
Landrat von Ahrweiler gibt sein Amt ab: Wer ist Jürgen Pföhler?


Jürgen Pföhler, Landrat von Ahrweiler, legt sein Amt nieder. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn. Wer ist der Mann, der einst in Augsburg lebte?
Auf eins war Jürgen Pföhler immer besonders stolz: Er war der erste Landrat in der Geschichte des Landkreises Ahrweiler, der von den Bürgerinnen und Bürgern direkt gewählt wurde. Nicht vom Kreistag, wie das vorher üblich war. Er als Typ hatte die Menschen überzeugt, damals im September 2000. Viele dieser Leute, die CDU-Mann Pföhler einst ihre Stimme gaben, fänden jetzt vermutlich nicht einmal mehr einen Stift, um auf die Schnelle ihr Wahlzettel-Kreuzchen zu machen. Die Flut hat ihren Besitz fortgeschwemmt.
Rund 42.000 Menschen sind von den Folgen des Hochwassers im Westen Deutschlands betroffen, mehr als 130 gestorben. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft Koblenz, ob manche dieser Menschenleben hätten gerettet werden können. Gegen Pföhler steht der Verdacht im Raum, er habe am Abend des 14. Juli mehrere Stunden zu spät den Katastrophenalarm ausgelöst.
Ahrweiler-Landrat Pföhler hat sich krank gemeldet
Jetzt hat seine Partei angekündigt, dass Pföhler sein Amt nicht mehr ausüben wird. Er sei dazu krankheitsbedingt nicht in der Lage, schreibt die CDU-Fraktion im Kreistag in einer Pressemitteilung. Darin heißt es aber auch: Das Vertrauen der Menschen im Kreis sei nicht mehr gegeben, man brauche einen „unbelasteten personellen Neuanfang“.
Nach der Flut hatte der gemütlich wirkende Mann mit der dicken, schwarz umrandeten Intellektuellenbrille sich Anfang August krankgemeldet – genauer gesagt war es ein paar Tage, nachdem die Staatsanwaltschaft Koblenz Ermittlungen gegen den 63-jährigen Juristen eingeleitet hatte. Wegbegleiter, die Pföhler wohlgesonnen sind, beklagen ihn als Bauernopfer, als Sündenbock, der für eine Katastrophe herhalten muss, die niemand vorausahnen konnte.

Jürgen Pföhler, verheiratet und Vater eines Sohnes, arbeitete vor seiner langen Amtszeit im Landratsamt des Kreises Ahrweiler mit seinen rund 130.000 Einwohnern als Jurist. In Bayern, genauer: in Augsburg, hatte er Rechtswissenschaften studiert. Nach der Promotion an der Universität Trier und einem Jahr in London war er der Bundespolitik zunächst näher als der kommunalen, leitete verschiedene Abteilungen in den Bundesministerien für Wirtschaft, für Forschung, zuletzt Ende der Neunzigerjahre das Statistikreferat im Verkehrsministerium.
Landrat Pföhler hat im übertragenen Sinn seine Heimat verloren
Nach seiner Wahl zum Landrat machte Pföhler alles, was ein Kommunalpolitiker tun muss, um seinen Bürgern nahe zu sein, wie Videos auf Youtube dokumentieren: Pföhler beim Verleih von Ehrenamtsmedaillen, Pföhler in einer Art Glitzer-Napoleonkostüm im Karneval, Pföhler beim Enthüllen sogenannter Stolpersteine als Erinnerung an die im Nationalsozialismus ermordeten Jüdinnen und Juden. Bei letzterem Termin hat er einen Satz gesagt, der nach seinem Rückzug aus der Politik eine neue, persönliche Bedeutung bekommt: „Wer nicht weiß, wo er herkommt, der weiß auch nicht, wo er hinsoll.“ Pföhler kommt aus der Eifel, er war in der Kommunalpolitik heimisch geworden. Jetzt ist er im doppelten Sinn heimatlos.
Die Diskussion ist geschlossen.