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Innenminister-Treffen: Deutschlands Nachbarn erwarten von Union und SPD Kooperation in Migrationsfragen

Innenminister-Treffen

Deutschlands Nachbarn erwarten von Union und SPD Kooperation in Migrationsfragen

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    Nancy Faeser und ihr österreichischer Amtskollege Gerhard Karner reisten zuletzt gemeinsam nach Syrien.  
    Nancy Faeser und ihr österreichischer Amtskollege Gerhard Karner reisten zuletzt gemeinsam nach Syrien.   Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Der künftige Bundeskanzler Friedrich Merz hatte im Wahlkampf eine Migrationswende ohne Kompromisse angekündigt. Dementsprechend aufmerksam verfolgen die europäischen Nachbarn den anstehenden Kurswechsel in Berlin. Österreich erwartet von der neuen Bundesregierung jedenfalls Kooperation bei der Bekämpfung der irregulären Migration. Das machte Innenminister Gerhard Karner am Dienstag nach einem Treffen mit seinen deutschsprachigen Amtskollegen deutlich.

    Man gehe davon aus, „dass sich unsere Nachbarländer, insbesondere Deutschland, natürlich an sämtliche Regelungen der Europäischen Union halten werden“, sagte der Politiker der konservativen ÖVP. Er interpretiere den Koalitionsvertrag von Union und SPD dahingehend, dass die Regierung das „Einvernehmen mit den Nachbarn“ herstellen will. „Das tut man in einer guten Nachbarschaft.“

    Markus Söder will schon bald nach Wien reisen

    Deutschlands noch geschäftsführende Innenministerin Nancy Faeser (SPD) pflichtete ihm zwar bei, zuletzt sorgte das Thema aber für Unstimmigkeiten zwischen den künftigen Koalitionspartnern. Denn: Die im Regierungsprogramm vereinbarte Formulierung „in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn“ legen beide Seiten unterschiedlich aus. Die Sozialdemokraten wollen Zurückweisungen an der Grenze nur bei Zustimmung der Nachbarländer. Die Union würde notfalls die entsprechenden Staaten lediglich in Kenntnis setzen. Faesers designierter Nachfolger Alexander Dobrindt (CSU) hatte am Montag angekündigt, die Zahl der Zurückweisungen erhöhen zu wollen.

    Die Union um den künftigen Kanzler Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder ist sich einig, dass sie die Migrationsfrage zur Chefsache machen wollen. Der bayerische Ministerpräsident will schon bald zum Antrittsbesuch beim neuen österreichischen Bundeskanzler Christian Stocker nach Wien reisen. Merz wiederum hatte im Wahlkampf immer wieder betont, dass er das Verhältnis zu den europäischen Nachbarländern verbessern möchte. Als erste Ziele nach seiner Wahl zum Kanzler stehen wohl Paris, Brüssel und Warschau auf dem Zettel.

    Was die Zurückweisungen an den Grenzen angeht, ist aber eben auch Österreich ein entscheidender Schlüssel für die Bundesregierung. „Das müssen die beiden Kanzler untereinander regeln“, sagte ein führender Unions-Politiker kürzlich im Gespräch mit unserer Redaktion. Dobrindt wird es dann sein, der die praktische Umsetzung organisieren muss, ohne sich in rechtlichen Fallstricken zu verheddern. Eine hohe Erwartungshaltung, doch der CSU-Politiker selbst hat immer wieder betont, dass die Union in der Asylpolitik zum Erfolg verdammt ist, wenn man den Siegeszug der AfD aufhalten will.

    Deutschlands Nachbarn drängen auf europäische Lösungen

    Die Innenminister von Österreich, Liechtenstein, der Schweiz sowie Luxemburg und Deutschland lobten bei ihrem Treffen die Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems (GEAS). Geregelt sind dort unter anderem Asylverfahren für Menschen aus Staaten mit niedriger Schutzquote an den EU-Außengrenzen.

    Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) dringt darauf, diese Regeln auch einzuhalten. „Die angekündigten Zurückweisungen an den deutschen Binnengrenzen auch von Asylsuchenden dürfen nur innerhalb der Vorgaben des reformierten GEAS umgesetzt werden“, sagte Winfried Kluth, der Vorsitzende des Berater-Gremiums, unserer Redaktion. „Eine enge Kooperation ist vor allem wichtig, um das neue Grenzverfahren und den Solidaritätsmechanismus zu etablieren.“ Gleichzeitig kritisiert er das im Koalitionsvertrag vereinbarte Aus für freiwillige Aufnahmeprogramme, über die zum Beispiel ehemalige Ortskräfte aus Afghanistan evakuiert werden. „Dieses Instrument komplett aufzugeben wäre eine vertane Chance, wenn es darum geht, legale Zuwanderung zu steuern und irreguläre Migration zu verringern.“

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    2 Kommentare
    Stefan Ruga

    Beispiel: Asylbewerber lassen sich in Griechenland, Rumänien oder Bulgarien registrieren, erhalten dort einen Flüchtlingsausweis, der einem Aufenthaltstitel/Reiseausweis für die EU gleichkommt und reisen dann per Billigflieger nach Deutschland, wo sie erneut Asyl beantragen. 2024 sollen diese Möglichkeit insg. 25 000 Migranten genutzt haben, und es dauert an. Anscheinend hindern also weder die Behörden anderer EU-Länder die Migranten an der Weiterreise nach Deutschland, noch weisen sie deutsche Behörden ab. Fazit: 1. Solange Migration zu Lasten Deutschlands geschieht, ist man sich in der EU einig. 2. Solange Deutschland das klaglos hinnimmt, kann es auf die Umsetzung der "europäischen Lösung" (GEAS) vermutlich lange warten. Zu bestimmen, wer sich im eigenen Land aufhält und niederläßt, ist ureigenstes Recht eines souveränen Staates. Wenn ein Staat dieses Recht aufgibt oder an andere delegiert, nimmt er weder seine Interessen, noch seine Verantwortung gegenüber seinen Bürgern wahr.

    Stefan Ruga

    Nun, in einer guten Nachbarschaft, sei es privat oder staatsübergreifend, versucht man selbstverständlich bei Belangen, die die Grundstücke/Territorien übergreifend betreffen, miteinander zu reden und Einvernehmen herzustellen. Dies setzt aber voraus, daß alle Seiten ggf. unterschiedliche Interessen des anderen anerkennen, und Kompromissbereitschaft besteht. Andernfalls bedeutet das Pochen auf Einvernehmen, wie von der SPD gefordert, faktisch das bedingungslose "Fragen um Erlaubnis". Daß seitens der Anrainerstaaten Deutschlands bzw. der anderen EU-Länder wenig Interesse besteht, Asylbewerber, die aufgrund der freizügigen Auslegungspraxis und attraktiveren Leistungen lieber nach Deutschland wollen, am Weiterziehen zu hindern, liegt auf der Hand.

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