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Interview
11.11.2020

Über das Leben der Parlamentarier: „Ohne den Willen zur Macht geht es nicht“

Politische Befindlichkeitsforscher: die Journalisten Peter Dausend (li.) und Horand Knaup vor dem Berliner Reichstag.
Foto: Jens Oellermann, dtv

Ständig in der Öffentlichkeit: Ist der Druck auf die Politiker zu groß? Peter Dausend und Horand Knaup über die Schattenseiten des Berliner Betriebes.

Sie zeichnen ein erschütterndes Bild des Politikbetriebs. Machtversessene Narzissten fällen die Entscheidungen über die Zukunft des Landes. Sie schildern Sucht, Wutausbrüche und fliegende Aktenordner, zerrüttete Familien. Ist dieses System krank?

Dausend: Das System läuft Gefahr, die Leute krank zu machen. Aber es ist nicht so, dass hier im Bundestag und in den Ministerien nur kranke, verformte Charaktere herumlaufen. Aber alle, mit denen wir gesprochen haben, sagen, dass man aufpassen muss, dass einen der Betrieb nicht frisst. Dass man zum Egomanen wird, dass man abhebt oder anfängt zu trinken oder Drogen zu nehmen, weil der Druck so groß ist. Ein Teil der Politiker schafft es nicht, wird psychisch krank oder entwickelt sich zu einer negativen Persönlichkeit.

Was ist die Ursache für den hohen Druck?

Dausend: Der Betrieb ist hart, weil er eine andauernde Konfrontation ist. Es gibt die Konfrontation bei den Debatten im Bundestag, es gibt sie in der eigenen Fraktion und in den Arbeitsgruppen. Und parallel dazu stehen die Abgeordneten permanent im Wettbewerb. Wer neu in den Bundestag kommt, will gerne in den Fachausschuss zu dem Thema, für das er oder sie brennt. Familienpolitik, Außenpolitik, Innenpolitik und so weiter. Dann lautet die erste Lektion: Stell dich erst mal hinten an, sammle Erfahrung und dann kannst du nach der nächsten Wahl wiederkommen. Und zu Hause im Wahlkreis darf man sich keine Schwäche leisten, sonst bringen sich Herausforderer ins Spiel.

Machen Konfrontation und stetiger Wettbewerb die Gesetze, die dabei herauskommen, schlechter? In Ihrem Buch erzählen Abgeordnete, dass sie vor Angst nicht schlafen können.

Knaup: Das glaube ich nicht. Die Qualität der Gesetze hängt vielmehr damit zusammen, wie leicht der Zugang von Lobbyisten ist, wie gut die Abgeordneten mit Mitarbeitern und Experten aus der Wissenschaft ausgestattet sind. Auf der persönlichen Ebene zahlt der Einzelne sicher den Preis der Macht. Aber ohne Macht geht es nicht. Wenn Du gestalten willst, brauchst Du Macht.

Wie entrichten die Politiker diesen Preis?

Dausend: Die Tage von Abgeordneten, Staatssekretären und Ministern sind ohne Frage extrem vollgepackt. Da wird auf Verschleiß gefahren. Wolfgang Bosbach hat unser Buch vorgestellt und dabei erzählt, dass er seine Büroleiterin am meisten vermisst. Die hat ihm früher als Abgeordneter jeden Morgen einen Laufzettel in die Hand gedrückt. Der wusste nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag gar nicht mehr, was er zu machen hatte. Früher war der ganze Tag für ihn verplant bis in die späten Abendstunden hinein. Was den Druck in den letzten Jahren verstärkt hat, sind die sozialen Medien. Die Abgeordneten müssen sich permanent äußern oder haben zumindest das Gefühl, das tun zu müssen. Und sie werden auch bei Facebook und Twitter massiv angegriffen und bewertet. Diese ständige Präsenzpflicht und Erreichbarkeit ist relativ neu. Das macht das Leben von Abgeordneten härter, als es vor 15 Jahren war.

Knaup: Neu sind auch die offene Aggression und der Hass, den Politiker zu spüren bekommen. Es gibt viele Fälle von Morddrohungen. Claudia Roth wird damit überzogen, aber auch unbekanntere Abgeordnete wie Helge Lindh oder Karamba Diaby von der SPD.

War es schwer, in dem Betrieb, der keine Schwäche zulässt, Leute zu finden, die bereit waren, sich zu öffnen?

Dausend: Das war das Überraschendste für uns. Wir haben ganz viele Leute angeschrieben und ganz viele haben zugesagt. Nicht nur Abgeordnete, auch Ehemalige, Mitarbeiter, Familienangehörige und Therapeuten. Insgesamt haben wir mit über 70 Leuten gesprochen. Manche sagten, für uns ist das mal Gelegenheit darüber nachzudenken, was wir eigentlich tun, weil wir in so einem Hamsterrad sind. Es gab insgesamt eine große Bereitschaft.

Beim Lesen des Buches schien mir, dass die Familien der Abgeordneten den höchsten Tribut zollen.

Knaup: Als Lebenspartner muss man schon wissen, auf was man sich einlässt. Ja, die Familien müssen leidensfähig sein. Immer wieder beklagen Angehörige, dass zu Hause der Berliner Ton Einzug gehalten hat – das Harte, Konfrontative, Ungeduldige, der Kommandoton. Die CSU-Politikerin Emmi Zeulner aus Franken hat uns erzählt, dass sie ein Ritual hat: Bevor sie zu Hause in Kulmbach durch die Tür geht, hält sie erst mal inne, um Berlin aus sich rauszuschütteln.

Hat sich in Ihren Recherchen das Vorurteil bestätigt, hier in Berlin dreht sich eine abgehobene, machtsüchtige Politikerkaste nur um sich selbst?

Dausend: Eigentlich nicht. Denn was man in Berlin zu wenig sieht und auch in der Betrachtung der Hauptstadtblase außen vor gelassen wird, ist, dass es ein zweites Leben für die Abgeordneten gibt, nämlich das im Wahlkreis. Das reale Leben begegnet den Abgeordneten jedes Wochenende und in den Nicht-Sitzungswochen zu Hause. Es sorgt auch dafür, dass es kein abgehobenes System ist. Nichtsdestotrotz ist es ein raues System.

Muss man Mitleid mit den Abgeordneten haben?

Knaup: Nein, jeder macht das freiwillig. Und sie bekommen ja auch viel dafür: Aufmerksamkeit, Gestaltungsmöglichkeiten, Anerkennung und Bewunderung, das Gefühl zu einer Elite zu gehören. Es gibt Privilegien wie den Fahrdienst und die Bahncard 100. Die kleinen Sorgen des Alltags werden einem auch abgenommen. Wenn man es nicht schafft, besorgt ein Mitarbeiter die Geschenke für den Geburtstag der Kinder. Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus hat uns erzählt, dass er in seinen ersten Wochen als Parlamentarier immer auf den großen Adler im Plenarsaal schaute und sich dachte: „Das ist jetzt ein Traum.“

Die schöne Seite der Macht ist nur eine der beiden…

Knaup: Ja, aber ohne den absoluten Willen zur Macht geht es nicht, wenn du ganz nach vorne willst. Gerhard Schröder hat am Zaun des Kanzleramtes gerüttelt. Angela Merkel hat im richtigen Moment Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble zur Seite gekickt. Das könnte auch ein Defizit von Olaf Scholz sein, wenn er in dieser Hinsicht nicht zulegt. Bei Laschet steckt mehr Power dahinter, obwohl es nicht so wirkt.

Dausend: Gerade beobachten wir allerdings auch das Problem, dass Politiker reihenweise fast vor der Macht fliehen.

Wo zeigt sich das?

Dausend: Am auffälligsten war es bei der SPD. Andrea Nahles war als Partei- und Fraktionschefin demontiert und es ging um ihre Nachfolge. Doch niemand wollte es machen. Da wurden erst die Ministerpräsidenten abgeklappert, auch Olaf Scholz als Vizekanzler winkte ab. Wir haben für das Buch mit Leuten gesprochen, die gesagt haben, ich will mir das nicht antun. Ich lasse die Chance an mir vorbeiziehen. Ein Abgeordneter sagte uns zwei Gründe dafür: Ich will nicht so hart attackiert werden wie Nahles von den Parteifreunden und den Medien. Und ich will selber nicht hart werden, verhärten und andere brutal niedermachen.

Zeigt Grünen-Chef Robert Habeck nicht, dass es anders gehen kann? Er will dezidiert offenbleiben, nicht immer sofort eine Antwort präsentieren müssen, sensibel sein.

Dausend: Er war auf dem Weg, anders zu sein. Er spricht anders, gibt sich suchend, folgt nicht dem Reflex, alles schlechtzureden, was von der Regierung kommt. Das war so lange erfolgreich, bis er Fehler machte, also sich inhaltlich nicht auskannte bei der Pendlerpauschale und der Finanzaufsicht. Dann wurde er hart attackiert. Der Wille zur Macht hilft einem dabei, solche Phasen zu überstehen. Ob Habeck hart genug ist, weiß ich nicht. Die Zweifel an ihm sind allerdings gewachsen in den letzten Monaten.

Knaup: Mit der Macht ist es ambivalent. Einerseits kommt schnell der Vorwurf der Wähler, der oder die ist nur machtgeil, auf die Inhalte kommt es ihm oder ihr gar nicht an. Andererseits gibt es auch die Sehnsucht nach einem starken Anführer. Markus Söder zum Beispiel strahlt mit jeder Pore aus, die Macht zu wollen. Hinter seiner Entschiedenheitsrhetorik versteckt er ja auch erfolgreich, dass es in Bayern mit der Eindämmung von Corona gar nicht so toll läuft. Seine Beliebtheitswerte sind dennoch in die Höhe geschnellt.

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Ist es nun ein guter oder mieser Job, Politiker in Berlin zu sein?

Knaup: Noch einmal – die Akteure machen das alle freiwillig und niemand kommt zufällig in den Bundestag oder wird Minister. Der Job hier ist beides. Sie holen sich ganz viel ab und werden gebauchpinselt und zwischendurch leiden sie und klagen, was für ein Scheiß-Job das alles ist. Es ist Faszination und Abscheu zugleich.

Was müsste sich ändern, damit der politische Betrieb besser wird?

Knaup: Unser Schlusskapitel macht einige Vorschläge. Im Parlament räumen fast alle ein, dass der Bundestag mit 700 Abgeordneten zu groß ist. Die geplante – kleine –Wahlrechtsreform wird daran nicht viel ändern. Claudia Roth zum Beispiel hält das Ritual für völlig überkommen, dass die Regierung automatisch Vorschläge der Opposition abkanzelt, um sie später manchmal wortgleich als die eigenen wieder einzuspeisen. Bis auf die AfD sprechen sich alle Fraktionen dafür aus, dass mehr Frauen in den Bundestag gehören. Wenn mehr Frauen vertreten sind, zivilisiert das die Debatte.

Dausend: Der Bundestag ist einerseits riesig, andererseits macht er sich klein und exekutiert viel zu stark den Willen von Kanzleramt, Ministerialbürokratie und dem Koalitionsausschuss. Fast alle Gesetze stammen vom Regierungsapparat. Klein macht sich der Bundestag auch gegenüber den Lobbyisten. Ein Lobbyregister ist überfällig, das heißt, bei Gesetzen müssten die Stellen gekennzeichnet werden, an denen Lobbygruppen Einfluss genommen haben.

Peter Dausend, 1967 in Saarbrücken geboren, studierte Amerikanistik, Politikwissenschaft und Englische Philologie in Saarbrücken. 1995 begann er als Redakteur bei der Welt zu arbeiten. Seit 2008 ist er Parlamentskorrespondent der Zeit in Berlin.

Horand Knaup, geboren 1959, hat Politik und Geografie studiert. 1995 ging er für die Badische Zeitung nach Bonn und wechselte 1998 zum Spiegel, für den er viele Jahre aus dem Hauptstadtbüro schrieb, fünf Jahre war er Spiegel-Korrespondent in Nairobi. Seit 2017 freier Journalist und Autor.

Das Buch „Alleiner kannst du gar nicht sein“: Unsere Volksvertreter zwischen Macht, Sucht und Angst , dtv, 464 Seiten, 22 Euro.

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