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Kommentar: Die Asylwende muss mehr als ein Signal werden

Kommentar

Die Asylwende muss mehr als ein Signal werden

Michael Pohl
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    Nur wenig „Zurückweisungen“: Beamte der Bundespolizei kontrollieren morgens in Frankfurt an der Oder den deutsch-polnischen Grenzübergang Stadtbrücke.
    Nur wenig „Zurückweisungen“: Beamte der Bundespolizei kontrollieren morgens in Frankfurt an der Oder den deutsch-polnischen Grenzübergang Stadtbrücke. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Seit zwei Wochen lassen Grenzschützer nicht mehr jeden ohne Einreiseerlaubnis ins Land, der das Wort „Asyl“ sagt. An der bayerischen Grenze erfolgt die vom neuen Innenminister Alexander Dobrindt angeordnete „Zurückweisung“ in der Praxis oft so, dass Beamte Betroffene in einen Regionalzug nach Österreich setzen.

    Die Bevölkerung steht hinter der Zurückweisungspolitik

    Die Weltöffentlichkeit nimmt wenig Notiz vom deutschen Kurswechsel. Gleichwohl herrscht in der deutschen und europäischen Politik Streit, wie legitim und vereinbar mit EU-Recht die neue deutsche Linie ist. In der Bevölkerung trifft sie laut Umfragen auf Zustimmung von drei Vierteln der Deutschen. Letzteres kann die Regierung des neuen Kanzlers Friedrich Merz als Erfolg verbuchen.

    Bislang sind die Grenzkontrollen und Zurückweisungen ein Signal, das sich an die einheimische Bevölkerung und die EU-Staaten richtet: Zehn Jahre nach der Flüchtlingskrise von 2015 vollzieht Deutschland eine Wende in der Migrationspolitik. In der Praxis aber sind die Auswirkungen allenfalls homöopathisch: Nur rund dreißig Asylbewerber wiesen die deutschen Grenzschützer laut offiziellen Zahlen in der ersten Woche zurück, während zur gleichen Zeit im Landesinneren über tausend Asylanträge gestellt worden sein sollen.

    Viel Aufwand und Ärger für nichts? Kritiker der Regierung verweisen darauf, dass die Asylbewerberzahlen ohnehin sinken, nicht nur seit in Syrien das Schreckenssystem von Diktator Baschar al-Assad gestürzt wurde.

    Nur auf weiter sinkende Asylzahlen zu hoffen, wäre fahrlässig

    Doch es wäre in Zeiten, in denen Russlands Präsident Wladimir Putin einen Terrorkrieg gegen Zivilisten führt und die Weltordnung durch Unberechenbarkeit der USA wankt, mehr als fahrlässig, in der Migrationspolitik auf das Prinzip Hoffnung zu setzen. Wenn die Wende der Bundesregierung tatsächlich Auswirkungen auf die illegale Migration nach Deutschland und Europa haben soll, müssen viele weitere große Schritte folgen.

    Das beginnt an den Grenzen: Sollen die Kontrollen einen Abschreckungseffekt haben, muss der Bund den Schutz der langen grünen Grenzen technisch massiv aufrüsten. Die Bundespolizei hinkt hier anderen europäischen Ländern meilenweit hinterher. Zum Beispiel Rumänien. Österreich legte lange ein Veto dagegen ein, dass das Land dem von Grenzkontrollen weitgehend befreiten sogenannten Schengenraum in Europa beitreten durfte, solange es Flüchtlingsströme einfach via Ungarn nach Norden passieren ließ.

    Die Regierung in Bukarest richtete daraufhin mit Drohnen, Wärmebildkameras, Radartechnik und schnellen mobilen Einheiten eines der modernsten Grenzschutzsysteme Europas ein. Mit Erfolg. Das Land reduzierte die illegale Einwanderung um bis zu 90 Prozent und genießt nun alle EU-Vorteile.

    Nicht nur Deutschland ignoriert EU-Bestimmungen

    Nur wenn Deutschland es wirklich ernst meint, von einer Politik der unkontrollierten auf eine gesteuerte und gewünschte Einwanderung umzuschalten, wird der Druck auch auf andere EU-Staaten nachlassen. Nur dann wird eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik mit Aufnahmekontingenten und Verteilungsschlüsseln unter den Staaten möglich werden.

    Nicht nur Deutschland ignoriert mit seiner neuen Zurückweisungspolitik Teile des EU-Rechts, sondern auch alle Staaten, die bislang Migranten einfach durch ihr Land in Richtung der Bundesrepublik ziehen ließen. Minister Dobrindt kann sich aber darauf berufen, dass er nun erstmals das umsetzt, was nach der Asylrechtsänderung seit über zwanzig Jahren immerhin im deutschen Grundgesetz steht.

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