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Bundeshaushalt: Nicht alle sind zufrieden: Klingbeils teurer Einstand

Bundeshaushalt

Nicht alle sind zufrieden: Klingbeils teurer Einstand

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    Bundesfinanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) stellte am Dienstag den Haushaltsentwurf für 2025 sowie die Finanzplanung für die kommenden Jahre vor.
    Bundesfinanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) stellte am Dienstag den Haushaltsentwurf für 2025 sowie die Finanzplanung für die kommenden Jahre vor. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Erst seit 49 Tagen ist Lars Klingbeil Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland. 49 Tage, in denen er gemeinsam mit seinem Ministerium einen Etat für das bereits laufende Jahr 2025 erarbeiten musste. Der ließ seit dem Scheitern der Ampel-Regierung nämlich auf sich warten. Als der Vizekanzler seinen ersten vom Kabinett beschlossenen Haushaltsentwurf vorstellt, ist es gleichzeitig auch sein allererster Auftritt vor der blauen Wand der Bundespressekonferenz, wie er sagt.

    An Medienerfahrung mangelt es Klingbeil deshalb aber nicht. Der SPD-Politiker tritt souverän und selbstbewusst auf und weiß sich klar auszudrücken. Sagt nur einmal versehentlich „Projekte umbringen“ statt „Projekte einbringen“ – ein Freudscher Versprecher, über den er gemeinsam mit dem journalistischen Publikum lachen kann. Es ist ein willkommener kurzer Moment der Heiterkeit, inmitten des zahlengeladenen Austauschs. Denn der hat es in sich.

    503 Milliarden Euro sollen die Ausgaben im Bundeshaushalt 2025 umfassen – eine Steigerung um 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreshaushalt, der selbst bereits enormes Volumen hatte. Zusätzlich bringt der Finanzminister ein 500 Milliarden schweres „Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität“ auf den Weg. Das Geld fließt in Tranchen, in diesem Jahr will Schwarz-Rot noch Investitionen in Höhe von 115,7 Milliarden Euro tätigen. Investiert werden soll etwa in die Bahn, in den Wohnungsbau und in die Sicherheit. Allein der Verteidigungsetat beläuft sich in diesem Jahr voraussichtlich auf 62,4 Milliarden Euro.

    Klingbeil will „massive“ Anreize für private Investitionen setzen

    Schwarz-Rot will Steuern für Unternehmen senken, um Investitionsanreize zu setzen. Die Steuermindereinnahmen von geschätzt 45 Milliarden Euro gehen jedoch auch zulasten von Ländern und Kommunen. Sie bekommen nun einen Ausgleich: Städten und Gemeinden wird übergangsweise ein höherer Anteil an der Umsatzsteuer überwiesen. Die Länder bekommen Milliardenspritzen, die den Verlust zumindest teilweise ausgleichen.

    Der thüringische Ministerpräsident Mario Voigt lobte die Einigung als „ein starkes Signal“ für die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen. „Dass Städte und Gemeinden die Einnahmeausfälle durch den Investitionsbooster vollständig kompensiert bekommen, ist entscheidend – denn vor Ort erleben die Menschen Politik“, sagte der CDU-Politiker unserer Redaktion. Gut sei auch, dass das Bundesgeld vor allem in Kitas, Schulen, Hochschulen sowie in die Modernisierung von Krankenhäusern fließe.

    Um die Kosten zu stemmen, macht der Staat neue Schulden in Höhe von 81,8 Milliarden Euro. Und die sollen in den kommenden Jahren noch weiter ansteigen: auf 115,7 Milliarden Euro im Jahr 2028 und 126,1 Milliarden Euro im Jahr 2029. Möglich ist das nur aufgrund der gelockerten Schuldenbremse, die SPD und Union mithilfe der Grünen im März mit einer Grundgesetzänderung beschlossen hatten.

    Gesundheitsministerin Warken ist mit dem Entwurf unzufrieden

    Die Ministerien hatten sich für das laufende Haushaltsjahr etwa 47 Milliarden Euro mehr Budget gewünscht. Die nächsten Wochen werden zeigen, wie viel von der Harmonie übrigbleibt. Denn jetzt muss der Etat erst einmal durch Bundesrat und Bundestag. Änderungen deuten sich jetzt schon an, das legen unter anderem Äußerungen von Gesundheitsministerin Nina Warken nahe. Es sei, erklärte die CDU-Politikerin, der Bundesregierung gelungen, sich auf einen Haushaltsentwurf zu einigen. „Trotzdem ist uns bewusst, dass dieser Haushaltsentwurf nicht das letzte Wort sein kann“, erklärte Warken gleichzeitig und betonte, sie setze dabei „aufs parlamentarische Verfahren“. Die Ministerin will vor allem mehr Geld für die Kranken- und Pflegeversicherung haben, um Beitragssatzerhöhungen zu vermeiden.

    Die Grünen werfen Klingbeil vor, mit seinem Haushaltsentwurf Absprachen gebrochen zu haben. Friedrich Merz und Klingbeil hätten versprochen, dass jeder Euro aus dem Schuldenfonds in neue Investitionen für die Infrastruktur gehe, sagte Grünen-Chefin Franziska Brantner im Deutschlandfunk. „Und nach den ersten Infos, die wir haben, sehen wir klar: Hier wird Wort gebrochen“, kritisierte sie. „Da ist wirklich viel Haushaltstrickserei statt Zukunftsinvestition.“ Die Investitionen seien nicht so groß, wie die Schuldenaufnahme – es blieben Milliarden, „die nicht in die Kitas, die Schulen und die Deutsche Bahn fließen“.

    In den kommenden Jahreri werde die Regierung, erklärte Klingbeil, noch harte Entscheidungen treffen müssen. Denn ab 2027 weist die Finanzplanung erhebliche Löcher auf, allein bis 2029 sind 144 Milliarden Euro offen. „Das hat natürlich damit zu tun, dass wir die Rücklagen aufgebraucht haben, dass wir einsteigen in die Tilgung“, erklärte Klingbeil. „Das ist eine große Belastung für den Bundeshaushalt, aber das sind die Dinge, die wir politisch verabredet haben.“

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    2 Kommentare
    Willi Dietrich

    Ob Klingbeil den SPD-Parteitag unbeschädigt übersteht oder als SPD-Vorsitzender Pistorius weichen muss, werden wir sehen. Er lobt Söder und setzt sich für dessen Wahlgeschenke Mütterrente, Agrardiesel und reduzierte Mehrwertsteuer für Restaurants ein. Er setzt die wirtschaftlichen Ziele von Kanzler Merz den seinen gleich und lässt SPD-Forderungen wie den 15-Euro-Mindestlohn an sich abrallen. In seinem Auftreten wirkt er ähnlich lahm wie Scholz. Dass sich die Bundestagsabgeordneten eine saftige Diäten- erhöhung gestattet haben, zeigt, wie abgehoben diese gegen- über dem Kleinverdiener und Kleinrentner sind.

    Wolfgang Boeldt

    Der Staat zahlt z. Zt. knappe 40 Milliarden € Zinsen für seine Schulden. Diese Zahl könnte in den nächsten Jahre noch steigen. Man muß schon ein großer Optimist sein, um hier noch einen vernünftigen RoI zu sehen. Jeder kann seine Schlußfolgerungen persönlich für sich selbst ziehen.

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