50 Jahre lang gehörten das Ulmer Traditionsunternehmen Magirus und der italienische Nutzfahrzeughersteller Iveco zusammen. Im Sommer 2023 aber wurde das Aus bekannt. Seit dem Jahreswechsel ist die Übernahme des Herstellers von Löschfahrzeugen und Drehleitern durch den neuen Eigentümer, die börsennotierte Private-Equity-Holding Mutares mit Hauptsitz in München, abgeschlossen. An diesem Dienstag kam es nun im Ulmer Donautal zu einer letzten gemeinsamen Betriebsversammlung der Iveco-Magirus-Belegschaft. Vor etwa 2000 Beschäftigten ging es rund dreieinhalb Stunden lang unter anderem um die Zukunft der Ulmer Magirus- und Iveco-Standorte.
Mutares steckt für seine neue Tochterfirma „ambitionierte Ziele“, wie aus einer im Nachgang verschickten Pressemitteilung hervorgeht. Bis 2030 soll demnach der Jahresumsatz auf über 750 Millionen Euro verdoppelt werden. 2023 waren es noch etwa 300 Millionen. Möglich machen soll das ein „umfassender Transformationsplan“, der im Kern zehn Punkte umfasst.
Magirus Defense: Neue Sparte für zivile und militärische Spezialfahrzeuge
Dazu zählt unter anderem eine internationale Expansion durch den Aufbau eigener Landesgesellschaften in der Schweiz, Spanien, Polen und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auch eine „Optimierung der Unternehmensstruktur durch gezielte Reduktion sonstiger betrieblicher Aufwendungen“ wird angestrebt. Zudem soll mit Magirus Defense eine neue Sparte etabliert werden. Eine Reaktion auf die neue Bedrohungslage und damit die gestiegene Nachfrage im Militär-Sektor, für den es auch Feuerwehr-Spezialfahrzeuge benötigt. Eine Leistung, die Magirus zwar jetzt schon erbringt, jetzt aber noch intensiver und wettbewerbsfähiger anbieten möchte. Des Weiteren soll der „Dragon“, das Spezialfahrzeug für Flughäfen und Großbrandbekämpfung, weiterentwickelt werden.
Der Auftragsbestand bei Magirus befindet sich nach Konzernangaben auf „historischem Höchstniveau“. Der Eingang sei im Augenblick etwa 30 Prozent höher als im Jahr 2024, berichtet Thomas Hilse, der Noch-Geschäftsführer der Magirus GmbH, im Gespräch mit unserer Redaktion. Hilse wird zum 1. Juli 2025 in den Aufsichtsrat wechseln. Für ihn übernimmt Fatmir Veselaj, bisher Chief Restructuring Officer, die operative Verantwortung für das Ulmer Traditionsunternehmen.
Magirus will die Produktion von Feuerwehr-Drehleitern von 200 auf 350 Stück erhöhen
Im Bereich Drehleitern und Löschfahrzeuge wird eine „Innovationsoffensive“ angekündigt. Statt bislang etwa 200 bis 220 in Ulm hergestellten Drehleitern sollen es künftig 350 pro Jahr sein. Dazu rund 1000 Löschfahrzeuge. Etwa 300 werden derzeit im Donautal gefertigt. Wie sich die neuen vorgegebenen Zahlen auf die jeweiligen Produktionsstandorte auswirken werden, scheint noch offen. Mit der Übernahme von Firmen in Rumänien und Kroatien, die bislang schon als „verlängerte Werkbank“ dienten, soll die Herstellung „kosteneffizienter“ werden.

Auswirkungen auf Ulm und die rund 1000 Beschäftigten dort soll das aber nicht haben. „Wir setzen auf Ulm“, sagt Hilse. Auch Wilfried Schmid, Konzernbetriebsratsvorsitzender der Iveco Magirus AG, bewertet das vorgestellte Konzept als „grundsätzlich positiv“, weil „ein Plan nach vorn“ aufgezeigt wurde, wie sich Magirus entwickeln könnte. Betriebsbedingte Kündigungen seien demnach nicht geplant. Man werde sich zwar „ein Stück neu sortieren“ müssen, „aber nicht im kritischen Bereich“. Ein Altersteilzeit-Programm sei aufgebaut. An den Stellen werde aber vorerst „nicht gerüttelt“.

Im Zweifel geht aber wohl auch in der unmittelbaren Nachbarschaft die Arbeit nicht aus. Denn nicht nur für Magirus-Beschäftigten gab es Neuigkeiten. Auch Iveco habe bei der Versammlung Investitionen angekündigt, berichtet der Betriebsratschef Schmid. Für die Produktion des Elektro-Lkw sei neben der bereits bestehenden großen Fertigungshalle eine weitere neue Halle für etwa 20 Millionen Euro vorgesehen. Ab dem vierten Quartal soll die Elektro-Baureihe in die Serienfertigung gehen. Auch der große Parkplatz soll ab diesem Sommer für etwa eine Million Euro neu gemacht werden.
Magirus in Ulm gehört jetzt zu Mutares
Die Herstellung von Feuerwehrfahrzeugen hat in Ulm eine lange Tradition. Conrad Dietrich Magirus war der erste Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Ulm. Sein 200. Geburtstag wurde jüngst groß in Ulm gefeiert. 1866 wurde das Unternehmen Magirus gegründet. Seit 1975 ist die Produktionsstätte im Ulmer Donautal Teil der Iveco-Gruppe. Lange hieß die Firma Iveco-Magirus. Nach der Schließung der LKW-Fertigung in Ulm durch Iveco im Jahr 2012 kehrte man zu nur Magirus zurück. Jetzt heißt der neue Eigentümer Mutares. Mutares ist eine börsennotierte Private-Equity-Holding mit Hauptsitz in München und weiteren Büros in ganz Europa sowie in Shanghai. Sie ist darauf spezialisiert, mittelständische Unternehmen, die sich im Umbruch befinden, zu erwerben, auf Wachstumskurs zu bringen und dann wieder zu verkaufen.
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