Egal, wo Alexander Dobrindt gerade auftaucht, angesprochen wird der CSU-Mann immer auf das gleiche Thema. Anfang der Woche zum Beispiel. Zusammen mit dem BKA-Chef präsentierte er die Zahlen zur Cyberkriminalität. Zu besprechen gäbe es da genug. Cyberangriffe aus dem Ausland beispielsweise haben zugenommen, die Regierung wird deshalb massiv nachrüsten, kündigte Dobrindt an. Trotzdem ging es am Ende wieder um die Migration, wieder um das Verwaltungsgericht in Berlin und wieder um die Frage, wie er denn nun weitermachen wolle. Der Innenminister ist in diesen Tagen zuvorderst Migrationsminister.
Vor der Wahl forderte Dobrindt einen „Knallhartkurs“
Kein anderes Kabinettsmitglied erregt in den ersten Wochen der neuen Regierung so viel Aufmerksamkeit wie Alexander Dobrindt. Er dürfte den aktuell härtesten Job der Ministerriege haben. Zuzuschreiben hat er sich das selbst. Anfang des Jahres haben vor allem CDU und CSU die Migration zum zentralen Thema des Wahlkampfs gemacht. Und hohe – teils umstrittene – Erwartungen geweckt: Friedrich Merz versprach ein faktisches Einreiseverbot von „Tag eins“ seiner Kanzlerschaft. Dobrindt forderte einen „Knallhartkurs“ in der Migration. Den muss er jetzt liefern – und zwar gegen alle Widerstände.
Der Druck also ist hoch. Seine Anhänger werden ihn an den Asylzahlen messen. Mit dem Verwaltungsgericht in Berlin haben sich aber erste Richterinnen und Richter dem Innenminister in den Weg gestellt. Doch wer Dobrindt live erlebt, bekommt unweigerlich den Eindruck, es mit einem kühlen, einem kalkulierenden Menschen zu tun zu haben. Und so wirkt er auch aktuell wenig beeindruckt, wenn er mit Kritik konfrontiert wird. Beispielsweise mit der Frage, wie viele Niederlagen vor Gericht es denn benötige, bis er einlenke. Oder ob er eigentlich in der Lage sei, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, denn immerhin berufe er sich ja in seiner Argumentation auf eine Notlage. Dobrindt bleibt gelassen.
Dobrindts Asylkurs: Wie lange spielt der Koalitionspartner SPD mit?
Unbeirrt betont der Innenminister, dass er sich im Recht sieht, und dass man das eigentlich nur ausführlicher beweisen müsse. Ob das stimmt, wird sich zeigen. Aber es gibt zumindest berechtigte Zweifel. Sein Plan, so scheint es: Erstmal weitermachen, warten, bis im Hauptsacheverfahren entschieden ist, dann im Zweifel anfechten. Und hoffen, dass man bis dahin erste Erfolge vorweisen kann. „Einfach mal machen“-Koalition hat CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann das einmal genannt. Zurückrudern kann man hinterher ja immer noch, wenn die Gerichte final entschieden haben.
Die Frage ist nur, wie lange das gut geht. Oder anders formuliert: Wie lange der Koalitionspartner SPD mitspielt. Zumal die nicht ganz unwahrscheinliche Möglichkeit im Raum steht, dass in den kommenden Tagen und Wochen andere Gerichte in ähnlichen Fällen zu ähnlichen Urteilen kommen.
Noch scheren die Sozialdemokraten nicht aus. Erste Risse sind aber erkennbar. „Selbstverständlich ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin umzusetzen“, sagt Sonja Eichwede, Rechtsexpertin der SPD und stellvertretende Fraktionsvorsitzende, unserer Redaktion. „Wir sind mit unserem Koalitionspartner darüber im Gespräch, wie sich nun die gerichtliche Entscheidung auf das Vorgehen an der Grenze auswirken muss.“ Das klingt nach Einigkeit. Was aber auch mitschwingt: So weitergehen wie bisher, kann es an der Grenze nicht. Es sei „neben dem Europarecht und dem deutschen Recht unserem humanitären Anspruch, Schutzsuchende zu unterstützen, einzuhalten“, sagt Eichwede. Den Rückhalt des Kanzlers hat Dobrindt weiterhin. Wobei auch Merz kürzlich einräumte, dass die Spielräume durch das Urteil enger seien.
Warum Dobrindt im Asylstreit gelassen bleibt
Dobrindts Ruhe speist sich vielleicht auch daraus, dass er Erfahrung hat – mit Gerichten, die sich ihm in den Weg stellen, und mit Partnern, die ihm nicht immer wohlgesonnen sind. Schon in seiner ersten Amtszeit als Minister, damals noch im Verkehrsressort, musste er ein juristisch heikles Projekt für die Union durchdrücken: die PKW-Maut. Am Ende ein teures Desaster. Öffentlich Schaden genommen hat aber vor allem Dobrindts Nachfolger im Amt, Andreas Scheuer.
Und was den Koalitionspartner angeht: Dass Dobrindt auch politisch Andersdenkende auf seine Seite ziehen kann, hat er schon vor Beginn seiner Amtszeit bewiesen. Er verhandelte mit den Grünen über das Schuldenpaket, als die bereit schienen, die Abstimmung scheitern zu lassen. Mit den Sozialdemokraten soll er die Koalitionsverhandlungen gerettet haben, als die kurz vor dem Aus standen. Und mit den Linken soll Dobrindt sich geeinigt haben, als es darum ging, einen zweiten Wahlgang für Friedrich Merz zu ermöglichen.
„Ein Alexander Dobrindt scheitert nicht“, hat sein Ex-Chef Horst Seehofer mal über den heutigen Innenminister gesagt. Für Friedrich Merz und die Union klingt das wie ein beruhigendes Credo angesichts des Drucks. Für Dobrindts Kritiker wohl eher wie eine Drohung.
Dobrindt muss es wieder mal durchdrücken. Dabei steht ihm vor allem Söder auf den Fersen. Die Ähnlichkeit mit dem Mautdebakel ist jedenfalls vorhanden. Offensichtlich ist nicht nur das Verwaltungsgericht Berlin sondern auch viele Experten andrer Meinung wie Dobrindt. Das größte und von den meisten übersehene Problem ist die Rechtssicherheit. Diese kann Innenminister Dobrindt für die Polizisten an den Grenzen bisher leider nicht garantieren.
Dieser "Knallhartkurs" von Dobrindt ist der Angst vor dem Erstar- ken der AfD geschuldet. Dass er europäisches Recht bricht, schert sowohl Dobrindt wie auch Söder und auch Kanzler Merz nicht. Und dass dieser Kurs bei verschiedenen Nachbarländern aneckt, stört diese Herren ebenfalls nicht.
Karl Brenner Herr Dietrich, ich mag den Dobrinth nicht, weil er zu den Politikern gehört, der mit Hetze und Halbwahrheiten die vergangene Regierung diffamierte. Allderdings finde ich es durchaus logisch, nun endlich mal dahin zu kommen, höchstrichterlich zu klären, wer nun europäisches Recht bricht - die Staaten, die Asylsuchende trotz Dublinregelung ohne Registrierung in Nachbarländer durchziehen lassen, oder jene, die sich gegen diese Praxis wehren, indem sie Asylsuchende nach Übertritt der Grenze eben nicht registrieren, um anschließend erst feststellen zu dürfen, ob sie in das Nachbarland zurückgewiesen werden können, sondern sie erst gar nicht einreisen lassen. Ich finde die Rechtslage etwas widersprüchlich. Außerdem scheinen andere Nachbarstaaten wie z.B. Dänemark oder Österreich auch keine besonderen Skrupel zu haben, Asylanten vor der Einreise abzuschrecken, sodass sie lieber die BRD als Ziel nehmen. Ich kann deshalb Dobrinths Strategie schon nachvollziehen.
Wer immer mit dem Kopf durch die Tür will holt sich ziemlich schnell einen blutigen Kopf.
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