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Kommentar zur Haushalts-Einigung: Ampel-Spitze fehlt die Durchsetzungskraft

Kommentar

Kann man mit dieser Regierung noch rechnen?

Stefan Lange
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    Die Ampel-Koalition hat monetelang um den neuen Haushaltsentwurf gestritten.
    Die Ampel-Koalition hat monetelang um den neuen Haushaltsentwurf gestritten. Foto: Michael Kappeler, dpa (Archivbild)

    Monatelang hat die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP um den Haushaltsentwurf gestritten. Erst bekam sie ihn nicht pünktlich ins Kabinett, sondern brauchte zwei Wochen länger als geplant. Um dann festzustellen: Hoppala, da klafft ja noch eine Lücke von 17 Milliarden Euro! Es wurde um Gutachten gestritten, Finanzminister Christian Lindner stichelte gegen Kanzler Olaf Scholz und der SPD-Politiker erwies sich nicht etwa als ordnende Kraft: er stichelte aus dem Urlaub zurück. Um den Eindruck einer zerstrittenen Regierung nicht noch größer werden zu lassen, wurde nun in letzter Minute eine „Vereinbarung“ verkündet.

    Dahinter steckt einerseits taktisches Kalkül. Hätte die Ampel die selbst gewählte Frist 16. August 2024 zur Zuleitung des Haushaltsentwurfes an Bundesrat und Bundestag auch noch gerissen, wären die hämischen Bemerkungen übers Wochenende auf Rekordniveau gestiegen. So kann Kanzler Scholz trotzig verkünden, dass die Zuleitung „offiziell“ erfolgt. Schon die Wortwahl entlarvt die ganze Hilflosigkeit, denn wie bitte schön soll denn eine „inoffizielle“ Zuleitung aussehen?

    Haushalt 2025: Gespart wird bei den anderen

    Mit Formulierungen dieser Art sowie mit vielen Worten und ewig langen Ausführungen zur Finanzierung von Deutscher Bahn und Autobahngesellschaft versucht die Ampel-Regierung einerseits, von ihrem Unvermögen abzulenken, einen zumindest annähernd gedeckelten Haushalt vorzulegen. Die Lücke ist immer noch zweistellig, zwölf Milliarden Euro sind es offenbar.

    Darüber hinaus lenkt sie davon ab, dass sie zwar bei anderen Geld einsparen will, sich selbst aber weitestgehend davon ausnimmt. Der Beitrag der Ministerien zum Stopfen der Milliarden-Lücke beläuft sich auf vergleichsweise lächerliche 1,4 Milliarden Euro. Das zumindest ist die zuletzt bekannte Hausnummer, die „Vereinbarung“ der Ampel ändert daran offenbar nichts. Hätte sich jedes Ministerium nur ein wenig bewegt, wäre eine viel größere, womöglich sogar ausreichende Summe schnell beisammen gewesen.

    Der Ampel fehlt die Durchsetzungskraft

    Lindner, Scholz und Vizekanzler Robert Habeck hätten sich ein Vorbild am ehemaligen und inzwischen verstorbenen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nehmen sollen. Der machte Sparvorgaben und setzte sie eisern durch. Der Ampel-Spitze fehlt diese Durchsetzungskraft, in ihrer Hilflosigkeit hat sie das unfertige Paket notdürftig wieder zugemacht und reicht es nun an den Bundestag weiter.

    Die Haushälterinnen und Haushälter dort haben die Expertise, die der Regierung fehlt, und werden einen ausgeglichenen Etat aufstellen. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Wenn die Regierung es bei so etwas Wichtigem wie einem Haushalt, der ja praktisch das Rückgrat allen politischen Handelns ist, nicht vernünftig hinbekommt – was bekommt sie dann überhaupt noch hin?

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    4 Kommentare
    Richard Markl

    Ein Haushaltspolitiker der SPD meinte lt. HB, dass dies der schlechteste Haushalt wäre, der je dem Bundestag zugesandt wurde. Die Lücke von nicht gedeckten 12 Mrd. Euro übertrifft das übliche um mind. 4 Mrd. Euro. Der Kanzler ist nicht in der Lage zu führen. Der Finanzminister ist in erster Linie FDP-Vorsitzender und nicht Finanzminister. Wie überhaupt die FDP angesichts anstehender Wahlen nur noch wie ein Ertrinkender um sich schlägt und panikartig irgendetwas vorschlägt (mehr Autos für die Innenstadt, etc.) in der Hoffnung, dass irgendwas greift und sie über die 5 %-Marke hebt. Es ist mittlerweile unverantwortlich, dass die Parteien in dieser Konstellation weiter so tun, als ob sie regieren. Die Realisten müssten sich eingestehen, dass sie bis September 2025 keine besseren Werte erzielen werden, weil die Ampelparteien auch nicht mehr zu einer gemeinsamen Linie finden werden. Die Rezession bleibt uns erhalten. Kein Optimismus und keine Impulse von der Regierung. AFD/BSW sagen danke.

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    Helmut Eimiller

    „schlechtester Haushalt, der je dem Bundestag zugesandt wurde“ Herr Markl, ich hatte 1997 noch mein CSU-Parteibuch. Trotzdem gefiel mir damals die „kreative Buchführung“ unseres Finanzministers nicht. – vgl. z. B. „Schuldenberge und Milliardenlöcher - Die Bilanz des Theo Waigel“; ndr.de; 05.06.1997) Ich finde ein Negativ-Ranking hinsichtlich der Haushaltsplanentwürfe problematisch. Haushaltspläne werden von Politikern erstellt. Politiker wollen aber vorzeigbare Trophäen erringen und nicht einen Wettbewerb für ordnungsgemäße Buchhaltung bzw. buchstabengetreue Einhaltung der Haushaltsvorschriften gewinnen.

    Helmut Eimiller

    „versucht die Ampel-Regierung … von ihrem Unvermögen abzulenken, einen zumindest annähernd gedeckelten Haushalt vorzulegen“ Ich vermute, diese Formulierung soll einen dezenten Hinweis auf Schwierigkeiten mit dem Haushaltsausgleich (Artikel 110 Absatz 1 Satz 2 GG) geben. (Falls meine Vermutung zutrifft, hätte ich es besser gefunden, wenn statt von „annähernd gedeckelten Haushalt“ von „annähernd ausgeglichenen Haushalt“ geschrieben worden wäre.)

    Rainer Kraus

    Das ist das große Desaster der Alternativlosigkeit, denn die Opposition ist unfähig die unfähige Regierung vorzeitig abzulösen.

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