Die Bagger beißen wieder
Der umstrittene Abriss des Südflügels am Hauptbahnhof hat begonnen. Die Proteste gegen Stuttgart 21 bleiben friedlich.
Stuttgart Der erste Baggerbiss am Südflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs hat gestern kaum Gegner des Milliardenprojekts S21 mobilisiert. Als der 110 Tonnen schwere Abbruchbagger mit seinem 36 Meter langen Arm um 15.07 Uhr mit dem Abriss am oberen Rand des Gebäudes begann, demonstrierten an den Absperrungen weniger als 50 Menschen friedlich.
250 Polizisten hatten schon am Morgen die Straße am Südflügel gesperrt. Vor der Zufahrt zur Baustelle mussten die Beamten eine Sitzblockade auflösen und 30 Projektgegner wegtragen, 100 weitere gingen freiwillig.
Nach Angaben der Parkschützer-Initiative hatten 500 Gegner die Nacht zum Montag vor dem Südflügel ausgeharrt. Ihr Sprecher Matthias von Herrmann forderte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auf, die sinnlose Zerstörung zu stoppen. Die Bahn schaffe Fakten, bevor sie alle Genehmigungen für das Projekt beisammenhabe.
Herrmann schrieb sich gleich noch auf die Fahne, dass durch die Nachtwache die Abholzung weiterer Bäume vorerst verhindert werden konnte. Doch die Räumung des benachbarten Schlossgartens, wo 176 Bäume teils gefällt, teils versetzt werden müssen, stand am Montag noch nicht auf der Tagesordnung. Die Polizei muss für den Großeinsatz mit mehreren tausend Beamten erst in anderen Bundesländern Unterstützung organisieren. Die wahrscheinlich nächste Woche anstehende Räumung des Parks sorgt auch in der grün-roten Landesregierung für Spannung.
Als im Sommer 2010 der Abriss des Nordflügels begann, hatten die Stuttgart-21-Gegner massenhaft demonstriert und stundenlang die Innenstadt praktisch lahmgelegt. Zehntausende gingen am Abend des 25. August auf die Straße, um gegen den Abriss zu demonstrieren, das einem neuen Technikgebäude für den unterirdischen Tunnelbahnhof weichen musste. Der erste Baggerbiss war damals der Auftakt für wochenlange Massenproteste.
Architekten-Erbe scheitert vor Gericht mit Eilantrag
Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat gestern den Eilantrag eines Erben des Bahnhofsarchitekten Paul Bonatz gegen den Abriss zurückgewiesen. Der Kläger wollte erreichen, dass der Rückbau erst beginnen darf, wenn das Gesamtprojekt genehmigt ist. Die Richter sprachen dem Bonatz-Enkel die Klagebefugnis ab. Auf dem geerbten Urheberrecht lasse sich eine solche Klage nicht aufbauen. Die Richter warfen ihm außerdem vor, dass er mit dem Antrag bis zum letzten Moment wartete, obwohl seit Januar 2005 der Abriss des Südflügels genehmigt ist.
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