Die schon ungewöhnlich lange schwächelnde deutsche Wirtschaft kommt auch dieses Jahr nicht aus dem Quark. So lässt sich das herbstlich trübe Frühjahrsgutachten der sogenannten Wirtschaftsweisen zusammenfassen. Wie so oft in den vergangenen drei Jahren schraubte der Sachverständigenrat seine Wachstumsvorhersage nach unten. Auf Null.
Die Debatte um Mehrarbeit wird zu oberflächlich geführt
Friedrich Merz ist als Kanzler angetreten, um Deutschland aus der Krise zu führen. An klaren Ansagen aus dem Kanzleramt mangelt es seitdem nicht. „Wir müssen in diesem Land wieder mehr arbeiten und vor allem effizienter arbeiten“, betonte der CDU-Chef in seiner Regierungserklärung. „Mit Viertagewoche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten können.“ Sind die Deutschen zu satt und behäbig geworden? Fiel der deutsche Fleiß längst dem Freizeitvergnügen zum Opfer?
So oberflächlich einfach, wie die Debatte über Mehrarbeit geführt wird, sind die tieferliegenden Probleme nicht gestrickt. Angesichts des Ernsts der Lage verschwand die Viertagewoche längst als Randthema aus der öffentlichen Diskussion. Im Gegenteil, dass die Koalition die tägliche Höchstarbeitszeit auch jenseits von zehn Stunden arbeitsrechtlich entkriminalisieren will, stößt in der Bevölkerung auf wenig Widerspruch.
Debatte um Mehrarbeit: Das Kernproblem heißt Teilzeitfalle
Doch Deutschland landet unter 40 westlichen Industrieländern auf dem drittletzten Platz, was die geleisteten Arbeitsstunden pro Einwohner im erwerbsfähigen Alter angeht. Das liegt aber nicht daran, dass ausgerechnet die Deutschen die größte Sehnsucht nach „Work-Life-Balance“ hätten. Es liegt an einem Kernproblem der Arbeitspolitik: der Teilzeitfalle.
In Deutschland arbeiten fast doppelt so viele Frauen in Teilzeit wie im EU-Schnitt. Ein Grund dafür mag die im europäischen Vergleich schlechte Kinderbetreuungsquote sein. Doch trotz aller Klagen über den Fachkräftemangel bleiben zu viele Menschen, nicht nur ein paar Jahre, sondern gleich Jahrzehnte in der Teilzeitfalle stecken.
Noch immer sorgt schlechtes Management in den Betrieben dafür, dass einmal Teilzeit dauerhaft zur Karrierebremse für die Betroffenen wird. Noch immer setzt der Staat falsche Anreize, indem Steuern, Familien- und Sozialleistungen den Wechsel zurück in Vollzeit nicht lukrativ erscheinen lassen.
Staatlicher Irrsinn: Der Wechsel von Teil- in Vollzeit lohnt sich oft nicht
Der Wirtschaftsforscher Clemens Fuest rechnete vor, dass einer Familie in München von 2000 Euro mehr brutto durch Wechsel in Vollzeit im Monat am Ende nur 32 Euro mehr netto blieben. Dieser Irrsinn kennt zwei Verlierer: Die Gesellschaft, die auf nötige Arbeitskräfte und wichtige Einnahmen für die Sozialkassen verzichten muss. Und die Frauen, die später mit deutlich weniger Renteneinkünften dastehen. Altersarmut hat in Deutschland schon immer meist ein weibliches Gesicht.
Die Bundesregierung muss dringend die Rahmenbedingungen verbessern, wenn sie erreichen will, dass die Deutschen mehr arbeiten. Denn die Forderung des Kanzlers ist ja richtig. Umso mehr, wenn er betont, sie sollten „vor allem effizienter“ arbeiten. Nur wenn die Produktivität steigt, können die Beschäftigten in Zukunft die Renten von immer mehr Menschen finanzieren.
Doch wie die Wirtschaft wächst auch die Produktivität je Arbeitskraft kaum noch. Die größte Produktivitätsbremse in Deutschland ist eine außer Kontrolle geratene Regulierungswut und Bürokratie, gefolgt von einer miserablen Digitalisierung. Damit wird Deutschland den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten können. Die neue Regierung hat dies zumindest erkannt. Merz sollte sich nun beherzt an seine Arbeit machen.
Herr Pfleiderer, ich glaube nicht, dass man die Bürgergeldempfänger in Relation zur den Teilzeitbeschäftigten setzen kann. In 2024 waren rund 46 Mio. erwerbstätig, davon rund 13 Mio. in Teilzeit (ca. 29%). Bürgergeldempfänger ca. 5,5 Mio., davon aber auch Kinder und Jugendliche, erwerbsfähige Menschen mit Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ohne arbeitslos zu sein (Personen, die kleine Kinder betreuten bzw. Angehörige pflegten, noch zur Schule gingen) . Andere waren nicht arbeitslos, weil sie einer ungeförderten Erwerbstätigkeit von mindestens 15 Wochenstunden nachgingen, an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme teilgenommen haben oder arbeitsunfähig erkrankt waren. Arbeitslos gemeldete Bürgergeldempfänger waren es rund 1,7 Mio. Und ich denke nicht, dass diese 1,7 Mio. das Kernproblem sind. Ich bin allerdings auch der Meinung, dass unter Umständen eine Teilzeitkraft in 5 Stunden genauso viel leistet wie manche Vollzeitkraft in 8 Stunden. Gudrun Miehling
Warum die Deutschen mehr arbeiten sollten??? Da stimmt so einiges nicht in vielen Branchen wird schon lange 10 und mehr Stunden am Tag gearbeitet, bzw. 48 Stunden und mehr die Woche, dann der Vergleich mit anderen Ländern, dabei wird immer wieder unterschlagen, das in Deutschland der Leistungsdruck viel höher ist., und die vielen Frauen in Teilzeit, dies ist auch der Politik und der Wirtschaft geschuldet, was dabei auch nicht erwähnt wird, es gibt durchaus Teilzeitarbeitende, die 3 und sogar 4 Teilzeitjobs nachgehen, ein Bereich wo auch nicht ganz so stimmt wie uns immer erzählt wird, die Boomer, auch unter Beamten gibt es Boomer, und das die Deutschen immer älter werden, laut Statistik werden Beamte durchschnittlich 6 Jahre älter als Arbeiter, und speziell in körperlich belastenden Berufen arbeitende können froh sein wenn sie das Rentenalter überhaupt erleben. Mein Fehler war, ich war immer ehrlich, fleißig und zuverlässig, habe immer zuverlässig Steuern und Abgaben gezahlt.
Die Deutschen, die zu wenig arbeiten, sind also "Frauen in Teilzeit"? Und ja, die Rahmenbedingungen für diese Deutschen stimmen nicht. Es ist aber Schade, dass der Kommentar diese Deutschen nur auf Arbeitskräfte in einem Wirtschaftssystem reduziert. Viele dieser Frauen in Teilzeit leisten unglaubliche Care-Arbeit. Im Vergleich dazu arbeiten viele "Vollzeitkräfte" nur halbtags in einer 4-Tage Woche. Buchstäblich unbezahlbar für den Staat, aber für Yesterday's men keine richtige Arbeit. Der Kommentar wird dem Thema daher leider nicht gerecht.
>> Staatlicher Irrsinn: Der Wechsel von Teil- in Vollzeit lohnt sich oft nicht << - Das ist kein Irrsinn und auch kein Versehen; das ist geplante "gerechte" Politik der Umverteilung mittels eines progressiven Steuertarifs. Die Umverteilung findet auch nicht zu "Frauen in Altersarmut" statt, die mit geringeren Renteneinkünften gerne als Argument herhalten müssen. Dazu noch Sozialabgaben ohne Leistungsgerechtigkeit (zahle mehr - bekomme mehr) sondern die gleiche Warteschlange, verbunden mit einer Todeszone aus deutlich ansteigendem Steuertarif bereits unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze. Die Bürger geben dem Staat mit ihrem Wunsch nach Teilzeit eine absolut faire und ehrliche Antwort!
>> Das Kernproblem heißt Teilzeitfalle << - Das Kernproblem heißt Bürgergeld als "gleichberechtigte" Form des Lebensunterhalts. Dieses ständige Treten gegen Teilzeitkräfte nervt langsam. Die Masse der Teilzeitkräfte hängt nicht in einer "Teilzeitfalle" (Opferfiktion linker Politik) sondern optimiert damit eigenverantwortlich das Leben - vielfach wegen eines hinsichtlich Sozialabgaben und Steuern als ungerecht empfundenen Staatswesens. Der Kommentar kommt am Ende schon auf den richtigen Punkt, aber diese von mir zitierte Zwischenüberschrift passt nicht dazu.
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