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Koalitionsstreit vor dem Urlaub: Merz und Klingbeil im Konflikt um Stromsteuer

Bundesregierung

Ringen um die Stromsteuer: Wie gut kann Merz seine Koalition zusammenhalten?

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    Merz: Wir gehen in kleinen Schritten voran.
    Merz: Wir gehen in kleinen Schritten voran. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Vier Wochen muss er noch durchhalten, dann soll es für Bundeskanzler Friedrich Merz in den Urlaub gehen. Der CDU-Chef wird die erfahrungsgemäß zweiwöchige Erholungsphase gut gebrauchen können. Seine Regierung aus Union und SPD ist noch nicht einmal 100 Tage im Amt, und schon knirscht es mächtig im Gebälk. Vor dem SPD-Parteitag am letzten Wochenende in Berlin machte gar das böse Wort vom Koalitionsbruch die Runde. Inhaltlich tun sich die Koalitionspartner schwer, es gibt zudem atmosphärische Störungen in einzelnen Parteilagern.

    Da ist vor allem die Debatte um die Senkung der Stromsteuer. SPD-Co-Chef Lars Klingbeil hatte in seiner Funktion als Finanzminister erklärt, dass diese – anders als im Koalitionsvertrag versprochen – nicht für alle gesenkt wird. Der Vizekanzler musste sich dafür von den Genossinnen und Genossen auf dem Parteitag in Berlin einiges anhören. Einige CDU-Politiker nutzten außerdem die Gelegenheit, den Koalitionspartner SPD zu kritisieren. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst warnte vor einem Bruch des Koalitionsvertrages – dabei ist darin ausdrücklich vermerkt, dass die großen Ausgabenpakete mit einem Finanzierungsvorbehalt versehen sind. Sie werden also nur umgesetzt, wenn genügend Geld in der Kasse ist. Und für die Stromsteuersenkung fehlen derzeit die Mittel, meint jedenfalls der zuständige Finanzminister.

    Kommt die Stromsteuersenkung nun doch für alle?

    Auch Parteifreunde Klingbeils kommen jedoch zu einem anderen Ergebnis. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch deutete am Wochenende im Gespräch mit unserer Redaktion an, dass er sich durchaus noch eine Ausweitung der Stromsteuersenkung vorstellen könne. Kanzleramtschef Thorsten Frei sagte in der ARD: „Wenn es dafür geeignete Möglichkeiten gibt und es in der Koalition insgesamt konsensfähig ist, dann ist das ein Weg, über den man sprechen kann. Ich bin da grundsätzlich offen.“ Der CDU-Politiker war gefragt worden, ob er sich vorstellen könne, die Förderung von Wärmepumpen zu streichen, um dafür die Stromsteuer auch für private Haushalte zu senken.

    Solche Umschichtungen sind denkbar, denn Klingbeils Vorschlag bei der Stromsteuer muss – wie der gesamte Haushaltsentwurf – in den nächsten Wochen noch durch den Bundestag. Das Parlament müsste dann aber an anderen Stellen Kürzungen vornehmen, denn noch mehr Schulden sind nicht drin. Das Wirtschaftsministerium allerdings ließ am Montag keinen Zweifel daran, was es von der Idee, die Wärmepumpenförderung zu streichen, hält. Die bleibe, erklärte eine Sprecherin.

    Wie gut gelingt es Friedrich Merz, die Koalition beisammenzuhalten?

    Man kann solche Unstimmigkeiten darauf zurückführen, dass die Regierung erst kurz im Amt ist. Teilweise sind die Ministerien noch nicht komplett eingerichtet. Manch Ministerin sucht weiterhin nach geeigneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Anderseits stellen bei Kursabweichungen in der Politik viele schnell die Frage nach den Fähigkeiten des Kapitäns. Merz kümmert sich zurzeit sehr um die Außenpolitik. Dass sein Nachfolger im Amt des Unions-Fraktionsvorsitzenden, Jens Spahn (CDU), wegen der Beschaffung von Corona-Masken in der Kritik steht, muss er zur Kenntnis nehmen. Spahns Vorstoß vom Wochenende, Deutschland zur Atommacht aufzurüsten, auch. Derweil reiste Innenminister Alexander Dobrindt nach Israel, was ihm als Kabinettsmitglied natürlich zusteht. Seinen Regierungschef informierte der CSU-Politiker aber erst „kurzfristig“, wie Regierungssprecher Stefan Kornelius am Montag erklärte.

    Vizekanzler Klingbeil wiederum musste am Wochenende hinnehmen, dass ihm rund ein Drittel der Parteitags-Delegierten die Führung der SPD nicht zutrauen. Nur 64,9 Prozent der Stimmen bekam der Niedersachse bei der Wahl zum Parteivorsitz. Das war allerdings nicht nur eine Quittung für Klingbeils Position im Streit um die Stromsteuer, der viele SPD-Mitglieder verärgert.

    Die SPD ist sich uneins über die Wehrpflicht

    Die geplante Aktivierung der Wehrpflicht hätte fast nicht nur den Parteitag gespalten, sondern auch die Koalition gefährdet. Die Jusos hatten einen Initiativantrag gestellt, der einen verpflichtenden Wehrdienst ablehnt. Das Papier stieß bei vielen Delegierten auf Zustimmung. Erst nach einer mehrstündigen Krisensitzung mit wechselnden Beteiligten wurde der Antrag abgewendet. Wären die Jusos durchgekommen, hätte das für Verteidigungsminister Boris Pistorius und die Wehrpflicht-Pläne der Regierung eine schwere Niederlage bedeutet.

    Am Mittwoch tagt der Koalitionsausschuss von Union und SPD. Die Stromsteuersenkung steht nach Regierungsangaben als Top-Thema auf der Tagesordnung. Es wird sehr von den Moderationsfähigkeiten des Kanzlers abhängen, ob es Streit gibt – oder er bald einigermaßen entspannt in den Urlaub gehen kann.

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