Noch lehnen Verteidigungsministerin Lambrecht und Bundeskanzler Scholz die Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern an die Ukraine ab. Das kann sich schnell ändern.
Keine Schützen- und Kampfpanzer an die Ukraine. Dabei soll es vorerst bleiben. Das bekräftigte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht bei ihrer Grundsatzrede zur militärischen Zeitenwende. Begründung: Deutschland mache keine Alleingänge. Auch hier gilt, dass sich die Zeiten oftmals schneller wandeln, als gedacht.
Sollten die USA entscheiden, der Ukraine im Kampf gegen Putins Armee nun auch mit eben jenem schwerem Kriegsgerät zur Seite zu stehen, gerät die deutsche Position in Not. Auf den Höfen der hiesigen Rüstungsschmieden stehen noch hunderte Exemplare ausgemusterter Raubtiere aus Stahl wie Marder und Leopard.
Vertrauen der Osteuropäer kann zurückgewonnen werden
Wie im westlichen Bündnis Washington, so entscheidet aber nicht Lambrecht über diese sensible Frage, sondern Bundeskanzler Olaf Scholz. Das Hintertürchen ist für den Fall gesetzt, dass es die Amerikaner aufstoßen. Bei den Osteuropäern hat Deutschlands Abwarten Vertrauen gekostet. Dieses kann aber nach dem Kriege zurückgewonnen werden, wenn es darum geht, hunderte Milliarden für den Wiederaufbau der zerstörten Ukraine zu mobilisieren. Deutschland hat die Kraft für direkte Zuschüsse und Kredite.
Hundert Milliarden sollen zunächst in die marode Bundeswehr gesteckt werden, damit Flugzeuge fliegen und Panzer schießen. Das ist ohne Frage notwendig, um dem neuen Preis der Sicherheit gerecht zu werden. Lambrecht hat aber erkannt, dass es in Deutschland bislang nicht nur am Geld für die Truppe mangelte, sondern auch am Herzen. Dass sie die Bundeswehr aus dem Abseits der gesellschaftlichen Ignoranz holen und durch einen Tag der Sicherheit in den Fokus des Bewusstseins rücken will, erfordert Mut. Sie muss sich damit mit Teilen der eigenen Partei anlegen, die nichts mit dem Militär zu tun haben wollen.
Ohne eine stärkere Verankerung der Streitkräfte auch im linken politischen Spektrum der Bevölkerung wird es nicht gelingen, Deutschland als europäische Führungsmacht der Nato zu etablieren. Eingeübte Denkmuster des faul gewordenen Pazifismus gehören in den Orkus des Vergessens.
Die Diskussion ist geschlossen.
Diesen Kommentar von Maria Reichenauer sollte sich nicht nur Herrn Grimm, sondern auch Frau Lamprecht hinter die Ohren schreiben.
Mehr schreib ich nicht dazu.
Was vor allem in den Orkus des Vergessens gehört, ist der Glaube, dass das Militär richten kann, was die Politik versäumt. Pazifismus ist nichts, was man wie einen abgetragenen Handschuh auszieht. Pazifismus wird nicht faul, die Haltung, ohne Waffen auszukommen, ist wichtiger denn je. In erster Linie muss es darum gehen, am Frieden zu arbeiten und nicht an der Aufrüstung. Das Militär darf nicht der Alltag sein, es muss der Notnagel sein, wenn die Sicherheit in Gefahr ist. Wir brauchen keinen nationalen Tag, der das Militär verherrlicht. Gesellschaftlche Ignoranz – was soll das nun wieder sein? Klingt gut, ist aber eine Worthülse ohne Saft und Kraft.
Auch ein eigenartiger Kommentar. Warum gerät die deutsche Position, die vor allem keine Alleingänge will, in Not, wenn die USA irgendwann doch Kampfpanzer liefern sollten? "Eingeübte Denkmuster des faul gewordenen Pazifismus"? Was bitte soll denn das sein sein?
Habs vorhin in der Print-Ausgabe gelesen. Sehe ich genau so.