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Gesundheitsminister Jens Spahn will einen strengen Lockdown

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Gregor Peter Schmitz bei Markus Lanz.

Corona-Politik
09.04.2021

Spahn fordert Lockdown - dann wird der Corona-Gipfel abgesagt

Von Christian Grimm

Jens Spahn hat die Länder zur Ordnung gerufen. Er verlangte ein Ende des Streits um den Corona-Kurs und pochte auf einen Lockdown. Er wurde von der Wirklichkeit überholt.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ist der Ärger anzumerken. Während die dritte Corona-Welle um sich greift, ist die deutsche Machtmaschine blockiert. Kanzlerin Angela Merkel und ein Teil der Ministerpräsidenten messen ihre Kräfte. Der Preis dafür ist, dass die Ministerpräsidentenkonferenz als Steuerungsorgan der Seuchenpolitik ausfällt. Die für Montag geplante MPK ist gestrichen.

Bevor die Nachricht am Freitag über die Nachrichtenticker lief, versuchte Spahn noch einmal zu appellieren. Er drängte die Ministerpräsidenten zu einer gemeinsamen Antwort auf das sich ausbreitende Virus. "Es braucht einen Lockdown", forderte der CDU-Politiker. Doch noch während er sprach, überholten ihn die Ereignisse. Es wird in der kommenden Woche gar keine MPK mit Merkel geben.

Die Ministerpräsidentenkonferenz wird nicht wie geplant stattfinden

Berlins Bürgermeister Michael Müller (SPD), der den Vorsitz der MPK innehat, hielt schon am Morgen nur noch eine kurze Rücksprache für wahrscheinlich. Aus Sicht Spahns ist das zu wenig. "Eine kurze Rücksprache reicht nicht", betonte er. "Wir dürfen nicht warten, bis die Kliniken überlastet sind." Spahn verhehlte nicht, dass er die Selbst-Blockade für völlig unangemessen hält. "Ich kann mich über manche Äußerungen nur wundern", sagte der 40-Jährige.

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Stattdessen soll nun der Bundestag das Infektionsschutzgesetz nachschärfen, um die Länder auf Linie zu bringen. Die sogenannte Corona-Notbremse soll verbindlich überall in Deutschland gelten. Lockerungen des Lockdowns müssten dann zurückgenommen oder dürften gar nicht genehmigt werden. Unterhalb einer Inzidenz von 100 sollen, so sieht es der Plan des Kanzleramtes vor, die bestehenden Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz fortgelten. Eigentlich hatten die Ministerpräsidenten die Notbremse selbst beschlossen, doch in der Umsetzung reagieren einige Länder nach eigenem Gusto.

Die Seuchenpolitik hat sich zwischen den Ländern und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem Machtkampf ausgewachsen. Merkel hält das Vorgehen einiger Länderchefs angesichts der steigenden Infektionszahlen für leichtsinnig, die trotz der schnelleren Ausbreitung des Erregers Fitnessstudios, Kinos und die Außengastronomie öffnen. Die Kanzlerin will die Kompetenzen der Länder beschneiden und bundesweite Vorgaben machen.

Söder und Laschet unterstützen Merkels Vorstoß beim Infektionsschutzgesetz

Unterstützt wird sie dabei von den Ministerpräsidenten aus Bayern und Nordrhein-Westfalen, Markus Söder (CSU) und Armin Laschet (CDU). Andere Regierungschefs wollen sich nicht entmachten lassen, wie Stephan Weil aus Niedersachsen und Malu Dreyer aus Rheinland-Pfalz (beide SPD). Der Widerstand gegen Merkels Angriff auf ihre Macht kommt aber nicht allein aus dem SPD-Lager.

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans hat sein gesamtes Bundesland zum Modellgebiet für Lockerungen erklärt und gehört wie Merkel der CDU an. Sein Amtskollege Daniel Günther aus Schleswig-Holstein lässt die Terrassen und Freisitze von Cafés und Gaststätten bei einer Inzidenz von unter 100 öffnen. Auch er ist Mitglied der CDU.

Lothar Wieler will einen Lockdown wie im Frühjahr 2020

Um das Virus einzudämmen, empfiehlt der Präsident des Robert-Koch-Institutes (RKI), Lothar Wieler, einen strengen Lockdown zwischen zwei und vier Wochen. Als Vorbild dient ihm dafür das Herunterfahren des Landes im vergangenen Frühjahr. "An jedem Tag, den wir nicht handeln, verlieren wir Menschenleben", warnte Wieler.

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Auf den Intensivstationen werden derzeit rund 4500 Corona-Patienten behandelt, 700 mehr als vor einer Woche. "Die Intensivstationen füllen sich rasant", sagte Wieler. Das RKI berichtete am Freitag von 25.464 neuen Ansteckungen binnen eines Tages. Das waren rund 3.500 mehr als vor einer Woche. Zu den mittlerweile beinahe 80.000 Corona-Toten kamen binnen eines Tages 296 Verstorbene hinzu.

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Trotz der in Schwung kommenden Impfungen warnte Wieler davor, dass die Immunisierung die dritte Welle noch nicht brechen könne. Am Donnerstag wurden mit über 700.000 so viele Menschen gegen das Virus geimpft wie nie zuvor. Mittlerweile haben 12,5 Millionen Deutsche zumindest eine erste Spritze bekommen. (mit dpa)

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Das Corona-Management der Bundesregierung hat auch Chefredakteur Gregor Peter Schmitz in der aktuellen Sendung von Markus Lanz im ZDF analysiert. Thema war dort auch unsere Recherche rund um den mutmaßlichen Strippenzieher in der Masken-Affäre, Alfred Sauter. Die Sendung ist auch in der Mediathek des ZDF.

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Foto: Screenshot ZDF
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Gregor Peter Schmitz bei Markus Lanz.

 

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