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Nach Bundestagswahl: Kein Praktikum für Merz bei Scholz

Bundesregierung

Kein Regierungspraktikum für Friedrich Merz

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    Zwei Tage nach der gewonnenen Bundestagswahl berät Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) über das Vorgehen in der Übergangsphase. Dabei könnte auch ein konkretes Vorhaben eine Rolle spielen.
    Zwei Tage nach der gewonnenen Bundestagswahl berät Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) über das Vorgehen in der Übergangsphase. Dabei könnte auch ein konkretes Vorhaben eine Rolle spielen. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Er hat keine Regierungserfahrung und da wäre eine ebenso behutsame wie frühe Heranführung an seine neuen Aufgaben für Friedrich Merz doch womöglich eine gute Idee. Das jedenfalls legten Stimmen aus dem politischen Raum nahe, nachdem der Unions-Kanzlerkandidat am Wahlsonntag wie erwartet als Sieger durchs Ziel gegangen war. Doch daraus wird nichts werden. Olaf Scholz und sein wahrscheinlicher Nachfolger Merz trafen sich zwar für eine Stunde im Kanzleramt auf ein Heißgetränk, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit bestätigte, der zu den Inhalten des Gesprächs keine Angaben machte. Aber viel mehr wird dem politischen Date nicht folgen. „Es gibt kein Regierungspraktikum und es gibt auch kein An-die-Hand-nehmen“, sagte Hebestreit.

    Die Vorstellung, dass Merz vor der offiziellen Übernahme der Amtsgeschäfte schon mal ein bisschen beim Kanzler mitlaufen könnte, hat ihren Ursprung in einem Missverständnis. Vom Regierungswechsel nach der Bundestagswahl 2021 blieb in Erinnerung, dass die damalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Wahlsieger Olaf Scholz mit zum G20-Gipfel nach Rom nahm, um ihn dort schon einmal den anderen Staats- und Regierungschefs vorzustellen. Das allerdings stimmt so nicht. Jedenfalls nicht ganz.

    Scholz und Merkel wie aus einem Guss

    Denn es war auch vor der Wahl bereits grundsätzlich schon immer so, dass der jeweilige Bundesfinanzminister – und das war Scholz damals - zu solchen Gipfeln mit dem Kanzler oder der Kanzlerin anreiste. „Und dann gab es diese journalistisch glückliche Situation, dass die künftige Alt-Bundeskanzlerin und der designierte neue Bundeskanzler gemeinsam in Rom beim G20-Gipfel waren“, erklärte Hebestreit launig und ergänzte: „Das wäre, wenn die Wahl anders ausgegangen wäre, auch nicht anders gewesen.“

    Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Merkel und Scholz bei diesem Gipfel Ende Oktober 2021 in Rom demonstrativ oft miteinander auftraten. Es existieren auffallend viele Fotos, auf denen beide geradezu unverschämt gute Laune ausstrahlen. Merkel stellte damals einerseits klar: „Selbst wenn Herr Scholz und ich nicht so gute Beziehungen pflegen würden, wie wir sie pflegen, wäre Herr Scholz hier auf dem G20-Gipfel anwesend, weil per se die Regierungschefs und die Finanzminister hier sind.“ Gleichzeitig betonte sie: „Aber natürlich hat sich die Gelegenheit ergeben, gerade bei den bilateralen Gesprächen auch gemeinsam aufzutreten und darauf hinzuweisen, dass es eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, dass Herr Scholz der nächste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland ist.“ Dabei sei aber allen klar, „dass der Bundeskanzler in Deutschland nicht von Frau Merkel durch Gesprächsteilnahme ausgewählt wird, sondern dass er vom Deutschen Bundestag gewählt wird. An diesem Vorgang wird gearbeitet, und das haben wir überall deutlich gemacht“, ergänzte Merkel mit der ihr eigenen Verschmitztheit.

    EU-Gipfel ohne Friedrich Merz

    Die öffentlich kolportierte Idee, dass Merz schon mal beim EU-Sondergipfel kommende Woche dabei sein könnte, wies Hebestreit zurück. „Kurz nachdenken“ hätte zu der Erkenntnis verholfen, dass es in den 27 Mitgliedsstaaten der EU wie auch in den Vereinigten Staaten regelmäßig zu Wahlen und einem Regierungswechsel komme, machte der Regierungssprecher deutlich. „Und wenn man dann immer mit zwei oder mehr Regierungsspitzen ankommen würde, würde das die Beratung nicht unbedingt beschleunigen.“

    Hebestreit versprach „einen ordentlichen Übergang“ von der alten zur neuen Regierung. Der allerdings folgt klaren Regeln und nicht Wunschszenarien: Ende März wird sich der neue Bundestag konstituieren. Ab da ist die amtierende rot-grüne Bundesregierung nur noch geschäftsführend im Amt ist. Sie ist voll handlungsfähig, trifft aber keine Entscheidungen mehr, die Auswirkungen auf die nächste Regierung hätten. Auch Reisen wird es nicht mehr geben, Kanzler Scholz verzichtet auf den Empfang von Gästen. Aber: „Alles, was die nächste Legislaturperiode betrifft, wird natürlich auch mit denjenigen, die künftig die Verantwortung voraussichtlich übernehmen wollen, besprochen“, erklärte Hebestreit.

    Ohnehin muss Merz vermutlich nicht sehr lange warten, bis er ins Kanzleramt einziehen kann. Sollte es tatsächlich so kommen, dass Union und SPD eine Regierung bilden, könnten die Koalitionsverhandlungen wie von ihm gewünscht bis Ostern abgeschlossen sein. „Und das zeichnet“, beruhigte Hebestreit mit Blick auf Helmut Kohl, Gerhard Schröder und all die anderen, „unser Land ja aus: Dass wir gute und auch partnerschaftliche Regierungswechsel immer wieder hinkriegen.“

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