
Nach Protesten von Krankenpflegern wächst Kritik an Bundes-Pflegebonus


Exklusiv Das Klinikpersonal gehe bei bundesweiten Prämien oft leer aus, kritisieren Opposition und SPD. Gesundheitspolitiker Lauterbach fordert die Regierung deshalb zu einem „Pflegegipfel“ auf.
Nach Protesten von Krankenpflegern an mehreren deutschen Kliniken fordern SPD, Linke und Grüne eine Nachbesserung des vom Bundestag beschlossenen Pflegebonus. „Die Betroffenen empfinden es zu Recht als ungerecht, dass der Pflegebonus nicht in der Krankenpflege ankommt“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach unserer Redaktion. Lauterbach kritisierte es als Fehler, dass die vom Bundestag im Mai beschlossene gesetzliche Regelung für Prämien von bis zu 1.500 Euro auf die Altenpflege beschränkt worden sei. Der SPD-Politiker forderte von der Bundesregierung noch in diesem Jahr einen Pflegegipfel für eine grundsätzliche Reform der Bezahlung im Krankenhauswesen.
„Wir brauchen einen Pflegegipfel aus Politik und den Tarifpartnern mit dem Ziel, wie wir die Pflege im Vergleich zu anderen Berufen im Gesundheitssystem überproportional besser vergüten können“, sagte Lauterbach. „Bei dieser Gelegenheit müssen wir auch noch mal über den Pflegebonus reden“, fügte er hinzu. „Am Anfang der Pandemie herrschte breiter Konsens darüber, dass die Krankenpflege unterbezahlt ist, aber leider wurden daraus bislang keinerlei Konsequenzen gezogen“, sagte der SPD-Politiker.
Der Druck auf die Bundesregierung wächst
Das heutige Tarifgefüge spiegle weder die Bedeutung des Berufs noch die gestiegenen Anforderungen wider. „Der Abstand zwischen Ärzten und Pflegepersonal ist zu hoch“, betonte Lauterbach. Ohne bessere Bezahlung werde sich der Pflegemangel an den Kliniken verschärfen. „Gerade an der Pflege entscheidet sich, ob wir die weltweit beneidete Qualität des deustchen Gesundheitssystems auch in Zukunft aufrechterhalten können“, warnte er. „Wie müssen wir uns jetzt angesichts der Erfahrungen in der Corona-Krise ehrlich machen und uns fragen, wollen wir die Pfelge wirklich besser bezahlen oder nicht?“
Auch aus der Opposition wächst der Druck auf die Bundesregierung, die Corona-Prämie auf die Krankenpflege auszuweiten. „Man kann den Menschen nicht erklären, warum die Bundesregierung nur in der Langzeitpflege den sogenannten Pflegebonus zahlen will“, sagte die pflegepolitische Sprecherin der Grünen Kordula Schulz-Asche. „In der Pandemie sind diese Menschen einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt und riskieren ihre eigene Gesundheit, um die Gesundheit anderer Menschen zu fördern.“
Union fordert Kliniken zu Bonuszahlungen auf
Der Linke-Pflegeexperte Harald Weinberg sagte, „Enttäuschung und Ärger in der Kranken- und Behindertenpflege sind mehr als verständlich“. Er forderte warf die Prämienlösung auf alle nichtärztlichen Berufe im Gesundheitswesen auszuweiten und warf Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor, mit vollmundigen Versprechen über eine Pflege-Prämie falsche Erwartungen bei den Krankenpflegern geweckt zu haben. „Es ist ein Bärendienst für die Aufwertung der Pflegeberufe und den Kampf gegen den Fachkräftemangel, die die Minister gerne als Ziele vor sich hertragen“, kritisierte er. „Sie spalten die Berufsgruppe und stoßen den von der Prämie ausgeschlossenen Teil auf beschämende Weise vor den Kopf.“
Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Georg Nüßlein forderte dagegen die Kliniken zu Bonuszahlungen auf: „Ich würde mich freuen, wenn die Beschäftigten der Krankenhäuser, die durch Covid-19 besonders belastet waren oder sind, von ihren Arbeitgebern auch eine monetäre Anerkennung erhielten“, sagte der CSU-Gesundheitsexperte. In der Corona-Krise sei die Situation in den Klinken bislang sehr unterschiedlich. „Den Belastungsgrad können dort die Arbeitgeber am besten beurteilen“, erklärte Nüßlein.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den Podcast anzuzeigen
Hier kann mit Ihrer Einwilligung ein externer Inhalt angezeigt werden, der den redaktionellen Text ergänzt. Indem Sie den Inhalt über „Akzeptieren und anzeigen“ aktivieren, kann die Podigee GmbH Informationen auf Ihrem Gerät speichern oder abrufen und Ihre personenbezogenen Daten erheben und verarbeiten. Die Einwilligung kann jederzeit von Ihnen über den Schieberegler wieder entzogen werden. Datenschutzerklärung
Verdi-Bundesvorstand: Auch die Länder sind aufgefordert, Anerkennung zu zeigen
„Die Krankenhäuser haben im Rahmen der Corona-Schutzgesetze zusätzliche finanzielle Spielräume durch den Gesetzgeber bekommen, die sie für die Prämie nutzen können“, betonte auch Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Büchler. Sie forderte aber auch Bund und Länder auf, für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen und in Sozialeinrichtungen wie der Behindertenhilfe den steuerfreien Bonus von 1.500 Euro zu ermöglichen. „Völlig zu Recht wird erwartet, dass es nicht bei einem „Vergelt’s Gott“ bleibt, sondern dass diese besondere Anstrengung und Leistung auch entsprechend honoriert wird“, sagte sie der Zeitung. „Auch die Länder sind aufgefordert, flächendeckend ein Zeichen der Anerkennung zu setzen“, betonte Bühler. „Hier geht Schleswig-Holstein mit gutem Beispiel voran; nach allem, was bekannt ist, soll es hier eine Prämie für alle Beschäftigten geben, nicht nur für die Krankenpflege.“
Lesen Sie dazu auch:
- Verdi fordert am Augsburger Uniklinikum Corona-Bonus für alle
- Politik in der Corona-Krise: „Ludwig Erhard hätte nichts gemacht“
- Wie in der Corona-Krise ein bisschen Stoff zum Politikum wurde
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.
Die Diskussion ist geschlossen.
>> Lauterbach kritisierte es als Fehler, dass die vom Bundestag im Mai beschlossene gesetzliche Regelung für Prämien ... <<
Im Juli nun völlige Überraschung darüber, was man im Mai mit Mehrheit beschlossen hat ;-)
Die SPD mal wieder Meister im zeitgleichen Dasein als Regierungspartei und Opposition.
"Die SPD mal wieder Meister im zeitgleichen Dasein als Regierungspartei und Opposition."
Von der CSU lernen, heißt siegen lernen . . .