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Kommentar: Amtsenthebung? Donald Trump und seine Bananenrepublik

Kommentar

Amtsenthebung? Donald Trump und seine Bananenrepublik

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    Donald Trump ist einmal mehr sauer über die Zinsentscheidung der US-Notenbank.
    Donald Trump ist einmal mehr sauer über die Zinsentscheidung der US-Notenbank. Foto: Charles Rex Arbogast/AP/dpa

    Gerade einmal vier Wochen läuft die parlamentarische Untersuchung. Doch die seither gewonnenen Erkenntnisse zur Ukraine-Affäre sind ebenso atemberaubend wie beunruhigend. Nach der Vernehmung von einem guten Dutzend hochrangiger Beamter, Botschafter und Berater der Regierung kann ernsthaft kein Zweifel mehr daran bestehen, dass Donald Trump sein Amt schamlos für parteipolitische Zwecke missbraucht, eine befreundete Regierung mit Steuergeldern zu erpressen versucht und möglicherweise die Arbeit der Justiz behindert hat.

    Donald Trump kann als US-Präsident nicht vor Gericht landen

    Bei einem Normalbürger würde das für eine Anklage und mutmaßlich auch für eine Haftstrafe reichen. Aber ein amtierender Präsident der USA kann nicht vor Gericht gestellt werden. Allerdings kann ihn der Kongress bei schwerem Fehlverhalten aus dem Amt jagen. In der Geschichte der USA ist das erst dreimal versucht worden. Mit dem Mehrheitsvotum im Repräsentantenhaus haben die Demokraten nun die Voraussetzungen für die Impeachment-Anklage gegen Trump geschaffen. Bislang sammelten die Ausschüsse hinter verschlossenen Türen Material für die mögliche Amtsenthebung. Nun ist der Prozess formalisiert: Zeugen werden öffentlich angehört und auch Trumps Anwälte bekommen ein Fragerecht.

    An Trumps wildem Hass auf alle, die das von ihm als „Lynchprozess“ diffamierte Impeachment-Verfahren vorantreiben, wird das kaum etwas ändern. Diesen Wüterich im Weißen Haus zu belasten, erfordert eine Menge Zivilcourage. Dennoch haben das in den vergangenen Tagen die ehemalige US-Botschafterin in Kiew, ihr Nachfolger und mehrere hochrangige Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates getan. Die tadellos beleumundeten Staatsdiener schilderten übereinstimmend, wie Trumps halbseidener Anwalt Rudy Giuliani seit dem Frühjahr an den offiziellen Kanälen vorbei eine Schatten-Außenpolitik gegenüber der Ukraine aufbaute. Statt der Unterstützung Kiews gegen russische Expansionsgelüste gewannen Trumps persönliche Interessen Priorität: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sollte sich öffentlich verpflichten, Ermittlungen gegen den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden und dessen Sohn Hunter einzuleiten, obwohl es keinerlei Anzeichen für Gesetzesbrüche gibt.

    Der Senat wird von den Republikanern dominiert - und er müsste der Amtsenthebung zustimmen

    Sowohl einen Termin für den Kiewer Staatschef im Weißen Haus wie die Auszahlung von 400 Millionen Dollar Militärhilfen machte Trump den Beamten zufolge von der Kooperation Selenskyjs bei der Intrige abhängig. Selbst dem als Haudrauf verschrieenen damaligen Sicherheitsberater John Bolton ging das zu weit. Schließlich bedrängte Trump Selenskyj Ende Juli persönlich am Telefon. Die Aufzeichnung des Gesprächs verschwand in einem digitalen Geheimordner. Das später veröffentlichte Protokoll soll lückenhaft sein.

    Das alles klingt wie ein Plot aus einer Bananenrepublik und ist doch absolut glaubwürdig. Bis zum Jahresende wollen die Demokraten die Vorwürfe zu einer Anklage bündeln. Eine Mehrheit für das Impeachment im Repräsentantenhaus scheint sicher. Entscheidend ist aber, ob der republikanisch dominierte Senat der Amtsenthebung zustimmt. Noch üben sich die meisten Parteifreunde Trumps in Nibelungentreue. Ob diese Abwehrfront hält, hängt ganz von der öffentlichen Stimmung ab.

    Schon jetzt fordert eine relative Mehrheit der Amerikaner die Amtsenthebung. Wenn die Zeugen künftig Abend für Abend im Fernsehen ihre Vorwürfe ausbreiten, könnte der Druck auf die Senatoren deutlich steigen. Eine Garantie dafür gibt es zwar nicht. Doch solche Abwägungen haben die Demokraten hinten angestellt: Dem fortgesetzten Machtmissbrauch des Präsidenten aus taktischen Gründen tatenlos zuzusehen, wäre keine ehrenwerte Alternative.

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