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Ausreise durch Militär: Bundeswehr fliegt Deutsche aus Israel aus

Krieg in Nahost

Bundeswehr fliegt Deutsche aus – und lässt viele andere frustriert zurück

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    Ein Airbus A400M der Deutschen Luftwaffe rollt von der Landebahn am Flughafen Köln/Bonn an Frachtflugzeugen vorbei zum militärischen Bereich des Flughafens. Dies ist die erste von zwei Maschinen mit 64 deutschen Israel-Rückkehrern. Die Bundeswehr hat damit erstmals seit Beginn des Krieges zwischen Israel und dem Iran deutsche Staatsbürger direkt aus Israel ausgeflogen.
    Ein Airbus A400M der Deutschen Luftwaffe rollt von der Landebahn am Flughafen Köln/Bonn an Frachtflugzeugen vorbei zum militärischen Bereich des Flughafens. Dies ist die erste von zwei Maschinen mit 64 deutschen Israel-Rückkehrern. Die Bundeswehr hat damit erstmals seit Beginn des Krieges zwischen Israel und dem Iran deutsche Staatsbürger direkt aus Israel ausgeflogen. Foto: Thomas Banneyer, dpa

    Tagelang habe sie hin- und herüberlegt: in Israel bleiben trotz iranischer Raketen, oder die Ausreise über den Landweg wagen? Naja Schultz, 32, lebt in Tel Aviv, sie ist mit einem Israeli verheiratet, die beiden haben eine fast dreijährige Tochter. Seitdem Israel am 13. Juni seinen Großangriff auf das iranische Atomprogramm begann, musste Naja Schultz mit Mann, Kind und Hund immer wieder in den Bunker ihres Wohngebäudes rennen. „Nach ein paar Tagen hat meine Tochter gesagt, dass sie Bauchschmerzen hat“, erzählt sie am Telefon. „Da war für mich die Sache klar.“

    Zusammen mit einer Freundin und deren zwei Kindern nahm Schultz letzten Dienstag ein Taxi bis zur ägyptischen Grenze. „Noch nie war ich vor einer Reise so aufgeregt“: Sie fürchtete, während der langen Fahrt durch Israels Süden von Raketenalarm überrascht zu werden, ohne den Schutz eines nahen Bunkers. Auch die Fahrt von der Grenze bis zum Flughafen im ägyptischen Scharm El-Scheich machte ihr Sorgen: Ihre kleine Tochter hat nur einen israelischen Pass; vielen Ägyptern gilt Israel als Feindesland.

    Nach der Reise: Enttäuschendes Verhalten von deutschen Behörden

    Am Ende ging alles glatt, die beiden sind nun in Köln. Eines ärgert die Mutter jedoch: Sie hätte mehr Unterstützung von deutschen Behörden erwartet. Deren Verhalten fand sie „super enttäuschend“.

    Am Freitag flogen zwei Bundeswehrmaschinen erstmals seit Beginn des Krieges Deutsche aus Israel aus, insgesamt 64 Personen. „Die Flüge wurden kurzfristig in enger Abstimmung mit den israelischen Behörden durchgeführt und richteten sich vor allem an Familien mit Kindern und andere vulnerable Personen“, hieß es in einer Mitteilung des Auswärtigen Amts. Auf den sozialen Medien wurde die Meldung von Nutzern begrüßt: „Danke an die Jungs von der Luftwaffe“, schrieb einer von ihnen.

    Unter vielen Deutschen in Israel dagegen sorgt die Aktion für Unmut: Viele Ausreisewillige wurden eigenen Angaben zufolge erst im Nachhinein informiert – darunter auch Mütter mit kleinen Kindern wie Naja Schultz. Zudem legt ein SPIEGEL-Bericht den Schluss nah, dass etliche Plätze leer geblieben sind: Demnach hätte es 120 Sitze gegeben – pro Flugzeug.

    Auswärtiges Amt informiert Deutsche über Ausreisemöglichkeit

    Gut 4000 deutsche Staatsbürger, die in Israel leben, haben sich nach Angaben des Auswärtigen Amts in der sogenannten ELEFAND-Liste registriert, einer Plattform, die das Amt in Krisenfällen zur Kommunikation nutzt. „Alle Deutschen in Israel, die in ELEFAND angegeben haben, dass sie ausreisen möchten, wurden direkt informiert“, hieß es am Samstag in einer Mitteilung des Amts mit Blick auf die Bundeswehrflüge.

    Am Tag zuvor dagegen hatte die deutsche Botschaft in Israel per E-Mail an Deutsche in Israel geschrieben: „Leider war es uns aufgrund der sehr kurzen Vorlaufzeit nicht möglich, alle ausreisewilligen Deutschen in Israel zu kontaktieren und eine Mitreise auf diesen kostenpflichtigen Flügen anzubieten, was wir sehr bedauern.“

    Zusätzlich zu den Bundeswehrflügen hatte das Auswärtige Amt diese Woche zwei Sonderflüge von der jordanischen Hauptstadt Amman aus organisiert, die dem Amt zufolge 345 Personen genutzt hatten. Für Samstag war ein weiterer Flug geplant. Viele Deutsche schrecken allerdings vor der Reise nach Amman zurück. „Der Landweg nach Jordanien ist möglich. Er ist natürlich gefährlich; darauf weisen wir auch hin“, sagte denn auch ein Vertreter des Auswärtigen Amts diese Woche bei einer Pressekonferenz.

    40-jährige Deutsche: Warum keine Ausreise nach Jordanien?

    Eine Ausreise über Jordanien und Ägypten sei ihr nicht sicher genug, sagt denn auch eine 40-jährige Deutsche, die ungenannt bleiben möchte. Sie lebt in einem Vorort Tel Avivs, ist mit einem Israeli verheiratet und hat zwei Söhne, vier und fünfzehn Jahre alt. Weil ihr eigenes Gebäude keinen Bunker hat, verbringt sie mit ihrer Familie die Nächte derzeit bei den Schwiegereltern. Sie äußert Verständnis darüber, dass das Auswärtige Amt die Flüge nur kurzfristig organisieren konnte. „Ich verstehe aber nicht, warum die Bundesregierung keinen Transport nach Jordanien organisiert.“ Polen und Tschechien etwa haben Berichten zufolge Staatsbürger mit Bussen in Nachbarländer gebracht. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es dazu, organisierte Konvois seien wegen der Sicherheitslage derzeit keine Option.

    Zur komplizierten Realität in Israel gehört allerdings auch: Längst nicht alle Deutschen dort wollen das Land verlassen. „Israel ist mein Zuhause mit allem, was dazu gehört“, sagt die 38-jährige Anna-Maria Meier, die in Tel Aviv eine deutschsprachige Kita führt. „Für mich ist klar, dass ich nicht nur hier bin in den Zeiten, wo es schön ist, mit Mittelmeer und Strand, sondern dass die schwierigen Zeiten dazugehören. Ich habe hier auch ein gewisses Sicherheitsgefühl, einen guten Bunker – und auch ein Stück Gottvertrauen. Ich verstehe jeden, der ausreisen will. Aber für mich kommt es nicht in Frage: Mein Leben ist einfach hier.“

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    1 Kommentar
    Rainer Kraus

    Man muss da schon ein wenig mutiger sein und Gottvertrauen haben, denn wie geht's erst den unschuldigen Zivilisten in Teheran, die keine Möglichkeit zu Flucht haben?

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