Seit dreieinhalb Monaten wird inzwischen am Landgericht Ingolstadt der Prozess um den Diebstahl des Manchinger Keltenschatzes verhandelt. Vier Männer aus Norddeutschland sind angeklagt, weil sie im November 2022 die 483 Münzen samt Goldgusskuchen aus einer Bodenvitrine im Kelten- und Römermuseum geklaut haben sollen. Bei der Beute handelt es sich um den bedeutendsten keltischen Goldfund des 20. Jahrhunderts - für die Wissenschaft von unermesslichem Wert. Bis heute haben die Angeklagten geschwiegen, obwohl ihnen der Richter bereits zu Beginn des Prozesses im Falle eines Geständnisses Strafmilderung versprochen hatte. Nun steht im Raum, ob sie ihr Schweigen doch brechen.

Los ging der Verhandlungstag deshalb gleich mit einem Rechtsgespräch zwischen Kammer, Verteidigern und Staatsanwaltschaft, bei dem die Öffentlichkeit ausgeschlossen war. Das Ergebnis verkündete der Vorsitzende Richter Konrad Kliegl dann nach der Mittagspause. Sollten die Angeklagten ein „vollumfängliches, qualifiziertes Geständnis“ ablegen, das heißt, ihre genaue Tatbeteiligung offenlegen und auch Komplizen nennen, die möglicherweise selbst keine Aussage machten, würde der Strafrahmen wie folgt aussehen: Jörn M. bekäme eine Haftstrafe zwischen zwei Jahren und neun Monaten und vier Jahren und neun Monaten, Alexander K. zwischen vier Jahren und neun Monaten und sechs Jahren und sechs Monaten, Maximilian S. müsste mit einer Haftzeit zwischen fünf Jahren und neun Monaten und sieben Jahren und sechs Monaten rechnen. Ein Teil der 31 Taten würde bei den drei Angeklagten wegbeschränkt werden, also nicht mehr in die Strafzumessung einfließen.
Im Fall von Alexander K. fiele sogar der Manchinger Goldschatzdiebstahl weg. Robert K., der als Kopf der Bande gilt, habe bereits signalisiert, dass er sich auf keinen Deal einlassen wolle, so der Richter, deshalb habe die Kammer ihm auch kein Angebot unterbreitet. Die Staatsanwaltschaft erklärte sich laut Kliegl mit dem Vorschlag einverstanden. Die Verteidiger haben bis kommenden Dienstag Zeit, eine Stellungnahme abzugeben. Dann könnte es theoretisch auch schon Geständnisse geben, falls die Angeklagten zustimmen. Der Pferdefuß an dem Deal für die Männer: Die Summe des strafrechtlichen Schadensersatzes ist in diesem Verfahren extrem hoch. Allein für die Tat in Manching beläuft er sich auf 1,6 Millionen Euro. Und wer für diese Tat verurteilt wird, muss auch bezahlen. Daran ändert die Verständigung nichts.
Goldschatz-Prozess am Landgericht Ingolstadt: Schweriner Gruppe war früher schon aktiv
Am Donnerstag sagte außerdem noch ein Vollzugsbeamter des Landeskriminalamts Mecklenburg-Vorpommern als Zeuge aus. Der 59-Jährige war vor gut 20 Jahren Leiter einer Sonderkommission (Soko), die sich mit der sogenannten Schweriner Gruppe befasst hat. Die Soko war im März 2003 gegründet worden, weil sich Einbruchsdiebstähle in Postfilialen und Postverteilerzentren gehäuft hatten, bei denen die Täter es auf Tresore abgesehen hatten, berichtete der Zeuge. Durch Abgleiche mit älteren Fällen bis zurück in die 1990er Jahre, kriminaltechnische Untersuchungen und Observationen sei man auf eine Tätergruppe gestoßen, die in Schwerin wohnhaft war.

Im Laufe der Ermittlungen habe sich herauskristallisiert, dass die Täter weit über Mecklenburg-Vorpommern hinaus aktiv waren, immer wieder Spähfahrten unternahmen und dafür Autos anmieteten. Beim Angeklagten Jörn M. habe man damals eine handschriftliche Liste gefunden mit circa 30 Örtlichkeiten, überwiegend Edeka-Märkte mit Anschriften und dazu Kommentare in Form von Codewörtern wie „Glocke“ für Alarmanlage oder „Steher“ für die benötigten Männer zum Schmiere stehen.
Auf Nachfrage der Verteidiger musste der Polizeibeamte allerdings einräumen, dass die Ermittlungen seiner Erinnerung nach nur in einem Fall zu einer Verurteilung geführt hätten. 2005 wurde die Soko aufgelöst. Nach dem Diebstahl des Manchinger Goldschatzes stießen die Münchner Ermittler allerdings auf die damalige Soko und luden den Leiter ein, um ihn zu befragen. So unterstützte er bei der Aufklärung der aktuellen Fälle. Bei seiner Zeugenaussage am Ingolstädter Landgericht konnte er sich jedoch an vieles nicht mehr erinnern. Die Namen der Angeklagten waren ihm allerdings durchaus von früher bekannt und er konnte noch mehr Namen der Schweriner Gruppe aufzählen, die in Ingolstadt aber nicht auf der Anklagebank sitzen.
Der Prozess wird am Dienstag, 13. Mai, um 9.30 Uhr fortgesetzt. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt die Unschuldsvermutung.
Was irritierend ist, dass bereits vor bzw. bei Prozesseröffnung von Deal, Strafmilderung, Strafminderung gesprochen wird. Was macht unsere Justiz eigentlich? Werden jetzt schon vor Prozess Strafmilderung, evtl. Strafminderung ausgehandelt? Traut man sich nicht entsprechend der Schwere der Straftat hier knallharte Urteile zu fällen? Geht man lieber den miteinander abgesprochenen Weg?
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