klasse besuchen. „Wir müssen jetzt nicht mehr mit dem Zug zur Schule fahren“, nennt die aufgeweckte zwölfjährige Glena einen der vielen Vorteile des neuen Zuhauses.
Dass die Hassans erst seit Dezember in der 95-Quadratmeter-Wohnung leben, ist kaum zu erkennen, so wohnlich ist es bereits. Das liegt auch daran, dass die Firma den Umzug unterstützt hat, erklärt Shadan Hassan. Außerdem wurde die Garderobe von einer örtlichen Schreinerei maßgefertigt und die Küche von Wasserle eingebaut – das ist Standard in allen Werkswohnungen des Unternehmens. Ein weiterer Wunsch der Mitarbeiterin soll bald umgesetzt werden: Sie hätte gerne einen Wintergarten. „Wir grillen gerne Lamm oder Hähnchen“, erzählt die zweifache Mutter, die seit zehn Jahren für Wasserle arbeitet. Ihr Mann ist bereits seit 15 Jahren im Unternehmen tätig.

Für den Arbeitgeber ist das ebenfalls ein wichtiger Punkt: Nicht jeder Mitarbeitende erhält sofort eine vergünstigte Wohnung für die gesamte Familie. „Wohnraum für Familien ist die Königsdisziplin“, erklärt Wasserle. Der Wohnraum müsse bezahlbar und gleichzeitig gut infrastrukturell angebunden sein. Die Wohnung der Hassans wird zu 30 Prozent unter der ortsüblichen Miete vermietet, was etwa 7 Euro pro Quadratmeter entspricht. Neuem Personal werden etwa WG-Zimmer für 450 Euro Warmmiete in München angeboten, um eine schnelle Unterbringung zu gewährleisten. „Die Hassans“, versichert Wasserle zum Schluss des Besuchs, „bleiben bestimmt bis zur Rente bei uns.“ Shadan Hassan erwidert diese Aussage mit einem zufriedenen Nicken.
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