Können Moorfasern die Landwirtschaft im Donaumoos dauerhaft verändern? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Donaumoos-Zweckverband bereits seit Jahren, kommt der Antwort dabei immer näher und steht doch erst am Anfang einer tatsächlichen Lösung. Klar ist, dass der Torfboden im Donaumoos schwindet, dass eine konventionelle, intensive landwirtschaftliche Nutzung in vielen Teilen des Niedermoores in einigen Jahrzehnten kaum noch möglich sein wird und schon jetzt die Bewirtschaftung immer schwieriger wird. Mit einer teilweisen Umstellung auf bodenschonende Moorkulturen will der Zweckverband dem entgegenwirken – und hängt dabei am seidenen Faden des politischen Willens.
Ohne Subventionen haben es Moorkulturen schwer, Interesse bei Landwirten zu wecken
Ähnlich wie bei vielen anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen rentiert sich das reine Geschäft mit dem Rohstoff nämlich nicht. „Man muss schon sagen, dass die paar Hundert Euro, die man mit dem Rohstoff verdient, keinen Landwirt zum Umstieg bewegen werden. Es braucht ohnehin nahezu jeder Landwirt Subventionen, um überleben zu können“, sagt Zweckverband-Geschäftsführer Michael Hafner. In der Politik habe man zwar erkannt, dass die Wertschöpfung der Hauptfaktor ist, um Akzeptanz für die Moorkulturen zu gewinnen. „Allerdings habe ich schon die große Sorge, dass in finanziell klammen Zeiten Projekte einfach auslaufen und keine neuen dazu kommen. Das wäre ein Riesenverlust und eine große Lücke, die dann entstehen würde“, so Hafner.
Ein Riesenverlust auch deshalb, weil die technischen Tests zeigen, dass die Moorfasern wie Rohrglanzgras und Seggen durchaus ihren Platz in der Papier- und Verpackungsindustrie finden könnten. So präsentiert der Zweckverband regelmäßig die Briefumschläge und Postkarten, die bis zu 30 Prozent aus Moorfasern bestehen, bei Versammlungen und Informationsveranstaltungen. Das wahre Potenzial liegt aber in der Produktion von Kartonagen, die im unermüdlich wachsenden Versandhandel dringend gebraucht werden. „Die werden wir nun im nächsten Schritt testweise produzieren. Und das ist ein wirklich außergewöhnlicher Schritt, weil es ein Produkt ist, dass der Endverbraucher auch in den Händen halten wird“, sagt Hafner.

Nicht unbedingt in den Händen halten, aber damit herumfahren könnte der Endverbraucher in der Theorie mit Produkten aus dem jüngsten Forschungsprojekt des Zweckverbandes. In Kooperation mit dem Leichtbau-Unternehmen Koller aus Dietfurt wurden in einem ersten Versuch Moorfaserverbundmatten produziert und zu leichten, stabilen Platten weiterverarbeitet, aus denen man etwa Hutablagen und andere Kunststoffteile in Autos ersetzen kann. „Wir betreten damit absolutes Neuland, aber die Region ist so starkt mit der Autoindustrie verwoben, dass wir hier großes Potenzial sehen“, sagt Anita Walter, die das Projekt für den Zweckverband koordiniert. Vorher stehen allerdings noch zahlreiche Tests an, unter anderem zur Klimafestigkeit, zur Geruchsentwicklung und zur Zulassungsfähigkeit in Fahrzeugen. Finanziert wird das Projekt zu 100 Prozent vom bayerischen Landwirtschaftsministerium, das bereits für die ersten Versuche bezahlt hat und nun 100.000 Euro für ein Jahr zur Verfügung stellt.
Die Forschung des Zweckverbandes trifft auf den Trend, in der Industrie möglichst viele erdölbasierte Kunststoffe zu ersetzen. Leichtbauteile, überwiegend aus Moorfasern, hätten somit auch in der Bau- und Möbelindustrie einen Verwendungszweck, und auch hier laufen bereits Versuche oder sind geplant. „Wir sehen hier auch hinsichtlich der Akzeptanz ein sehr großes Potenzial, viele Menschen im Donausmoos arbeiten in der Autoindustrie, auch Nebenerwerbslandwirte“, sagt Anita Walter, und spricht damit ein Spannungsfeld an, welches den Zweckverband von Beginn an begleitet und beschäftigt.
Der Zweckverband muss überzeugen - die Politik und bei die Landwirte im Donaumoos
Überzeugungsarbeit muss der Zweckverband nämlich nicht nur bei der Politik leisten, sondern auch bei den Landwirten im Donaumoos. „Viele sind interessiert, aber auch skeptisch. Und das auch zurecht“, sagt Hafner. Für die Landwirte gehe es zum einen um die Frage, was sie für das Material bekommen. „Da muss man auch nicht die ganz großen Erwartungen wecken. Es werden keine Tausende Euro pro Hektar sein.“ Fast noch wichtiger sei jedoch, so Hafners Credo, dass die Ernte verarbeitet und nicht kompostiert wird oder in die Biogas-Anlage wandert. „Nach meiner Erfahrung geht es Landwirten auch nicht nur um den letzten Euro, sondern auch um Wertschätzung, dass sie sich mit dem Produkt identifizieren können, dass sie das Gefühl haben, damit einen Beitrag zu leisten.“
Dass die Bewirtschaftung mit moorschonenden Kulturen einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, reiche dafür nicht aus, glaubt Hafner. „Dieser Klimaschutzbeitrag muss sich für Landwirte auch monetär widerspiegeln, schließlich hat der Klimaschutz auch einen monetären Wert, wenn man sich die Kosten der Klimakrise ansieht.“ Doch nicht nur der Klimaschutz im Donaumoos hängt vom wirtschaftlichen Erfolg der Moorfasern ab, sondern auch der Teil des Zweckverbandes, der sich damit beschäftigt. „Wenn hier die Politik den Stecker zieht, und diese Wertschöpfung als unwichtig ansieht und Förderungen einstellt, kann der Zweckverband das finanziell nicht kompensieren. Dann gäbe es im ganzen süddeutschen Raum keine nennenswerte Forschung dieser Art“, warnt Michael Hafner vor der Abhängigkeit des gesamten Projektes vom politischen Willen. Eine kleine Revolution oder nachhaltiges Scheitern – beides scheint derzeit im Donaumoos möglich.
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