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Angriff mit Molotowcocktail und Kettensäge: 47-Jähriger will „Clan“ in Mindelheim überführen

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Angriff mit Molotowcocktail und Kettensäge: Mann wollte „Clan“ in Mindelheim überführen

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    Mit einer Kettensäge verschaffte sich ein 47-Jähriger Zugang zu Wohnungen in Mindelheim. Zuvor hatte er einen Molotowcocktail geworfen.
    Mit einer Kettensäge verschaffte sich ein 47-Jähriger Zugang zu Wohnungen in Mindelheim. Zuvor hatte er einen Molotowcocktail geworfen. Foto: Bundespolizei (Symbolbild)

    Zehn Jahre lang hatte sich der Hass des Angeklagten aufgestaut. Der 47-jährige Deutsche gab einem „Clan“ aus Mindelheim die Schuld am Tod seines Bruders, weil dieser ihn angeblich mit Drogen versorgt hatte. Aber auch der Angeklagte selbst war in den Drogensumpf abgedriftet. Und so fasste er im September des vergangenen Jahres den Entschluss, endlich nach den Beweisen zu suchen, die die Polizei seiner Meinung nach bisher nicht zutage gefördert hatte. Er tauchte vor einem Wohnhaus in Mindelheim auf, setzte den Balkon in Flammen und sägte danach zwei Wohnungstüren auf, um die vermeintlichen Dealer festzusetzen.

    Pech für ihn, dass beide Wohnungen nicht vom Umfeld der angeblichen Drogendealer bewohnt wurden. Dafür nahm ihn die herbeigerufene Polizei aber fest und er landete in der Psychiatrie des Bezirkskrankenhauses in Kaufbeuren. Nun beschäftigte sich die zweite Strafkammer des Landgerichts Memmingen unter Vorsitz von Richter Florian Förschner mit der Sache.

    Es klang schon filmreif, was Staatsanwalt Markus Schroth in seiner Anklageschrift zusammengefasst hatte. An dem besagten Nachmittag im September 2024 soll sich der Angeklagte zu einem Wohnhaus in der Berliner Straße begeben haben. Dafür war er extra mit einem gemieteten BMW aus Augsburg angereist. In dem Haus vermutete er die Wohnung der Familie, mit welcher er schon seit Jahren im Streit lag und der er neben verschiedenen Straftaten auch vorwirft, am Tod seines Bruders schuld zu sein. Die vermeintlichen Straftaten sah er von den Justizbehörden nicht ausreichend verfolgt.

    Der Angeklagte verursachte einen Brand auf dem Balkon des Hauses

    Laut dem Staatsanwalt soll der Angeklagte auf dem Rasen des Hauses einen Molotowcocktail entzündet haben. Er warf jedenfalls eine mit Benzin getränkte Socke auf den Balkon im ersten Stock des Mehrfamilienhauses, weil er davon ausging, dass dort Personen der von ihm verdächtigten Familie wohnen. Bei der Befragung durch Richter Förschner gab der Angeklagte zu, dass er durch den Brand verhindern wollte, dass die Familienmitglieder über den Balkon das Weite suchen.

    Danach schlug er mit einer Axt ein mannsgroßes Loch in die gläserne Eingangstür des Wohnhauses. Doch damit nicht genug: Mit einer ebenfalls mitgebrachten Kettensäge schnitt er anschließend eine rund 1,5 Meter hohe Öffnung in die Wohnungstür und verschaffte sich so Zugang zu der Wohnung, in der er die Familienmitglieder vermutete. Er wollte sie mit einem Baseballschläger festsetzen und sie dann der Polizei übergeben.

    Als der Angeklagte jedoch bemerkte, dass sich niemand in der Wohnung befand, löschte er mit einem ebenfalls mitgenommenen Feuerlöscher den Brand auf dem Balkon. Doch damit war seine „Mission“ noch nicht beendet. Er ging nun zu der darüberliegenden Wohnung und sägte abermals ein mannsgroßes Loch in die Tür, um in die Wohnung zu gelangen. Doch auch diese Mieter, bei denen es sich im Übrigen ebenfalls nicht um die von ihm verfolgten Familienmitglieder handelte, waren nicht zu Hause. Bevor er weiteren Schaden anrichten konnte – der Staatsanwalt bezifferte ihn auf mindestens 10.000 Euro – wurde der Angeklagte widerstandlos festgenommen: Andere Hausbewohner hatten die Polizei alarmiert.

    Die Liste der Straftaten, die vor Gericht verlesen wird, ist lang

    Tief Luft holen musste der Staatsanwalt, um all die Tatbestände aufzulisten: Neben versuchter schwerer Brandstiftung legte er dem 47-Jährigen auch versuchte gefährliche Körperverletzung, einen Verstoß gegen das Waffengesetz, versuchte Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung zur Last. Allerdings wird in der Anklageschrift vermerkt, dass der Angeklagte zur Tatzeit unter wahnhaften Störungen gelitten habe und daher nicht in der Lage gewesen sei, das Unrecht der Taten einzusehen. Da aufgrund seines psychischen Zustands aber weitere erhebliche Straftaten zu erwarten seien, wurde er nach der Festnahme ins Bezirkskrankenhaus Kaufbeuren gebracht.

    Der Angeklagte zeigte sich vor Gericht ruhig und gefestigt und verlas eine vorbereitete Erklärung, die er mit den Worten „Sehr geehrte Anwesende“ begann. Seine Wut auf den „Clan“ sei auf den Tod seines Bruders zurückzuführen, der von diesem Personenkreis mit einer Droge aus Holland versorgt worden sei. Auch er habe diese Droge genommen, die im Körper sehr schnell abgebaut werde und deswegen nur sehr schwer nachgewiesen werde könne, wie er angab. Diese habe bei ihm Wahnvorstellungen ausgelöst und zu Gewaltausbrüchen geführt. Die Wut auf die besagte Familie resultiere zudem auch aus einem anderen Vorfall. Vor ein paar Jahren sei er auf einem Supermarkt-Parkplatz auf mehrere Mitglieder dieser Familie gestoßen. Dort sei es zunächst zu einer verbalen und dann zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen. Er sei mit 21 Stichwunden ins Krankenhaus gebracht worden. Auch hier warf er der Strafverfolgung vor, nicht entschieden genug gehandelt zu haben. Es seien lediglich zwei Geldstrafen verhängt worden.

    Angeklagter sagt, er habe den Baseballschläger zur Verteidigung mitgenommen

    Er versicherte zum Schluss, dass er nie die Absicht gehabt habe, Menschen zu verbrennen. Deswegen habe er auch das Feuer auf dem Balkon gelöscht. Er habe gehofft, in der Wohnung Beweise zu finden, die etwas mit dem Drogentod seines Bruders zu tun haben. Den Baseballschläger habe er zur eigenen Verteidigung mitgenommen. Er wünsche sich eine Therapie, die ihn von seiner Drogensucht und Gewaltbereitschaft befreie.

    Die befragten Polizisten bestätigten weitgehend die Aussagen des Angeklagten. Dabei stellte sich heraus, dass der Angeklagte diese auch selbst gerufen hatte, nachdem er bemerkt hatte, dass er die falschen Wohnungen attackiert hatte. Die Beamten sagten aber auch aus, dass die Vorfälle die Mitbewohner des Hauses schwer mitgenommen hätten. Eine Sachverständige des Landeskriminalamtes stellte fest, dass das Feuer viel schlimmer hätte ausgehen können. Nur durch einen glücklichen Umstand sei das Feuer vom Kunstrasen auf dem Balkon nicht auf die Holzverkleidung des Geländers übergesprungen.

    Da der Angeklagte die Taten weitgehend eingeräumt hatte, kam das Gericht zum Schluss, dass man auf einige Zeugen verzichten könne. Damit könnte schon am nächsten Verhandlungstag ein Urteil fallen.

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