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Nordirland-Konflikt
17.04.2021

Nordirland: Sorge um Friedensprozess steigt

Überreste von einer Krawallnacht: ausgebrannter Bus auf der Shankill Road in West Belfast.
Foto: Peter Morrison, dpa

Seit Ostern eskaliert regelmäßig die Gewalt in Nordirland. Der Brexit ist nur einer der Gründe für die Ausschreitungen – und längst nicht das größte Problem.

Diese Geschichte beginnt mit Joel Keys, der für eine bessere Zukunft stehen könnte – und das vermutlich auch tut. In einer Gegend, die gefangen von den Schatten der Vergangenheit ist. Joel Keys lehnt Gewalt ab, gerät aber immer wieder in Gewaltausbrüche. Allein weil er in einem von vielen Seiten vergessenen Viertel Belfasts lebt. Joel Keys war noch nicht einmal geboren, als in Nordirland mit dem Karfreitagsabkommen offiziell Frieden geschaffen wurde vor 23 Jahren – und alle zunächst hofften, dass es nun ja nur noch besser werden könne. Nach all den Toten, den Bomben, dem jahrzehntelangen Bürgerkrieg.

Streit um Irische-See-Grenze: Jugendliche randalierten am Karfreitag in Belfast

Am Abend des Karfreitags vor zwei Wochen treibt den jungen Protestanten die Neugier an. Der 19-Jährige ist mit dem Fahrrad unterwegs, hört Lärm und folgt dem Geschrei, den Flammen und den Sirenen der an ihm vorbeirasenden Land Rover der Polizei. Plötzlich steckt er mitten im Chaos. Ein paar Dutzend Jugendliche und junge Männer, 13 bis höchstens 20 Jahre alt, werfen Ziegelsteine, Feuerwerkskörper und Benzinbomben auf Polizisten, wedeln mit Fackeln, heben Gullydeckel aus dem Boden und schleudern sie in Richtung der Beamten. Derweil stehen wie bei einem sonntäglichen Fußballspiel hunderte Erwachsene in ihrer Nähe herum und feuern sie an.

Joel Keys erkennt einen der Randalierer, will den 13-Jährigen herausholen, weg von den Krawallen, zieht ihn zur Seite. Dann werden beide verhaftet – und mit ihnen noch sechs andere. Stunden später sollte Keys ohne Anklageerhebung entlassen werden. Als der Nordire mit seinem Bekannten vor der Wache steht, fragt er ihn noch, welchen Grund er der Polizei für die Randale genannt habe. „Die Irische-See-Grenze“, sagt der 13-Jährige, der zur Unionisten-Gemeinde zählt. So sei es ihm im Vorfeld aufgetragen worden.

Joel Keys runzelt die Stirn, als er sich an das Gespräch erinnert. „Als ob diese Kids die Details des Nordirland-Protokolls kennen.“ Es geht um die im Austrittsabkommen zwischen Brüssel und London vereinbarte Regelung, die sichtbare Grenzkontrollen zwischen der Republik Irland und der zum Königreich gehörenden Provinz im Norden verhindern sollte – und deshalb de facto eine Grenze zwischen Nordirland und dem britischen Mutterland in der Irischen See festlegte. Inklusive Kontrollen beim Warentransport.

Joel Keys: "Wir wurden von Boris Johnson unter den Bus geworfen"

Seit an Heiligabend von einem triumphalen Premierminister Boris Johnson die Einigung mit der EU verkündet wurde, wächst im Norden die Nervosität unter den protestantischen Unionisten, die möglichst eng mit London verflochten bleiben möchten. Es herrschen Angst vor dem Verlust der britischen Identität, Sorge über ein Erstarken der katholischen Nationalisten, Wut auf die eigenen Politiker, die viel verurteilen, aber wenig gestalten.

„Die Leute sind frustriert“, sagt Keys, sie fühlten sich in ihrer Identität bedroht. „Wir wurden von Boris Johnson unter den Bus geworfen.“ Während die politische Führung keine Alternativen anbiete, entstehe der Eindruck, dass die andere Seite, der Feind vom katholischen Lager, gewonnen habe.

Joel Keys lehnt Gewalt ab, gerät aber immer wieder in Gewaltausbrüche hinein.
Foto: Katrin Pribyl

Handelt es sich hier um die alten Wunden, die wieder aufreißen? Genau davor hatten Experten seit dem EU-Referendum 2016 gewarnt. Doch der Brexit, da ist man sich in dem Landesteil einig, stellt nur ein Glied in einer langen Kette von Problemen dar, die seit Ostern allabendlich zu Ausschreitungen und gewalttätigen Szenen eskalieren. „Die meisten Jugendlichen sind schlicht gelangweilt und deshalb leicht manipulierbare Opfer für die Paramilitärs und andere kriminelle Organisationen, für die die Kids die Drecksarbeit machen“, sagt Joel Keys, der plant, ab Herbst in London Politik zu studieren.

Mit Drecksarbeit meint er: Chaos verbreiten, Misstrauen gegenüber Polizei und Regierung säen. Das spielt in die Karten im Untergrund agierender Splittergruppen.

"Trouble" nennen Briten und Iren den Guerillakrieg, der in 30 Jahren mehr als 3500 Menschen das Leben gekostet hat

Das Tor am Lanark Way, das die Shankill Road des Protestantenviertels von der Springfield Road im katholischen Teil Belfasts trennt, bleibt derzeit meist geschlossen. Die Situation ist insbesondere in der Unionisten-Gemeinde entlang der meterhohen sogenannten Friedensmauern angespannt. Ein paar Brecheisen und Pflastersteine liegen auf den verlassenen Gehsteigen als Überbleibsel der Gewaltnächte. Sie dienen auch als Warnung. In großen Lettern steht auf der Shankill-Seite des Tors geschrieben: „Die, die heute ein Risiko eingehen, sind die Geschichtsschreiber von morgen.“

Nur wenige Meter von hier zündeten kürzlich Vermummte einen roten Doppeldeckerbus an. Manche sprechen in Belfast bereits von den „beängstigendsten Zeiten“ seit dem Karfreitagsabkommen 1998. Fragt sich: Ist das jetzt ein Wendepunkt in Nordirland?

Bei den Krawallen in der britischen Provinz Nordirland wurde eine Benzinbombe über die Friedensmauer in West Belfast geworfen.
Foto: Peter Morrison/AP, dpa

Conor Patterson schüttelt den Kopf. Nicht dass er etwas verharmlosen wolle, aber: „Die Dinge waren so scheiße damals.“ Man sei weit entfernt von solchen Zuständen. Der 57-Jährige ist Gründer eines Businessparks und Chef der Handelskammer in Newry in der Grafschaft Armagh. Kein Landstrich hat unter dem Bürgerkrieg so stark gelitten wie dieser. Auf drei Zivilisten kam ein Soldat. Anschläge gehörten zwischen 1969 und 1996 zum Alltag.

Hier lagen die „killing fields“ während der „Troubles“, wie sowohl Briten als auch Iren den Konflikt bemerkenswert beschönigend bezeichnen. „Trouble“ lässt sich mit „Unruhe“ übersetzen. Aber meist steht es für „Ärger“ oder „Problem“. Als wäre ein Guerillakrieg, der in 30 Jahren mehr als 3500 Menschen das Leben gekostet hat, lediglich ein bisschen Ärger.

Die Brexit-Entscheidung machte eine Grenze unvermeidlich

Conor Patterson sitzt in einem Konferenzraum eines Zweckbaus und erzählt von seinen Hoffnungen, dem wirtschaftlichen Aufschwung, hunderten neuen Arbeitsplätzen, echtem Fortschritt. Er zeigt Filme von Newry, als er hier aufwuchs – und wie es selbst noch aussah, als er 1995 nach Studium und Promotion in Irland und London in die Heimat zurückkehrte.

Die protestantischen Loyalisten, die im Zeichen der Krone Nordirland als Teil des Königreichs verteidigten, standen den katholisch-irischen Republikanern entgegen, die ein wiedervereinigtes Irland anstrebten. Die Paramilitärs der IRA, der Irisch-Katholischen Armee, und der Loyalisten wie der Ulster Volunteer Force (UVF) oder der Ulster Defence Association (UDA) töteten wahllos. Überall in den Grenzregionen und in Belfast: Wachtürme, Kasernen, Zäune. Bomben, Straßensperren, Barrikaden. Autos stauten sich auf beiden Seiten an den schwer gesicherten Kontrollposten.

In Bessbrook am Rande der Grenzstadt Newry lag einer der bedeutendsten Militärstützpunkte der britischen Armee. Die Anlage durchschnitt wie ein stählernes Riesenbeil die saftig grünen Wiesen. „Dieser Ort war der am stärksten militarisierte Teil Westeuropas“, erklärt Conor Patterson. Mit dieser Botschaft zog er in den vergangenen Jahren durch Europas Hauptstädte. Präsentierte die Filme, redete mit Premierministerin Theresa May, und als diese vom Hof gejagt wurde mit Boris Johnson. Der habe ihm in jovialer Art versichert, dass es kein Problem gebe.

Der britische Premierminister Boris Johnson plädiert für eine feste Verbindung zwischen Großbritannien und Nordirland.
Foto: Hannah Mckay/PA Wire, dpa

Aber natürlich gab es eins, nachdem Großbritannien beschlossen hatte, den Weg eines harten Brexit zu gehen und damit Zollunion sowie den gemeinsamen Binnenmarkt zu verlassen. Die Entscheidung machte eine Grenze unvermeidlich. Die Frage lautete nur, wo sie am Ende verlaufen würde. Boris Johnson wählte die Irische See. Zum Ärger der Unionisten, zur Erleichterung der Republikaner.

Patterson kramt eine Broschüre hervor, die er gerne an Handelspartner auf dem Kontinent verteilt. In ihr bewirbt er den jetzigen Sonderstatus Nordirlands, etwa dass man bei einer Investition in Nordirland freien Zugang zum britischen Markt erhält. „Es ist nicht alles schlecht.“ Und der Brexit nur eine Herausforderung von vielen. Die größte steckt seiner Meinung nach in der Perspektivlosigkeit vieler junger Menschen, die „kein Licht am Ende des Tunnels sehen“. Besonders Vertreter von Gemeinden auf Unionistenseite seien gefragt, die Kinder in Programme einzubinden und ab und an einen Ausweg aus dieser toxischen Situation anzubieten.

Streitschlichterin: "Wir brauchen Hilfe von außen, um die Segregation zu beenden"

So sieht es auch Dianne Little, Projektmanagerin und Streitschlichterin. Sie nennt es „Kindesmissbrauch“, was derzeit in Belfast und anderen Gegenden passiere. „Die Paramilitärs nutzen diese verletzlichen Kinder aus.“ Die 54-jährige Protestantin lebt im nordirischen Grenzland nahe Enniskillen. Mehr „Grüne Insel“ als hier ist kaum denkbar. Grasende Schafe und Kühe, eine Tafel, die mit der „außergewöhnlichen Schönheit“ der Gegend wirbt.

Doch der Eindruck täuscht. Die Gemeinden sind tief gespalten, auch 23 Jahre nach dem Karfreitagsabkommen. Dieses habe fast zu so etwas wie „einem negativen Frieden“ geführt, sagt Dianne Little. Die Welt wolle glauben, dass alles gut sei in Nordirland. Doch kleinste Zwischenfälle reichen aus, um zu einer Eskalation zu führen. „Nordirland ist wie ein Streichholz“, sagt Little. Sie kommt kaum noch hinterher, die oft aufflammenden Brände zu löschen. Little versucht, Begegnungen der beiden völlig separierten Gemeinden zu fördern. Im letzten Jahr brachte sie Bauern und Bürger aus beiden Lagern zur Kartoffelernte zusammen. Es sind Minischritte nach vorne, die jedoch in Wahlkampfzeiten regelmäßig zunichtegemacht werden. Dann rufen Politiker ihren Anhängern die blutige Vergangenheit ins Gedächtnis.

Die protestantische Unionistenpartei DUP und die irisch-republikanische Partei Sinn Féin stehen am äußersten Rand des Spektrums. Und werden oft nur deshalb von den Bürgern gewählt, weil die Menschen die jeweils andere Seite von der Macht fernhalten möchten. Ein Teufelskreis. „Wollen diese Parteien wirklich Frieden? Wie würden sie dann wiedergewählt werden?“, fragt Dianne Little und stöhnt auf. Innerhalb der politischen Elite arbeite man gerade so zusammen, aber was sei auf lokaler und regionaler Ebene? Sie beantwortet sich das gleich selbst: Da sei gemeindeübergreifend kaum etwas passiert, um zu versöhnen. Stattdessen besuchen bis heute 95 Prozent der Kinder Schulen, die nach Konfessionen getrennt sind. Hinzu kommen segregierter Wohnungsbau und Sport. „Es hat kaum ein Wandel stattgefunden in den letzten 23 Jahren, aber solange Kinder isoliert und getrennt sind, werden wir keinen Frieden erleben“, sagt Little.

Die einzige Lösung sieht sie in einem internationalen Eingreifen. „Wir brauchen Hilfe von außen, um die Segregation zu beenden.“

Während die Politiker von Sinn Féin mit einem Referendum über die Wiedervereinigung mit der Republik Irland in den nächsten fünf bis zehn Jahren flirten, wächst die Angst in den protestantischen Gemeinden. „Die Menschen sind nicht bereit für einen so großen Schritt, nicht bevor Integrationsarbeit stattfindet“, sagt Little mit sorgenvoller Stimme. „Der Brexit ist gar nichts, verglichen mit einem Referendum über die Wiedervereinigung Irlands.“

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