Bevor wir zum „aber“ kommen, eines vorweg: Dies ist kein Plädoyer gegen die Dienstpflicht. Ganz im Gegenteil. Es gab immer schon gute Gründe dafür. Spätestens durch den Krieg in der Ukraine haben diese erheblich an Gewicht gewonnen. Seit amerikanische Sicherheitsgarantien wegzufallen drohen, gibt es eigentlich keine Alternative mehr zu einem Wehrdienst.
Denn Geld allein reicht nicht, um Russland glaubhaft abzuschrecken. Die Bundeswehr braucht Truppen. In Zahlen ausgedrückt: 460.000 aktive Soldaten und Reservisten, wie Carsten Breuer, Generalinspekteur der Bundeswehr, kürzlich sagte. Derzeit liegt die Zahl bei 180.000. Mit Freiwilligkeit ist das nicht aufzuholen. Schon gar nicht innerhalb der kurzen Zeit, die zum Aufbau bleibt.
Teure Wahlgeschenke gibt es vor allem für ältere Generationen
Union und SPD wollen deshalb eine Form des Wehrdienstes, wenn auch in unterschiedlich ausgeprägter Form. Das ist grundsätzlich richtig.
Doch nun zum „aber“. Die Art und Weise, wie diese Debatte geführt wird, ist eine einzige Dreistigkeit gegenüber jungen Menschen. Union und SPD haben ihnen so gut wie nichts anzubieten. Teure Wahlgeschenke gibt es vor allem für ältere Generationen – zum Beispiel in Form der Mütterrente. Wie diese Altersvorsorge aber auch in Zukunft gelingen kann, dafür fehlen Vorschläge. Stattdessen bekommen die nächsten Generationen vor allem eines: Rekordschulden. Auch für den Klimaschutz zeigen weder Union noch SPD besonders viel Enthusiasmus.
Gleichzeitig verfügt die Politik über das Leben junger Menschen, als wäre es eine Ressource, mit der man die eigenen Versäumnisse kaschieren kann. Besonders krass zeigte sich das in der Pandemie. Während das öffentliche Leben zum Teil längst schon wieder hochgefahren war, blieben Schulen geschlossen, Sportvereine auch, zeitweise sogar Spielplätze. Den jungen Menschen wurde ein Teil ihrer Jugend genommen – mit Verweis auf die Solidarität mit den älteren.
Kurz danach forderte dann der Bundespräsident, man solle den Zivildienst wieder einführen. Seine Begründung: Während der Pandemie hätte der Zusammenhalt gelitten. Der Dank für die Solidarität der Jungen war die Aufforderung zu mehr Solidarität. Das war respektlos. Und leider schwingt das auch mit, wenn Union und SPD jetzt eine neue Wehrpflicht einführen wollen. Statt sich den strukturellen Problemen zu stellen, wegen derer Nachwuchs in sozialen Berufen und dem Militär fehlt, verpflichtet man junge Menschen einfach dazu.
Das alles ändert nichts daran, dass Deutschland verteidigungsfähig werden muss
Die Jugendlichen durchschauen das. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung sagen 63 Prozent von ihnen, die Politik nehme ihre die Sorgen nicht ernst. Gehört fühlen sich nur acht Prozent. Und dann wundert man sich, wenn die Jugend zunehmend extreme Parteien wählt. Der Befund: Da entfremdet sich eine Generation von der politischen Mitte. Und die Mitte befeuert das auch noch.
Nur, und damit sind wir wieder beim Anfang: Das alles ändert nichts daran, dass Deutschland verteidigungsfähig werden muss. Was also tun?
Man kann den Jugendlichen entgegenkommen. Einmal bei der Dienstpflicht selbst. Zum Beispiel könnte man die an Anreize knüpfen, wie einem Zuschuss zum Führerschein, höhere Bafög-Sätze oder zumindest Rabatte bei der Rückzahlung. Und etwas breiter gedacht: Der Koalitionsvertrag von Union und SPD muss auch die Sorgen und Nöte der Jugendlichen berücksichtigen. Nicht nur die der eigenen Wählerinnen und Wähler. Wenn man will, dass junge Menschen unser Land verteidigen, dann sollte man sie auch mit dem nötigen Respekt behandeln.
Ich werde nicht ganz schlau, was der Artikel sagen will. Wehrpflicht ja, aber nur mit Geschenken ? Und natuerlich ist nicht nur der Wehrdienst, sondern auch der Zivildienst gemeint. Das braucht der Bundespraesident nicht extra fordern. Sonst koennte es ja nicht gerecht zugehen, wenn das Recht zur Verweigerung des Dienste mit der Waffe weiter bestehen soll. Und von wegen wir hinterlassen unseren Nachfahren einen Berg Schulden: 1. Ist das in Deutschland weniger als in den meisten anderen Industrienationen. 2. Weiss jeder Unternehmer: wenn er notwendige Investitionen unterlaesst, dann wird es am Ende noch teurer. Egal, ob Reparaturen oder Neues ansteht, das ist ja auch zum Nutzen der naechsten Generationen. Aber es wird hoechste Zeit, dass Dinge wie Infrastruktur, Schulen u.v.a. aus den laufenden Haushalten statt neuer Schulden gestemmt werden.
Sie sind auf der richtigen Spur, aber die Puzzleteile gehören anders zusammengesetzt: Weil D nicht rechtzeitig sinnvollen Maßnahmen getroffen und keine Schulden zur rechten Zeit gemacht hat, wird es jetzt zigfach teurer zu Lasten der kommenden Generationen. Es werden nicht die bezahlen müssen, die das vorher Geschaffene ambitioniert verlebt haben und jetzt immer noch zu wissen glauben, was getan werden müsste. Niedriger Schuldenstand bei intakter Infrastruktur hätte ein Fleißbildchen gegeben. Aber so zeigt es nur das Versagen in der Vergangenheit.
Ich schätze mal wenn man evtl. Wehrpflichtigen anbieten würde den Führerschein beim Bund machen zu können gäbe es genügend Zulauf, denn bei den derzeitigen Preisen wäre das ein sehr gutes Angebot.
Frage: Wurde denn meine Generation Jahrgang 1946, gefragt ob wir Wehrdienst machen wollen? Auch da hat es schon die Möglichkeit gegeben dafür glaube ich statt 18 Monate wie ich, beim THW 3 Jahre lang jeden Samstag (wenn ich mich nicht irre) Übungen mit zu machen. Selbstverständlich ging ich am 1. Januar 1968, zum Bund und wurde dann als Obergefreiter der Reserve in der Kronprinz-Rupprecht-Kaserne in München entlassen. Wo ich auch den 2er und Anhänger-Führerschein kostenlos machen konnte. Und somit unter Umständen, dadurch ein 2. Standbein als Kraftfahrer hätte, was ich jedoch nie in Ansprucch nehmen musste. Eine Reserve-Übung musste ich wegen meinen damals bereits angeschlagenen Knien nicht machen. Und die 18 Monate bei geringem Sold von zuerst 78 dann glaube ich 89 DM, hat niemanden geschadet, man musste eben Haushalten. Ich kann also über das heutige Gejammer nur lachen. Hoffentlich kommt die allgemeine Wehrpflicht für Mann und Frau wieder zurück die der Graf v.u.zu beerdigt hat.
Ja, das dauernde Berieseln in TV und Radio wirkt. Plötzlich sind anscheinend mehr Menschen für Krieg als für den Frieden. Warum denn eigentlich? Die Behauptung, dass der russische Präsident nach der Ukraine auch gegen irgendeinen NATO-Staat Krieg führen will ist doch Hirnrissig, da das Kräfteverhältnis eindeutig auf Seite der NATO ist. Rüstungsausgaben ungefähr 9:1, ohne USA immer noch 430 Mrd : 300 Mrd. Also, was soll die Angstmacherei. Fangt endlich an Verhandlungen zu führen, dann bleiben wir vom nächsten Krieg verschont. Und glaubt nicht alles, was man euch weis machen will. Und rennt den Kriegsgeilen nicht hinter her. Sonst werdet ihr in einem Alptraum aufwachen. Und dann werdet ihr wissen, dass Krieg kein (Computer)spiel ist. In einer Zeit, in der die Infrastruktur am Boden liegt, die Schulen marode sind, brauchen wir gewiss kein Militär und keinen Krieg, der nicht nur horrende Summen und u.U. auch das Leben kostet. Habt den Mut euch eures eigenen Verständes zu bedienen.
Der Kommentar hat in vielen Punkten recht. Ich kann die junge Generation in ihrem Frust völlig verstehen. Viele Probleme wurden von den älteren Generationen wenn überhaupt nur halbherzig angefasst, damit die Party nicht gestört wird. Im Gegenzug gibt es Sprüche wie "hat uns auch nicht geschadet" oder "lernt erstmal anständig arbeiten". Die Ansprüche bleiben natürlich hoch, siehe Wahlgeschenke - und die Bedürfnisse der Jungen werden weggewischt. Dabei sind es die Jungen (und die Mittelalten), die den Karren aus dem Dreck ziehen müssen, ohne was dafür zu können - und für eigene Ideen und Bedürfnisse bleibt so wenig übrig.
Der Fall der Mauer nährte vermutlich die politische Illusion einer „immerwährenden Friedenszeit“. In deutscher Gründlichkeit wurde folgerichtig 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt. Man glaubte wohl, mit einem „Handbestand“ an Soldaten dem geneigten Bürger Sicherheit suggerieren zu können. Ich fand es damals schon sehr blauäugig anzunehmen, es sei künftig keine besondere Abwehrmaßnahme mehr nötig. Obschon die Wehrpflicht ja nach wie vor im Grundgesetz verankert ist und durch den Gesetzgeber einfach eingesetzt werden kann, spielt man nun den politischen Ball wieder hin und her. Es wird erneut ‚gründlich‘ nachgedacht … wieviel Zeit haben wir noch dafür? Bereits jetzt erleben wir m.E. zumindest den sogenannten Spannungsfall … und wie stehen wir verteidigungstechnisch da? Tatsächlich war der Wehrdienst damals schon mit Benefits ausgestattet, so sollte es natürlich auch heute in respektvoller Weise sein. Einzuwerbende sind in jedem Fall auskömmlich zu unterstützen und zu würdigen. Wie Menschen.
Ich hoffe, man vergisst nicht, dass der Fall der Mauer nicht aus heiterem Himmel, sondern unter tatkräftiger Mithilfe des "bösen Russen" erfolgte. Dass man zuerst versprach, die Nato nicht nach Osten auszudehnen und dann genau das Gegenteil machte. Wenn man den Russen zugehört hätte dann hätte man aufgehört. Schon ein amerikanischer Botschafter brachte es auf den Nenner. Njet heisst Njet.
Mit der Behauptung, dass die NATO sich nicht nach Osten ausweiten darf, bemühen Sie das Narrativ des russischen Warlords Wladimir Putin, ist aber historisch so nicht richtig. "Die Behauptung bezieht sich auf die sogenannten Zwei-plus-Vier-Verhandlungen 1990. Bei diesen Gesprächen ging es um die deutsche Wiedervereinigung nach dem Fall der Mauer. Beteiligt waren: Die beiden deutschen Staaten Bundesrepublik und DDR sowie die vier Siegermächte: USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion. Angeblich, so lautet die Behauptung, gab es bei diesen Gesprächen eine Zusicherung des Westens, die NATO nicht über Deutschland hinaus auszudehnen." https://www.swr.de/wissen/1000-antworten/gab-es-zusagen-an-moskau-die-nato-nicht-nach-osten-zu-erweitern-116.html
PS: Was aber sehr wohl existiert, ist das Versprechen im Budapester Memorandum, dass Russland, Großbritannien und die USA für die Sicherheit der Ukraine bürgen im Zuge einer Abgabe der dort stationierten Atombomben aus Sowjetzeit...
Und täglich grüßt das Murmeltier. Wann endet diese Zeitschleife?
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden