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500 Jahre Bauernkriege: Mutige Bauern im Unterallgäu und ihre Kämpfe

Kirchheim/Unterallgäu

Mutige Bauern gab es auch im Unterallgäu

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    Diese Illustration aus einem alten Buch zeigt einen bewaffneten Bauernhaufen im Jahr 1525.
    Diese Illustration aus einem alten Buch zeigt einen bewaffneten Bauernhaufen im Jahr 1525. Foto: Archiv Ernst Striebel

    Beim Stichwort Bauernkrieg, denken viele gleich an die Stadt Memmingen. Dort wurden 1525 die zwölf Artikel niedergeschrieben, in denen die Bauern Menschen- und Freiheitsrechte forderten. Aber auch direkt vor unserer Haustür wurde vor 500 Jahren gekämpft, weiß Ernst Striebel, Kreisheimatpfleger aus Kirchheim. Auch im heutigen Unterallgäu sind viele Menschen für ihre Idee gestorben, Burgen wurden geplündert und Dörfer zerstört.

    Im 16. Jahrhundert tat sich einiges auf der Welt und auch in der Kirche. So gab es 1522 die erste deutsche Bibelübersetzung für das Volk. Bisher waren die Menschen auf Interpretation und Weitergabe der Geistlichen angewiesen, die Latein konnten. Nun machen sich die Menschen also selbst ein Bild und stellten schnell fest, dass die Bibel den „Adel“ nicht kennt und keine Unterschiede zwischen den Menschen macht.

    Oft schlossen sich die Bauern auch nur aus Angst den „Haufen“ an

    Ein Beispiel hierfür ist der Bauer und Laienprediger Simon Lochmeier aus Niederraunau, der im Frühjahr 1525 mit seinem Karren auf Wanderschaft war und predigte. Es ist überliefert, dass bis zu 700 Leute seinen Worten lauschten. Das mag nicht nach viel klingen, bedenkt man aber, dass ein Markt wie Türkheim zu dieser Zeit ca. 300 Einwohner hatte, sind das doch eine ganze Menge. Und seine Ansichten waren dabei recht radikal. Er nannte sich selbst einen „Anfänger und Aufwiegler“ und sprach sich dafür aus, alle Menschen auszuräumen, die sich nicht dem Kampf gegen die Adeligen anschließen wollten. Dieser sei notwendig, da ja alle Menschen gleich seien und gerade die Bauern schlecht behandelt würden. Die Zuhörerinnen und Zuhörer ließen sich also von ihm und seiner Idee begeistern – oder waren soverängstigt, dass sie sich anschließen mussten.

    So entstehen immer mehr „Haufen“, die sich mit ihrem Ziel zusammentun. Diese versuchen zunächst auch Verhandlungen mit dem Schwäbischen Bund zu führen. Das war ein Zusammenschluss der Adeligen – für den Frieden und gegen die Feinde des römischen Reichs. Da es zu keiner Einigung kam, wurde das Aufbegehren der Bauern aggressiver und blutiger. Laut Striebel zog das Bauernheer auch quer durch das Mindeltal. Wo sie ankamen, schlossen sich die Ortsansässigen an, entweder freiwillig oder wegen der drohenden Konsequenzen, wenn sie verweigerten. So wohnten damals in Türkheim beinahe nur noch Frauen, Kinder und Senioren, heißt es.

    Kreisheimatpfleger Ernst Striebel.
    Kreisheimatpfleger Ernst Striebel. Foto: Dominik Bunk

    Auch Tussenhausen, damals noch Angelberg, war in Aufruhr. Der dortige Herrscher Kunz Konrad von Rietheim wurde ausgeraubt und vorgeführt. Auch seine Bemühungen, die Bauern mit 4000 Gulden, einem Vermögen für die damalige Zeit, zu bestechen, scheiterten. Aber nicht alle Gutsherren waren schlecht, den Kirchheimern ging es beispielsweise gut, der Ort wuchs und gedieh. Die Bauern dort wollten sich gar nicht auflehnen, daher wurden der Ort und das Schloss am 7. Mai 1525 von den Kämpfern des eigenen Stands geplündert. Die Beute würde unter anderem an Bürger aus Memmingen verkauft und noch 1525 von der Witwe Dorothea von Hürnheim zurückgefordert.

    Mindelheim blieb von den Unruhen 1525 weitgehend verschont

    Mindelheim blieb weitestgehend verschont. Georg von Frundsberg hielt sich zu dieser Zeit in Italien auf, seine Frau Anna von Lodron blieb zurück. Mit den hohen Stadtmauern und den zur Verteidigung abgestellten Landsknechten war sie in Mindelheim auch relativ sicher. Ihr Mann und sein Heer kamen im Mai zurück nach Deutschland und sofort wurde er vom Schwäbischen Bund verpflichtet, denn der Adel wehrte und formierte sich. Und so gut die Organisation der Bauern auch war, gegen die Soldaten hatten sie keine Chance. In der Folge verloren die Bauern und Handwerker. Viele ihr Leben, mindestens aber ihren Besitz. Sie mussten ihre Treueschwüre gegenüber den Herren erneuern, wie zum Beispiel auch die Kirchheimer gegenüber Frundsberg im Spätsommer 1525.

    Nach der Niederlage mussten die Bauern den Treueeid zu ihrer Herrschaft erneuern.
    Nach der Niederlage mussten die Bauern den Treueeid zu ihrer Herrschaft erneuern. Foto: Aerchiv Ernst Striebel

    Auch der vorgeführte Tussenhausener Gutsherr von Rietheim rächte sich. Im Februar 1526 ließ er 26 Bauern um das Dorf führen und anschließend aufhängen. Es gab viele Gewaltexzesse, Erniedrigungsstrafen und Verbitterung auf beiden Seiten. Auch der anfangs erwähnte Simon Lochmeier endete im Gefängnis. Man bemühte sich um Einigung, was aber zunächst nicht klappte. Zusammenleben musste man aber trotzdem wieder. Die Kriege dauerten vielleicht nur ein halbes Jahr, die anschließende Erholung und Regeneration für ein friedliches und gerechtes Miteinander im Anschluss dafür aber umso länger.

    Ausstellungen zum Bauernkrieg

    Im Jubiläumsjahr gibt es in Memmingen verschiedene Veranstaltungen. So läuft im Dietrich-Bonhoeffer-Haus noch bis zum 19. Oktober die Ausstellung „Projekt Freiheit“ und in der Mewo-Kunsthalle ist die Mitmachausstellung „Freiheit zum träumen“ noch bis zum 26. Oktober zu sehen.

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