Kristallklares Wasser, weiße Sandstrände, goldfarbene Dünen, bizarre Vulkanlandschaften – die Kanareninsel Fuerteventura ist ein Paradies für Wassersportler, Naturliebhaber und Sonnenanbeter. Im vergangenen Jahr kamen 2,5 Millionen Urlauberinnen und Urlauber auf die spanische Atlantikinsel. Annähernd ein Drittel der Feriengäste stammt aus dem deutschsprachigen Raum. Nur die wenigsten von ihnen werden wissen, dass auf der Insel einige der begehrtesten Rohstoffe der Welt lagern – die Metalle der Seltenen Erden.
„Fuerteventura besitzt, was Donald Trump gerne haben möchte”, titelten Inselzeitungen in Anspielung auf das Wirtschaftsabkommen zwischen den USA und der Ukraine, bei dem es um die Nutzung ukrainischer Bodenschätze geht. Aber nicht nur der US-Präsident, sondern auch Europa sucht händeringend nach Seltenen Erden, um von China unabhängig zu werden. Denn China dominiert in diesem Bereich den Weltmarkt. Seltene Erden sind eine Gruppe von 17 chemischen Elementen, die unabdingbar sind für die Herstellung von Handys, Computern, E-Autos, Umwelttechnologie oder militärischer Elektronik.
Seltene Erden: Ab einem Vorkommen von einem Kilo pro Tonne gilt die Förderung als wirtschaftlich
Studien deuten darauf hin, dass sich im Boden Fuerteventuras erhebliche Vorkommen befinden. Kanarische Forscher der Universitäten von La Laguna (Teneriffa) und Las Palmas (Gran Canaria) entdeckten in Proben ungewöhnlich hohe Konzentrationen – bis zu zehn Kilogramm pro Tonne Gestein. Ab einem Vorkommen von einem Kilo pro Tonne gilt die Förderung als wirtschaftlich.
Auf Fuerteventura hat das alles andere als Freude ausgelöst: Bürgerinitiativen laufen Sturm und protestieren mit Menschenketten an Stränden; Umweltschützer warnen vor einer Zerstörung des sensiblen Ökosystems; die Tourismusindustrie sorgt sich um das gute Image der Insel als heile Naturwelt. Angesichts des massiven Widerstands schlossen sich auch Inselpolitiker über Parteigrenzen hinweg zu einer Protestfront zusammen.
„Wir werden gegen all jene kämpfen, die unser Territorium zerstören wollen”, verkündete Inselpräsidentin Lola García, flankiert von den Bürgermeistern der großen Inselgemeinden La Oliva, Puerto de Rosario und Pajara. Ein Minenunternehmen, das einen möglichen Abbau der Seltenen Erden prüfen wollte, musste bereits den Rückzug antreten. „Der Abbau der Seltenen Erden ist eine der umweltschädlichsten Tätigkeiten auf dem Planeten”, sagte García. Tatsächlich erfordert die Gewinnung der Metalle den Einsatz großer Mengen an Chemikalien, die giftige Abfälle hinterlassen können. Zudem führt der Tagebau oft zu erheblichen Landschaftsveränderungen und zur Verunreinigung von Gewässern. Fuerteventura ist nach Teneriffa die zweitgrößte Kanareninsel. Die Weltkulturorganisation Unesco erklärte sie 2009 zum Biosphärenreservat. Vor der Küste leben Wale, Delfine und Schildkröten.
Der Protest gegen die Förderung ist groß auf Fuerteventura
Jene Wissenschaftler, die mit ihrer Rohstoff-Entdeckung die Debatte anstießen, halten die Aufregung für übertrieben. Sie appellieren, wenigstens die Erforschung der Bodenschätze voranzutreiben. „Es ist doch einfach wichtig zu wissen, welche Reichtümer wir auf den Kanaren haben”, sagte Physikprofessor Jorge Méndez. „Wir können Erkundungen betreiben, ohne Umweltschäden zu verursachen”, versicherte er im spanischen Radiosender SER. Er erinnerte auch daran, dass die Nutzung der Seltenen Erden in Europa unverzichtbar sei, um moderne Umwelttechnologie zu entwickeln und um die Digitalisierung der Gesellschaft voranzutreiben. „Den allergrößten Teil der Seltenen Erden kaufen wir derzeit von China. Und das, ohne uns darum zu kümmern, unter welchen Arbeitsbedingungen diese abgebaut werden und welche Folgen das für die Umwelt hat”, sagte Méndez.
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