Robert Habeck erschien gewappnet. Beim Bundesparteitag seiner Grünen in Berlin trug der Kanzlerkandidat über dem T-Shirt eine rustikale Wolljacke, die an einen Seemannspullover erinnerte. Womöglich war die Wahl des Kleidungsstücks nur ein Vorgriff auf die spätere Einspielung eines Statements von Boris Herrmann. Der Weltumsegler hatte sich für eine vorab aufgezeichnete Videoeinspielung aus der Kajüte seiner Rennyacht ein paar wohlformulierte Sätze an die Delegierten zurechtgelegt. Darüber hinaus schien Habecks Troyer aber durchaus das geeignete Kleidungsstück für eine Parteitagsrede zu sein, die – um im Bild zu bleiben – den Saal zu Begeisterungsstürmen hinriss.
Die Ankündigung des Unions-Spitzenkandidaten Friedrich Merz, schärfere Asylpläne notfalls auch mit einkalkulierter Billigung der AfD durchzusetzen, hat den Wahlkampf gehörig durcheinandergewirbelt. Der Grünen-Parteitag - die Mitglieder selbst sprechen von der Bundesdelegiertenkonferenz - geriet zum anschaulichen Beispiel. Wo sonst in den Reden der Parteispitzen von hohen Mieten, soliden Haushalten, Wachstum und sicheren Renten die Rede ist, dominierte diesmal ein Thema: die Migration.
Schmerz von Aschaffenburg
„Der Schmerz, der trifft uns alle“, gab Grünen-Co-Chef Felix Banaszak zu Beginn des Parteitags auf dem Berliner Messegelände den Ton vor. Die grausige Tat von Aschaffenburg hat, obwohl es viele Parteien nicht wollten, die Asylpolitik an die Spitze der Wahlkampf-Topthemen gehoben. Für die einen ist die Messerattacke, bei der ein Zweijähriger und ein 41 Jahre alter Mann starben, Anlass für den Ruf nach schärfen Gesetzen. Eine Überprüfung der Gesetzeslage, eine Untersuchung der Gründe, warum „schon wieder etwas so Schlimmes passieren konnte“, forderte auch Banaszak. Der Grüne unternahm darüber hinaus den Versuch, nicht bei Schuldvermutungen stehen zu bleiben. Es gehe nun darum, dass sich die Gesellschaft nicht spalten lasse und die „Polarisierung nicht immer größere Ausmaße“ annehme, mahnte er.
Habeck sprach mit Blick auf Aschaffenburg von einer der „abscheulichsten Mordtaten der letzten Jahre“ deren „Perversität und Brutalität sprachlos“ mache. „Wir brauchen eine ehrliche, harte Analyse, ob diese Tat hätte verhindert werden können“, forderte der Spitzenkandidat. Es sei aber auch etwas anderes passiert: Friedrich Merz und weitere ranghohe Mitglieder der Union hätten angekündigt haben, „eine Mehrheit im Deutschen Bundestag zu bauen mithilfe der AfD“, kritisierte Habeck, dessen Mundwinkel sich dabei zu einem Ausdruck formten, der mit Verachtung wohl gut beschrieben ist.
Habeck kritisiert Merz
„Liebe Freundinnen, liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren, nichts daran ist harmlos“, warf Habeck dem Kanzlerkandidaten der Union vor. Merz‘ Äußerungen dürften „nicht als strategische Fehlleistung“ abgetan werden. „Denn wir sehen in Europa“, erklärte der amtierende Wirtschaftsminister und nannte vor allem Österreich, „dass die Dinge ins Rutschen geraten“.
Habeck erinnerte an die thüringische Landtagswahl 2019 und deren Folgen. Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich wurde damals mit Unterstützung von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt, die gesamte Union stand anschließend vor einem Scherbenhaufen. „Nach dem Argumentationsmuster, das jetzt von der Union gefahren wird“, erklärte der Grünen-Politiker, „wäre die Wahl von Kemmerich in Thüringen keine Kooperation mit der AfD gewesen.“ Man stelle sich eben zur Wahl und könne doch gar nicht wissen, „wie die Mehrheiten entstehen“, ätzte Habeck, der in diesem Zusammenhang an Annegret Kramp-Karrenbauer erinnerte. Die damalige CDU-Vorsitzende verzichtete als Reaktion auf die Kanzlerkandidatur 2021 und kündigte ihren Rücktritt an, „weil sie nicht akzeptiert hat, dass diese Kooperation stilbildend für die Union ist“, wie Habeck erklärte. Am Beispiel von Merz sehe man nun, wie sehr sich der Diskurs in der CDU verschoben habe.
Grüne für Böllerverbot
Der Vizekanzler forderte in seiner immer wieder von lautem Applaus begleiteten Rede Mitglieder wie Bevölkerung auf, sich der Debatte aktiv zu stellen. „Dass wir die Kraft der Diskussion mit der Kraft der Einigung zusammenbringen, das bedeutet Mitte.“
Ohne einen Bezug auf die grünen Kernthemen kam Habeck in seiner Rede am Ende doch nicht aus. Klimaschutz, die Stärkung des europäischen Gedankens - diese und weitere Stichworte finden sich im Programm zur Bundestagswahl, das im Verlauf des Parteitages verabschiedet wurde. Nebst einem kleinen Knalleffekt: Der Antrag für ein ganzjähriges und bundesweites Böllerverbot fand entgegen der Empfehlung des Vorstands eine Mehrheit der Delegierten.
Man kann nur hoffen, dass bald die Zeit der Schwätzer vorbei ist und die Macher die Chance bekommen die aufgestauten Probleme und Fehler zu beseitigen. Das sind wir den Unternehmern, Arbeitssuchenden, der Umwelt, den Mordopfern und deren Angehörigen schuldig.
>> "Man kann nur hoffen, dass bald die Zeit der Schwätzer vorbei ist ...." << Richtig, vor allem das absurde Geschwätz der AfD Politiker. Ganz ohne Schamgefühl wird eine schreckliche Tat durch einen psychisch kranken Mann für Hetze und Hass benutzt. Herz statt Hetze ist angesagt guter Mann.
Es geht hier nicht um Humanität, sondern um den Schutz der Bürger . Und auch nicht um AFD oder Merz. Ganz einfach - kriminell Auffällige, Gefährder und psychisch Kranke mit Gewaltpotential aus dem Kreis der Migranten sind zu isolieren. Und möglichst in ihre Herkunftsländer abzuschieben.
Sehr richtig, Herr Merk! Ich kann die Scharfmacherei nicht mehr hören. Ich fürchte, an den Deutschen ist eine latente Fremdenfeindlichkeit hängengeblieben, die nun wieder aufbricht und sich gegen ALLE Migranten richtet, nicht nur gegen psychisch auffällige und/oder gewalttätige Personen. Denn wie hier vorzugehen ist, dafür gibt es bereits gesetzliche Vorgaben. Die Regierung habe nchts getan, ist falsch, wird aber immer wieder thematisiert. Diese schlimme Tat als Anlass zu nehmen, tausende friedliche Menschen unter Generalverdacht zu nehmen, ist schäbig. Übrigens: in den 1960er Jahren hat man die Italiener nicht nur schäbig behandelt, man hat sie als Messerstecher etc. bezeichnet. Wie arm wäre die Gastro-Szene, wenn die Italiener schnell wieder gegangen wären. Wir brauchen also keinen unbeherrschten Hitzkopf wie Merz, um die Migration besser in Griff zu bekommen, sondern Behörden mit Hirn, die gute Leute in Arbeit bringen und Kriminelle je nach Gesetzeslage behandeln.
Herr Hoeflein wissen sie überhaupt was Humanität bedeutet? Selbstverständlich geht es um AfD und Merz und das ist überall zu lesen und zu hören. Auch soll es angeblich um den Schutz der Bürger gehen. In Aschaffenburg war es ein psychisch Kranker. Diesem kranken Mann wurde weder geholfen noch wurde festgestellt, dass es ein psychisch Kranker mit Gewaltpotential ist, trotz einiger Vorfälle. Diese Aufgabe können nur Behörden vor Ort zum Schutz der Bürger lösen, wer sonst? Die Illusion mit Abschottung und Grenzschließungen wäre der Schutz der Bürger gegeben ist ziemlich krude. Für unsere Wirtschaft und Industrie wäre es der endgültige K.O. und ein psychisch kranker Gewalttäter könnte sich weiter ungehindert frei bewegen weil sich die Behörden nicht um ihn kümmern. Angsthasen wie AfD Politiker oder Merz/Söder können keinen Schutz für Bürger gewährleisten.
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