Papst Franziskus ist schwer erkrankt, und schon kreisen die Geier. Wenn es um Macht geht, ist die katholische Kirche eine sehr weltliche Organisation, das zeigt ihre Geschichte zuhauf. Das Ringen um seine Nachfolge mag abstoßend wirken; die Frage zu stellen, wer und damit was auf ihn folgen könnte, ist legitim. Wer nächster Papst wird, ist entscheidend für den weiteren Kurs der Kirche. Schließlich wird diese von einem absoluten Monarchen geleitet.
Das „Papst-Toto“, das große Rätselraten um den Franziskus-Nachfolger, ist dabei bereits in den vergangenen Jahren gespielt worden. Kirchenintern wie von Medien, gerne aus Anlass der Geburtstage von Franziskus und verbunden mit den besten Glückwünschen. Gerade in katholisch-konservativen Kreisen waren Spekulationen und Sticheleien Ausdruck der Sehnsucht nach einem Kirchenoberhaupt, das Tradition und Lehre den Vorrang geben und das trotz aller Anfechtungen der Kirche den Glanz früherer Tage verleihen möge. Zurück in die Zukunft!

Der massiv in der Kritik stehenden Kirche wird Kontinuität helfen
Franziskus, der dem Apostolischen Palast ein bescheidenes Apartment im vatikanischen Gästehaus Santa Marta vorzieht und auch sonst unkonventionell auftritt, ist seinen Kritikern stets ein Ärgernis gewesen. Noch jede kleinste seiner Reformen führte zu Auseinandersetzungen um – vermeintlich – Grundlegendes. Sogar als „Häretiker“, als vom Glauben Abgefallener, musste sich Franziskus beschimpfen lassen.
Jetzt geht es erst recht um Grundlegendes – um den Weg, den die katholische Weltkirche in den nächsten Jahren beschreiten wird. Dass sie künftig ein „Gegen-Franziskus“ anführt, ist eher unwahrscheinlich. Weil Franziskus frühzeitig und stärker als seine Vorgänger versucht hat, die Wahl eines Nachfolgers zu lenken, indem er ihm und seinem Denken nahestehende Kardinäle als kommende Papst-Wähler ernannte.
Der in Teilen der Welt massiv unter Druck geratenen, massiv in der Kritik stehenden Kirche wird nun Kontinuität helfen, nicht schaden – wie Franziskus-Gegner glauben. Denn der hat, bei allen Fehlern und Falschentscheidungen, richtig erkannt, wie enorm wichtig Seelsorge und Caritas, die tätige Nächstenliebe, sind. Nicht zuletzt für die Akzeptanz der Kirche in zunehmend säkularen Zeiten. Eine kirchenpolitische Akzentverschiebung könnte fatal sein.
Auf den nächsten Papst kommt einiges zu, im Grunde übernimmt er ein „unmögliches“ Amt
Wer Franziskus nachfolgen wird, ist zweifelsohne eine bedeutende Frage. Interessanter ist: Was und wie wäre eine bessere Kirche? Man darf ja einmal träumen, oder? Also: Sie würde Nächstenliebe (vor-)leben. Sie würde sich den Menschen zuwenden, statt sie vor den Kopf zu stoßen. Sie würde endlich weltweit sexuellen Missbrauch in den eigenen Reihen aufklären. Sie würde niemanden mehr ausgrenzen, wie sie das nach wie vor etwa mit Homosexuellen macht. Sie würde nicht, vor lauter Sorge um ihre Einheit, erstarren. Sie würde echte Reformen einleiten. Sie würde sich öffnen, allen voran für Frauen. Sie würde klerikale Macht begrenzen. Sie würde im Leben der Menschen, auch der Nicht-Gläubigen, relevant sein – weil sie glaub- und vertrauenswürdig sein würde. Sie würde der Politisierung des Glaubens, besonders unter Klerikern, etwas entgegensetzen. Sie würde Menschen zusammenbringen. Sie würde Glaubensfreude vermitteln.
Sie würde ... Die Liste ist lang, auf den nächsten Papst kommt einiges zu. Im Grunde übernimmt er ein „unmögliches“, weil einen jeden völlig überforderndes Amt. Franziskus hat sich dem gestellt, der 88-Jährige tut es auf beeindruckende Weise noch vom Krankenbett aus.
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