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50. Jubiläum: Wie die erste Waschanlage in Augsburg entstand

50. Jubiläum

Wie die erste Waschanlage in Augsburg entstand

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    Kein Vergleich zu heute: Bei der ersten automatischen Waschanlage aus dem Jahr 1962 fuhren zwei Bürsten um das Auto herum.
    Kein Vergleich zu heute: Bei der ersten automatischen Waschanlage aus dem Jahr 1962 fuhren zwei Bürsten um das Auto herum. Foto: WashTec dpa

    Als das Tor sich öffnet und die Ampel auf Grün schaltet, ist der Weg frei. Frei für die nächsten dreieinhalb Minuten, in denen wir allein sind. Mein Auto und ich. Und Programm Nummer eins. Softwäsche mit Schaumstoffstreifen für 8,90 Euro. Zwar ohne Unterbodenwäsche. Aber dafür mit Heißwachs-Pflege. Dreieinhalb Minuten, in denen wir gemeinsam abtauchen in einen prasselnden Schauer.

    Zuerst umwabern die blauen Lamellen nur den Kotflügel. Links, rechts. Dann fangen die meterhohen Bürsten an, sich zu drehen. Schneller, immer schneller. Von vorne nähert sich eine Wand aus langen, blauen Fäden. Sie tänzeln über die Motorhaube, klackern auf die Windschutzscheibe, prasseln auf das Autodach. Und plötzlich rutscht man im Autositz ein paar Zentimeter tiefer.

    Die erste Waschanlage drehte sich im Kreis

    Jürgen Mayer, der Mann in blauen Latzhosen, der vorhin noch den Insektenlöser aufgesprüht hat, schmunzelt. „Das hört sich ganz schön laut an“, sagt er. „Aber machen Sie sich keine Sorgen. Für Ihren Lack ist das sehr schonend.“ Und dann beginnt Mayer, dem die Waschstraße hier im Friedberger Gewerbegebiet gehört, zu erzählen. Über die Deutschen und ihr Verhältnis zum Auto. Und darüber, dass es nicht nur praktischer, sondern auch viel umweltschonender sei, den Wagen waschen zu lassen, als daheim mit Schlauch und Schwamm zu hantieren. Weil das Wasser nämlich aufbereitet werde.

    Über den Wasserverbrauch hat sich Gebhard Weigele damals keine Gedanken gemacht, als er 1960 mit seinem Freund Johann Sulzberger wenige Kilometer weiter, in einer Holzhütte im Augsburger Stadtteil Bärenkeller, zu tüfteln begann. Die beiden jungen Männer, die gemeinsam ein Architekturbüro führten, waren genervt. Von dem Dreck auf ihren Autos, der von den täglichen Fahrten zur Baustelle kam. Und von der Warterei an der Tankstelle, bis man die Wagen endlich in der Waschhalle abspritzen konnte. „Wir hatten keine Zeit“, erinnert sich der heute 81-jährige Gebhard Weigele. Sie dachten sich, es müsse doch Maschinen geben, die diese leidige Arbeit übernehmen. Zwei Jahre brauchten sie, um das Problem zu lösen. Am 8. August 1962, heute vor 50 Jahren, meldeten sie die weltweit erste „selbsttätige Waschanlage für Kraftfahrzeuge“ als Patent an.

    Bei ersten Versuchen wurde Wasser mit Sägemehl vermengt

    Über die Experimente, mit denen sie zuvor ihre Wochenenden zubrachten, will Weigele heute nicht mehr reden. Viel ist darüber geschrieben worden, sagt er. Wie in unserer Zeitung 1963: „Aus Feuerwehrschläuchen spritzten die beiden Unmengen von Wasser auf ihre Autos. Der Erfolg war nicht groß. Er wurde besser, als sie das Wasser mit Sägemehl vermengten.“Der Dreck ging weg. Das Sägemehl aber kam fortan aus der Heizung. Auch der Versuch mit Korkmehl misslang, weil das feine Material in den Ritzen der Fahrzeuge hängen blieb. „Wir haben unser ganzes Geld in diese Idee gesteckt“, erinnert sich der Bauingenieur. Doch erst der Einfall, Bürsten um das Fahrzeug kreisen zu lassen, brachte die Lösung.

    Ein Dreivierteljahr später montierten Weigele und Sulzberger im Augsburger Domviertel Deutschlands erste Waschanlage. Das Modell „Rundläufer“ bestand aus zwei Bürsten, die auf Schienen um das Auto fuhren. Eine Erfindung, die bundesweit für Aufsehen sorgte, wie unsere Zeitung schrieb: „An dieser Tankstelle treffen sich nun Besucher und Beobachter aus der ganzen Bundesrepublik, um die neue Waschanlage zu beobachten.“ 50 Pfennig kostete die maschinelle Reinigung, die eine Minute dauerte. „Das war von Anfang an ein gutes Geschäft. Da wollte jeder waschen“, erinnert sich Weigele.

    In unserer Waschstraße in Friedberg dröhnt das Gebläse. Luft strömt aus den vielen, langen Schlitzen. Ein stetiger Wind, der eine Wasserperle nach der anderen wegbläst von der Windschutzscheibe, der Motorhaube und den Außenspiegeln. Schon Weigele und Sulzberger und ihre Firma Wesumat hatten Pläne, neben der ersten Waschanlage ein Gebläse zu installieren, um das Abledern zu ersetzen, das damals der Tankwart gegen Geld erledigte. Die Konkurrenz war schneller, eine Entwicklung reihte sich an die andere. Alois Nickl baute 1963 für die Augsburger Firma Kleindienst ein Gerät mit dem Programm „Waschen und Trocknen“ – eine Drei-Bürsten-Anlage, wie sie in ihren Grundzügen bis heute in Autowaschanlagen zu finden ist.

    Die Angst beim Waschen sitzen zu bleiben

    Waschstraßen wie in Friedberg, wo das Auto über ein Förderband gezogen wird, gibt es seit 1964, wiederum eine Erfindung von Wesumat. Auch dort standen die Leute Schlange. Manche habe es fasziniert, während des Waschvorgangs im Auto sitzen zu bleiben, sagt Weigele. Andere hatten Angst. Wie die junge Frau, die damals aus der Waschstraße rannte, nass bis auf die Haut. Weigele schüttelt den Kopf: „Dabei kann doch nichts passieren, solange man sitzen bleibt.“

    Seither hat sich viel getan. Die Bürsten, die seit jeher im Ruf standen, dem Lack zu schaden, wurden von Schaumstoff oder Textilien abgelöst. In den 70er Jahren kam das Heißwachs dazu. Auch das ist eine Erfindung aus der Region, wenn auch nicht aus Augsburg. Die Otto Christ AG mit Sitz in Benningen (Kreis Unterallgäu), die seit fast 50 Jahren Autowaschanlagen baut und heute auch zu den führenden Herstellern in Europa zählt, machte 1973 mit der ersten Heißwachsversiegelung von sich reden.

    Die Osteuropäer kaufen Autos, waschen sie aber von Hand

    So glänzend wie damals laufen die Geschäfte längst nicht mehr. Die Zeiten des Aufschwungs scheinen vorbei. Beispiel Wesumat: Vor zwölf Jahren verschmolz das Unternehmen mit dem größten Konkurrenten California Kleindienst (ehemals Kleindienst) zu Washtec. Doch der Weltmarktführer für Autowaschanlagen macht Verluste, 2011 waren es 14,5 Millionen Euro.

    Auch die gestern veröffentlichten Quartalszahlen sprechen für einen schwierigen Markt. Arbeitsplätze sollen nach Tschechien verlagert werden. Ende Juli musste der Vorstand wegen „Differenzen über die Geschwindigkeit der strategischen Neuausrichtung“ gehen. Die Nachfrage nach Waschanlagen sinkt vor allem in Deutschland. Kein Wunder, wenn es weniger Tankstellen gibt. Neue Märkte müssen erst wachsen. Die Osteuropäer kaufen zwar immer mehr Autos, waschen aber meist noch von Hand.

    Achtmal Auto waschen im Jahr ist viel zu wenig

    Das tun auch die Deutschen nach wie vor. Rund ein Drittel, schätzt man beim Branchenverband BTG, wäscht den Wagen im eigenen Hof – auch, wenn das viele Städte und Gemeinden aus Umweltschutzgründen verbieten. Dass der Bundesbürger, wie böse Zungen gerne behaupten, das jeden Samstag tue, widerlegt schon die Statistik. Danach wäscht der Deutsche seinen Wagen etwa acht Mal im Jahr. „Das ist viel zu wenig“, sagt BTG-Präsident Joachim Jäckel. Wenn der Dreck erst einmal festsitze, sei er nur schwer zu entfernen.

    Gebhard Weigele dagegen stört sich nicht an schmutzigen Autos. Der 81-Jährige, der bis 1985 für Wesumat arbeitete, fährt ein Mal die Woche in eine der beiden Waschanlagen, die im Familienbesitz sind. Natürlich auch, damit sein Wagen sauber ist. Vor allem aber, weil er weiter an der Technik tüfteln will: „Mich interessiert eben nur, wie ich Autos waschen kann.“

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