Wer bei Stephan Leuthner daheim in Obermeitingen klingelt, wird auch von den vier Hunden der Familie begrüßt. Tiere spielen eine wichtige Rolle in ihrem Leben. Seine Frau Meike hat einen Pferdestall in Ettringen gepachtet. Für den in Kaufering aufgewachsenen Stephan Leuthner ist es auch Ausgleich zum Beruf. Er ist Testpilot für Kampfjets und Flugzeuge von Airbus. Unsere Redaktion hat mit ihm über familiäre Herausforderungen durch seine Berufswahl, gefährliche Situationen in der Luft und sein Engagement in Tierschutz und Gemeinderat gesprochen. Er ist kürzlich in das Gremium nachgerückt.
Dass er auch Pilot beim Militär werden möchte – wie sein Vater – habe er schon mit sechs Jahren gewusst, sagt der 47-Jährige. „Ich bin damals mit einem Motorsegler mitgeflogen und danach war es für mich klar. Ich hatte auch nie einen Plan B fürs Berufsleben.“ Neben seinem Vater gab es noch zwei Aspekte, die ihn besonders motivierten, diesen Weg zu gehen. „Das war die Biografie von Chuck Yeager, dem ersten Menschen, der die Schallmauer durchbrach, und der Film Top Gun mit Tom Cruise“. Bei letzterem Punkt muss er schmunzeln, betont aber sofort, dass das auch bei allen anderen Piloten in seinem Alter ein wesentlicher Grund gewesen sei.
Nach dem Abitur in Landsberg ging Stephan Leuthner zur Luftwaffe
Nach dem Abitur in Landsberg ging er zur Luftwaffe. Ein Studienberater der Bundeswehr riet ihm, Luft- und Raumfahrt zu studieren. „Ich hatte darauf eigentlich keine Lust, wollte nur fliegen. Er hat mich quasi überredet, die Chance zu ergreifen.“ Heute profitiere er davon. Seinen Job bei Airbus hätte er sonst nicht bekommen. Leuthner fährt dafür nach Manching bei Neuburg. Zweieinhalb Stunden sitzt er jeden Tag im Auto. „Ich arbeite mal früh, mal abends und jeder Tag ist anders. Das ginge alles nicht, wenn wir als Familie nicht an einem Strang ziehen würden. Wer Zeit hat, erledigt die Aufgaben, die anfallen.“
Während des Studiums lernte er 2002 auch seine Frau kennen, heiratete sie 2003 und ging mit ihr 2004 nach Texas (USA), wo die Ausbildung der Kampfjet-Piloten stattfindet. Das hat damit zu tun, dass innerhalb der Nato einheitliche Standards angewendet sollen. „Die Zeit war hart. Der Arbeitstag dauerte zwölf Stunden. Den halben Tag wurde geflogen, die andere Hälfte bestand aus Theorie. Freitagabend war immer ausgelassene Party angesagt, Samstag haben wir uns erholt und Sonntag wieder über den Büchern gesessen und gelernt.“ In den USA kam auch ihre Tochter, das erste von drei Kindern, zur Welt. Nach der Rückkehr lebte die Familie zunächst im Rheinland, er hatte aber den Wunsch, zu seiner Familie nach Bayern zurückzukehren. Im Jahr 2009 wurde er aufs Lechfeld versetzt, zog nach Obermeitingen und griff zu, als sich die Gelegenheit ergab, ein Baugrundstück zu erwerben.

Leuthner war auch vier Monate in Afghanistan, im Nato-Hauptquartier, zuständig für Lufttransporte. In der Zeit war er viel in dem Land unterwegs. „Dort kämpften die Menschen wegen des Krieges und der wirtschaftlichen Situation ums Überleben. Da tut man sich schwer, wenn man nach der Rückkehr sieht, dass sich Menschen hier über zu wenig geöffnete Supermarktkassen oder Ähnliches aufregen.“ Während dieser Zeit erhielt er auch das Angebot, als Testpilot bei Airbus anzufangen. Die Arbeitsstelle trat er 2012 an.
Die heikelste Szene als Pilot erlebte er während seiner Zeit bei Airbus. Auf dem Weg von Manching nach Toulouse (Frankreich) fiel der Öldruck auf null und ein Triebwerk brannte. „Zum Glück war es während der Corona-Zeit und wenig Flugbetrieb. So ein Fall wird geübt. In dem Moment funktioniert man, die Gedanken kommen hinterher.“ Er nahm Kontakt zum Tower in Memmingen auf und beschloss „im Segelflug“ nach Manching zurückzukehren. Notfalls hätte er auf dem Lechfeld oder in Augsburg landen können, wenn es nicht gereicht hätte, so Leuthner.
Auf eine Flugstunde kommen 15 Stunden Vorbereitung
Der größte Unterschied zu seinem vorherigen Job ist, dass er bei der Bundeswehr Briefings erhielt, was er tun soll. Jetzt ist er die Schnittstelle, soll die Anforderungen der Piloten und die Ideen der Hard- und Softwareentwicklung bestmöglich zusammenbringen, und zwar so, dass es für seinen Arbeitgeber auch noch wirtschaftlich ist. Auf eine Flugstunde kommen bei ihm 15 Stunden Vorbereitung beziehungsweise Auswertung. „Es gibt Phasen bei uns im Arbeitsprozess, mal fliege ich gar nicht, dann viel. Man kommt wieder rein, sollte es am Anfang aber etwas ruhiger angehen lassen beim Fliegen.“
Körperlich sei er immer fit gewesen, ohne extrem viel dafür machen zu müssen, sagt er. Im Keller steht ein Rudergerät, und die Tiere halten ihn fit. Neben den eigenen Hunden hatte die Familie in den vergangenen Jahren auch immer wieder Pflegehunde für eine gewisse Zeit aufgenommen. 85 waren es. Und dann ist da noch der Pferdestall, den seine Frau 2023 gepachtet hat. „Ich laufe 18 bis 20 Kilometer am Tag, wenn ich dort beim Saubermachen helfe oder die Pferde zur Koppel bringe oder von dort hole“, sagt Leuthner. Seine Frau sei seit der Kindheit begeistert von Pferden, er könne ihr so etwas zurückgeben, auch wenn er sich dem Thema erst annähern musste. „Ich hatte Angst vor Pferden.“ Zurückgeben, das ist etwas, das ihm wichtig ist. „Ich hatte viel Glück im Leben.“ Deswegen freue es ihn, dass er nun im Gemeinderat mitgestalten kann, sagt er.
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