Vom blassen Funktionär zum Gewissen der Nation: Frank-Walter Steinmeier im Porträt
Auf dem Fußballplatz nannten sie ihn "Prickel", Schröder machte ihn zu seiner rechten Hand. Steinmeier wurde heute mit einer breiten Mehrheit im Amt bestätigt.
Vor fünf Jahren, Frank-Walter Steinmeier ist gerade frisch zum Bundespräsidenten gewählt, da sagt er: "Lasst uns mutig sein, dann ist mir um die Zukunft nicht bange." Welche Herausforderungen diese Zukunft dem Land und damit auch seinem höchsten politischen Würdenträger bringen wird, kann er da nicht ahnen. Niemand rechnet damit, dass drei Jahre darauf ein Virus auf den Plan tritt, das viele Menschenleben kostet, das gesellschaftliche Leben völlig auf den Kopf stellt und schließlich auch das Vertrauen zwischen Bürgern und Staat in seinen Grundfesten erschüttert. Steinmeier, dem lange der Ruf des eher langweiligen Leisetreters anhaftet, wandelt sich zum Kämpfer gegen eine drohende Spaltung der Gesellschaft, der die "stille Mitte" eindringlich auffordert, lauter zu werden, und denen, die Hass und Gewalt auf die Straßen tragen, die Stirn zu bieten.
Welche Verachtung gegen Andersdenkende sich teils bei Demonstrationen oder sogenannten "Spaziergängen" der Gegner der Corona-Maßnahmen Bahn bricht, das erfüllt den 66-Jährigen mit tiefer Sorge. Wo rechtsextreme Kräfte versuchen, die Pandemie für ihre Zwecke zu instrumentalisieren, fordert er die ganze Härte des Rechtsstaats. Doch er schert nicht alle, die bei den "Querdenker-Demos" mitlaufen, über einen Kamm. Dass er Ängste ernst nimmt, Impfskeptikern geduldig zuhört, bringt ihm auch Kritik ein.
Steinmeier hat Wandel vom grauen Funktionär zur geachteten Instanz vollzogen
Steinmeier mahnt unablässig zum Dialog und versucht, den vielen Bürgerinnen und Bürgern abhanden gekommenen Optimismus zu stärken. "Wir leben im besten Deutschland, das es jemals gegeben hat", sagt Steinmeier etwa 2020 anlässlich des 30. Jahrestags der Deutschen Einheit. In fünf Jahren und besonders zuletzt ist es dem Ausbund staatstragender Seriosität gelungen, was viele ihm zuvor kaum zugetraut hätten: Er hat den Wandel vom grauen Funktionär zur weißhaarigen, hochgeachteten Instanz vollzogen, ist streitbarer Verteidiger der Demokratie und mutiger Kämpfer gegen gesellschaftliche Spaltung geworden.
Aus Brakelsiek in Nordrhein-Westfalen ins Schloss Bellevue
Dass der Bundespräsident nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass er aus einfachen Verhältnissen stammt, kommt an bei den Menschen im Land, quer durch alle sozialen Schichten. Steinmeier verkörpert das alte sozialdemokratische Versprechen des Aufstiegs durch Bildung. Der Sohn eines Tischlers und einer Fabrikarbeiterin wächst im 1000-Einwohner-Dorf Brakelsiek im ländlich geprägten Lipper Bergland in Nordrhein-Westfalen auf. Er kickt beim örtlichen TuS 08, seine Vereinskameraden verpassen ihm den Spitznamen "Prickel".
Er ist der Erste seiner Familie, der das Gymnasium besucht. Anschließend absolviert er bei der Luftwaffe den Wehrdienst, danach studiert er Jura. 1991 tritt er zunächst als Medienreferent in die niedersächsische Staatskanzlei ein. Dort wird der Hausherr schnell auf den jungen Beamten aufmerksam, der als Student dem SPD-Nachwuchs beigetreten war. Ministerpräsident Gerhard Schröder macht Steinmeier zu seinem Büroleiter und nimmt ihn mit nach Berlin, als er 1998 Bundeskanzler wird. Als Schröders Kanzleramtsminister und engster Vertrauter ist Steinmeier entscheidend an den Hartz-IV-Reformen beteiligt, die in der SPD vielen bis heute als Sündenfall gelten.
Angela Merkel als Steinmeiers Gegnerin und Vertraute
Als Schröder 2005 nach verlorener Vertrauensfrage Neuwahlen ausruft, die seine SPD knapp verliert, scheint auch die Karriere Steinmeiers an ihr vorläufiges Ende gekommen zu sein. Doch die SPD tritt einer Großen Koalition unter Angela Merkel bei und Steinmeier wird Bundesaußenminister. Auch zu Merkel entwickelt er ein enges Vertrauensverhältnis, was ihn aber nicht hindert, 2009 gegen sie anzutreten. Mit ihm als Spitzenkandidat holt die SPD mit 23 Prozent ihr bis dato schlechtestes Bundestagswahlergebnis. Die Union regiert mit der FDP weiter.
Als SPD-Fraktionschef und damit Oppositionsführer bleibt Steinmeier eher blass, wie zuvor im Wahlkampf zeigt sich, dass die Attacke ihm weniger liegt als die leisen, versöhnlichen Töne. Als es nach der Bundestagswahl 2013 erneut zur Großen Koalition kommt, kehrt Steinmeier zurück. Abermals wird er Merkels Außenminister und bleibt es, bis er Anfang 2017, kurz vor seiner Wahl zum Bundespräsidenten, zugunsten von Sigmar Gabriel zurücktritt. Steinmeier wird am 22. März 2017 als Nachfolger von Joachim Gauck im formal ranghöchsten politischen Amt der Republik vereidigt.
Steinmeier als Wegbereiter der Großen Koalition
Schon kurze Zeit später ist sein Geschick als Vermittler, Brückenbauer und Versöhner gefragt. Nach der Bundestagswahl im Herbst 2017 platzen die Träume von einer Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP. Steinmeier gemahnt die widerstrebende SPD an ihre staatspolitische Verantwortung und drängt sie sanft, aber bestimmt, in eine abermalige Große Koalition. Die ist nun Geschichte, Olaf Scholz ist als SPD-Bundeskanzler in die Fußstapfen des Steinmeier-Entdeckers Gerhard Schröder getreten. Schon zuvor, im vergangenen Mai, signalisiert Steinmeier, dass er eine zweite Amtszeit anstrebt. Der Sieg der SPD bei der Bundestagswahl aber mehrt die Fragezeichen hinter seiner Wiederwahl zunächst eher.
Das ehrwürdige Amt des Bundespräsidenten ist in Koalitionsgesprächen nämlich immer wieder schnöder Teil der Verhandlungsmasse. Und die Grünen konnten sich eine der ihren, Katrin Göring-Eckardt etwa, gut als erste Frau im Schloss Bellevue vorstellen. Doch die FDP pochte auf Steinmeier, die grünen Träume platzten. Selbst die unsanft in der Opposition gelandete Union sprach sich für den Mann aus, den viele in CDU und CSU als verlässlichen Partner aus großkoalitionären Zeiten schätzen. Die Gegenkandidatin Stephanie Gebauer, nominiert von den Freien Wählern, Gerhard Trabert (Linkspartei) und Max Otte, umstrittener CDU-Mann auf AfD-Ticket, waren ohne Chance. Steinmeier wurde heute mit einer breiten Mehrheit im Amt bestätigt.
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Die frage stellt sich, brauchen wir eine Monarchie oder Bundespräsidenten. Beide tragen keine Verantwortung und leben auf Kosten der Steuerzahler. Mein Vorschlag das Schloss Bellevue an das Volk als Museum zurück zu geben und den Posten abschaffen.
Frank-Walter Steinmeier einst Sekretär unter Schröder und jetzt alternativloser Bundespräsident über dem Rest. Noch fragen "Deutscher Michl"?
Steinmeier ist nicht mein Präsident und er hätte es - nehmen wir mal die Kriterien, die man an Wulff anlegte und wegen derer dieser aus dem Amt geschrieben wurde - niemals werden dürfen.
Erinnern wir uns bitte an das Schäbigste was ein Mensch/Politiker tun kann: Einen anderen, den er aus einer unmenschlichen Folterhaft herausholen könnte, dort belassen, weil es politisch opportun ist. Das hat Steinmeier auf dem Kerbholz und wie man ihm das so einfach nachsehen kann, werde ich nie verstehen.
Ja, wenn die Präsidentengattin sich Kleider ausleiht, der Präsident sich hat einst ein Handy hat sponsern lassen oder gar ein Bobbycar für seinen Sohn angenommen, dann überschlägt sich das Volk von der Presse angeheizt vor Empörung. Wenn man einen Unschuldigen ohne Anklage Guantanamo aussetzt und das Angebot der Amis, ihn nach Deutschland zu überstellen ausschlägt, dann ist das natürlich eine lässlich Sünde...
Ein moralisches Vorbild kann so ein Politiker niemals sein.
https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/anwalt-bernhard-docke-steinmeier-wollte-kurnaz-nicht-aus-guantanamo-holen-14872950.html
Die Saudis lassen Menschen zerstückeln und Kindern die Hand wegmachen, nur weil sie einen Apfel geklaut haben.
Die Chinesen lassen 100.000-ende von Menschen "umerziehen" und einsperren.
Die Russen lassen Menschen vergiften.
Die USA lassen mit Drohnen Menschen "eliminieren", auch wenn dabei Unschuldige drauf gehen.
Viele Länder lassen ermorden, wegsperren, unterdrücken und und und.
Wer Politik macht, macht sich die Hände schmutzig.
Ich finde Steinmeier nicht schlecht. Er versucht auszugleichen, nicht zu hetzen. Aber derzeit stehen halt die Hetzer bei manchen sehr hoch im Kurs.
Na ja, hochgeachtet. Ich kann mit ihm überhaupt nichts anfangen. Inhaltlich hat er bislang überhaupt nichts Neues beigesteuert, durch seine Art und offensichtliche Parteilichkeit eher gespalten als versöhnt und zudem durch übertriebene Vergangenheitsbewältigung genervt. Möglicherweise will er hier - mangels eigener Ideen - Weizsäcker kopieren und übertreffen.
Genau so sehe ich es auch. Die Lobhudelei ist mir völlig unverständlich.
Sie nennen das richtige Stichwort: "übertriebene Vergangenheitsbewältigung". Manchmal ist er noch schlimmer wie seinerzeit H. Galinski.
Übertrieben Vergangenheitsbewältigung????
Hier sieht man wieder deutlich, dass nichts bewältigt wurde. Das nun über 90-jährige erst nach über 70 Jahren vor Gericht gestellt werden, dass NS-Kriegsvebrecher unbehelligt jahrzehntelang in der BRD leben und teils üppige Pensionen bezogen haben, zeigt, dass nichts bewältigt wurde. Kriegsverbecher und Massenmörder vorzeitig entlassen wurden oder als Mitläufer "entlastet" wurden.
Und das ganze Gejammere von "Schuldkult" kann ich auch nicht mehr hören. Schuld trage ich und meine Kinder nicht. Wir sind weit nach den ganzen Verbrechen geboren. Und somit nicht für diese Verbrechen verantwortlich. Wir sind aber verantwortlich das unser Name nicht mehr für solche Verbrechen missbraucht wird.
Die über den "Schuldkult" jammern, sie die, die sich wegen diesen Verbrechen und ihrer Gesinnung ertappt fühlen!!!!
An die beiden Wolfgang B: Da haben wohl welche Probleme damit zu akzeptieren, dass die Nazideutschen richtig scheiße gemacht haben.
Viele Deutsche stehen dazu, darauf können wir stolz sein. Nur wer das Vergangene erkennt kann daraus Konsequenzen ziehen.
Aber manchen ist halt das dumpfe völkische Denken lieber. Hoffen wir, dass die nie wieder an die Macht kommen.