Die schwarz gekleideten Männer laufen durch das Ortszentrum von Sudscha, die Straßen scheinen leer. In der Hand haben sie eine Flagge, die Farben: rot, weiß, blau. Sie hissen die Fahne über dem Gebäude der Stadtverwaltung. Verbreitet wurden die Videos von russischen Militärbloggern. Sudscha hat nicht einmal 7000 Einwohner, doch die Kleinstadt in der Region Kursk ist ein Symbol: Sie war die wichtigste Ortschaft, die die ukrainische Armee bei ihrem Vorstoß auf russisches Gebiet im vergangenen Jahr erobern konnte. Nun scheint sie wieder zurückzufallen in die Hände des Kreml. Während in Saudi-Arabien Delegationen aus den USA und der Ukraine über eine Feuerpause verhandeln, versucht Wladimir Putin mit erbitterten Gefechten auf dem Schlachtfeld weiter Tatsachen zu schaffen. Der Erfolg an der Front ist auf seiner Seite. Wird er dennoch einer Waffenruhe mit der Ukraine zustimmen? Hat Putin Interesse an einem Einfrieren des Krieges?
Nach dem grundsätzlichen Ja Kiews zu einer 30-tägigen Feuerpause im Krieg mit Russland richten sich die Blicke daher jetzt vor allem auf Moskau. „Der Ball liegt nun in ihrem Feld“, sagte US-Außenminister Marco Rubio in Richtung Kreml. Fast neun Stunden hatten er und seine Delegation am Dienstag mit ukrainischen Vertretern im Ritz-Carlton-Hotel in der saudischen Stadt Dschidda über den Eintritt in einen Friedensprozess gesprochen. Die ukrainische Seite geht dafür einen durchaus riskanten Kompromiss ein. Ursprünglich wollte Präsident Wolodymyr Selenskyj im Gegenzug für schweigende Waffen westliche Sicherheitsgarantien für sein Land, davon ist aber nun keine Rede. Dafür nehmen die USA ihre Waffenlieferungen wieder auf und stimmen auch der zuvor eingestellten Weitergabe von Geheimdienstdaten zu. Die Ukraine wiederum dürfte gedrängt worden sein, beim Rohstoff-Abkommen noch mehr Zugeständnisse zu machen. Trump schielt schon lange auf die seltenen Erden, die in der Ukraine vorkommen. Allerdings bleiben viele Details einer möglichen Feuerpause im Ungefähren.
Wolodymyr Selenskyj verzichtet offenbar auf Sicherheitsgarantien
Genau das kritisiert auch der grüne Außenpolitik-Experte Anton Hofreiter. „Es ist gut, dass die USA ihre Militärhilfen an die Ukraine wieder aufnehmen“, sagt er unserer Redaktion. Doch vor allem die fehlenden Sicherheitsgarantien sieht er als großes Manko. Schon in den Jahren 2014 und 2022 hatte es in der Ostukraine Feuerpausen gegeben, die jedoch immer wieder gebrochen wurden. In der Ukraine gibt es deshalb die Sorge, dass die russischen Truppen auch dieses Mal die Regeln brechen werden. „Frieden wird es erst geben, wenn sichergestellt ist, dass Russland nicht erneut die Ukraine oder weitere Länder überfällt“, sagt auch Hofreiter und kritisiert das Vorgehen der amerikanischen Delegation. Denn das Weiße Haus ist es, das diesen Punkt bislang ablehnt. Unter anderem beim Eklat zwischen Selenskyj und Trump war es um dieses Thema gegangen. „Dass Selenskyj den Bedingungen auch ohne Sicherheitsgarantien zustimmen musste, erinnert an Erpressung“, sagt Hofreiter. „Nur so erhält er die zwingend notwendige militärische Unterstützung. Was aus Russland zu vernehmen ist, deutet nichts darauf hin, dass Putin das Angebot akzeptiert. Die Methode Trump scheitert jeden Tag erneut.“

Tatsächlich reagierte der Kreml zurückhaltend. Bislang hatte Putin eine Feuerpause stets abgelehnt. Der Kreml warte auf „detaillierte Informationen“ zu den Verhandlungen, hieß es diesmal. „Wir haben in diesen Tagen auch Kontakte mit den Amerikanern geplant, bei denen wir erwarten, vollständige Informationen zu erhalten“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Erst nach einem Studium der Vorschläge werde es eine Antwort geben. Doch schon am Mittwochabend machten sich amerikanische Unterhändler auf den Weg nach Russland. Noch diese Woche, hieß es aus Washington, soll ein Gespräch zwischen Putin und Trump stattfinden. Moskau hat dieses Gespräch bislang nicht bestätigt. „Sollte Bedarf bestehen, wird ein Anruf sehr schnell organisiert“, sagte Peskow. Doch für Kompromisse sehe er nur wenig Raum. Drastischer formulierte es der russische Militärblogger Alexander Koz: „Steckt euch eure Friedensinitiativen in den Arsch!“
Ukraine stimmt Feuerpause zu – wie entscheidet sich Putin?
Allerdings bewegt sich auch Wladimir Putin auf einem schmalen Grat. In den vergangenen Wochen war er durch die Wiederannäherung an die USA nicht nur auf die politische Weltbühne zurückgekehrt. Er schien auch als Gewinner aus dem Konflikt mit der Ukraine hervorzugehen. Statt Druck auf den Aggressor Russland auszuüben, hatte Donald Trump vor allem Kiew massiv unter Druck gesetzt. Russland hält etwa ein Fünftel des Nachbarlandes besetzt und fordert weitere Gebiete, die es als sein Eigen betrachtet. Auch will es die politische Kontrolle über eine Restukraine. (mit dpa)

"Genau das kritisiert auch der grüne Außenpolitik-Experte Anton Hofreiter" .......................................................................................................... Soso, der Hofreiter ist also ein "Außenpolitik-Experte"? Interessante Sichtweise.........................
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