Hunderttausende Menschen in Deutschland machen sich Sorgen um ihren Job. Die schwache wirtschaftliche Lage ist das Top-Thema des Wahlkampfs. In den Wahlprogrammen nimmt die Ökonomie daher eine prominente Rolle ein – auch bei SPD und Grünen. Beide Parteien regieren gegenwärtig in der Rumpf-Ampel zusammen und wenn sie bei der Neuwahl Ende Februar am Ruder blieben, dann wären sie sich in der Wirtschaftspolitik rasch einig.
Was haben SPD und Grüne in der Wirtschaftspolitik gemeinsam?
Die zwei Parteien teilen die Analyse, dass die öffentliche Infrastruktur in Deutschland (Straßen, Schienen, Schulen) marode ist und viel Geld in die Hand genommen werden sollte, um sie zu sanieren. Eine moderne Infrastruktur soll die Basis für Wirtschaftswachstum bilden. Im Unterschied zu Union und FDP wollen Sozialdemokraten und Grüne einen Deutschlandfonds auflegen, der sich das nötige Kapital an Finanzmärkten und bei großen Unternehmen leiht. „Durch die Zahlen ist es mathematisch ausgeschlossen, die großen Herausforderungen der Zukunft nur durch Einsparungen im Haushalt zu erwirtschaften. Wer das sagt, veräppelt das Land“, keilte Wirtschaftsminister Robert Habeck gegen Liberale und CDU/CSU bei der Vorstellung des Wahlprogramms am Dienstag. Diese Meinung wird mittlerweile von der großen Mehrheit der Wirtschaftsforscher geteilt.
SPD und Grüne eint auch der Vorschlag, allen Unternehmen einen Steuerbonus von 10 Prozent auf Investitionen zu gewähren. „Das brauchen wir auch dringend für Deutschland, um wirtschaftliches Wachstum hervorzurufen“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. Er präsentierte ebenfalls am Dienstag das Wahlprogramm seiner Genossen. Scholz und Habeck folgen mit dem Steuerbonus dem Vorbild des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz macht sich dafür stark, die Steuern für Unternehmen generell zu senken. SPD und Grünen stimmen auch darin überein, die Stromsteuer zu reduzieren und einen Teil der Netzentgelte auf Staatskosten zu finanzieren.
Was ist für die Beschäftigten drin?
Sowohl SPD als auch Grüne versprechen den Wählern die Anhebung des Mindestlohnes auf 15 Euro brutto. Derzeit steht er bei 12,41 Euro pro Stunde, klettert zum Jahreswechsel auf 12,82 Euro. „Wir wollen, dass der Mindestlohn noch einmal steigt“, kündigte Scholz im Willy-Brandt-Haus an. Die SPD plant die steuerliche Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen, während die Grünen den Arbeitnehmerpauschbetrag in der Steuererklärung von derzeit 1.230 Euro auf 1.500 steigern wollen. Mehr bezahlen sollen hingegen Reiche. Habeck plädiert für die weltweite Einführung einer Milliardärssteuer und die höhere Abschöpfung bei Erbschaften. Allerdings ist die Einführung einer globalen Steuer ein unrealistisches Vorhaben. Die SPD will ebenfalls bei den Wohlhabenden und Unternehmern zulangen. Die Erbschaftssteuer soll angehoben, die Vermögensteuer für Vermögen ab 100 Millionen Euro wieder kassiert und eine Finanztransaktionssteuer beschlossen werden.
Wo unterscheiden sich beide Parteien?
Wenig überraschend spielt der Klimaschutz für die Grünen in der Betonung eine größere Rolle als für die Sozialdemokraten. Wahrnehmbar verschiedene Akzente setzen sie auch bei der Sicherheitspolitik. Die SPD will zwei Prozent der Wirtschaftsleistung dafür ausgeben, die Grünen deutlich mehr als zwei Prozent. Der kleine Unterschied in Nachkommastellen summiert sich in der Realität auf Milliardenbeträge. Am Kanzler persönlich macht sich der außenpolitische Kurs fest, der Ukraine nicht alle gewünschten Waffen zu liefern, namentlich die Taurus-Raketen, um eine Eskalation mit Russland zu verhindern. Die Grünen und ihre Außenministerin Annalena Baerbock haben die Position, dem überfallenen Land noch viel mehr Kriegsgerät zur Verfügung zu stellen als bisher.
Interessante Zusammenfassung. Nun kann ich ja schon mal 2 Parteien vorläufig ausschliessen. Viel bleibt nicht mehr. =:)
In den zurückliegenden Krisenjahren (Corona, Ukraine-Krieg) ist die Schere der gesellschaftlichen Vermögens- und somit Chancenverteilung weiter auseinander geklafft. Viele mussten - soweit überhaupt vorhanden - ihre Rücklagen für Alter u. Krankheit angreifen, damit ist eine höhere Altersarmut für die Zukunft vorprogrammiert. Auf der anderen Seite hat es in dieser Zeit einen immensen Anstieg der Geldvermögen für einen kleineren, wohlhabenden Teil der Bevölkerung gegeben. Ich möchte jetzt gar nicht an sittliche Verantwortung, Moral und Solidarität appellieren: Ein - leider noch kleiner - Teil der Reichen hat erkannt, dass es auch nicht in ihrem Interesse sein kann, wenn unsere Gesellschaft sich immer weiter polarisiert, radikalisiert und somit instabiler wird. Denn dann ist auf Dauer auch ihr behaglicher "way of life" in Gefahr. Der Rentner in seinem hart erarbeiteten Eigenheim muss sich doch keine Sorgen machen, dass er zu viel abgeben muss. Auch wenn ihm das manche einreden wollen.
Noch zu meinem vorigen Kommentar: Was spricht denn bitte dagegen, (hohe) Einkünfte aus Kapitalvermögen mit Abgaben zur Sozialversicherung zu belegen? Über entsprechende Freibeträge kann man ja reden. Dass Arbeitseinkommen aus unselbständiger Arbeit mit diesen Abgaben belegt sind, hat doch rein historische Gründe. 1870 war das halt mal die "normale" Einkommensquelle. Aber wir sind doch 150 Jahre weiter! Vermögen, das sich einfach so vom rumliegen bzw. anlegen vermehrt, leistet keinen Beitrag - Die Schichtarbeiterin bei Amazon muss das doch als Schlag ins Gesicht empfinden beim Blick auf ihren Lohnzettel. Willkommener Nebeneffekt: Die Lohnnebenkosten könnten stabil gehalten bzw. gesenkt werden, weil deutlich mehr Beiträge in die Sozialversicherung fließen. Das schafft mehr Stabilität und sichert Arbeitsplätze und Wachstum.
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