Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

US-Präsident Biden hält seine Abschiedsrede - und warnt vor Oligarchie

USA

Bidens Abschiedsrede: Das Paradox des Präsidenten

    • |
    • |
    US-Präsident Joe Biden hält seine Abschiedsrede aus dem Oval Office des Weißen Hauses.
    US-Präsident Joe Biden hält seine Abschiedsrede aus dem Oval Office des Weißen Hauses. Foto: Mandel Ngan, Pool AFP/AP/dpa

    Die düstere Mahnung klingt noch lange nach, als ihr Urheber längst vom Bildschirm verschwunden ist. „Präsident Eisenhower hat vor den Gefahren eines militärisch-industriellen Komplexes gewarnt. Ich bin ähnlich besorgt über den Aufstieg eines technisch-industriellen Komplexes, der eine echte Gefahr für unser Land darstellen kann“, hat Joe Biden der Nation zugerufen: „Heute entsteht in Amerika eine Oligarchie von extremem Reichtum, Macht und Einfluss, die buchstäblich unsere ganze Demokratie bedroht.“

    Das sind harte, beunruhigende Worte. Und ungewöhnliche Alarmsignale bei einem Auftritt, der als Abschiedsansprache angekündigt ist und genauso auch begonnen hat. Um 20 Uhr am Mittwochabend, zur besten Sendezeit, hat sich der scheidende Präsident aus dem Oval Offize zu Wort gemeldet. Der 82-Jährige sitzt hinter dem schweren Schreibtisch. Er trägt den üblichen dunkelblauen Anzug und eine mittelblaue Krawatte. In seinem Rücken kann man vier Fotos seiner Familie erkennen. Ein Bild zeigt den verstorbenen Lieblingssohn Beau.

    US-Präsident Joe Biden während der Übertragung seiner Abschiedsrede, die in den USA zur besten Sendezeit im Fernsehen übertragen wurde.
    US-Präsident Joe Biden während der Übertragung seiner Abschiedsrede, die in den USA zur besten Sendezeit im Fernsehen übertragen wurde. Foto: Mandel Ngan, Pool AFP/AP/dpa

    Biden beschwört in seiner Abschiedsrede die „Seele unserer Nation“

    Zunächst scheint es eine Rede nach typischer Biden-Art zu werden. Der Präsident beginnt mit einer Betrachtung über die Freiheitsstatue. Er redet über das Wesen Amerikas und beschwört die „Seele unserer Nation“. Das erinnert nicht zufällig an den Wahlkampf des Jahres 2020, als er mit dem Slogan vom „Kampf um die Seele unserer Nation“ gegen den damaligen Präsidenten Donald Trump antrat und siegte. Doch das war vor vier Jahren. Im November ist die Wahl umgekehrt ausgegangen. In vier Tagen kehrt Trump ins Weiße Haus zurück. Da wirkt die Wiederholung der alten Metapher ziemlich nostalgisch.

    In den vergangenen Wochen ist Biden bereits in den Schatten seines Nachfolgers geraten, der voller Selbstbewusstsein breitbeinig und lautstark auftritt. Wohl auch deshalb ist ihm die Genugtuung darüber anzumerken, dass ausgerechnet an diesem Tag aus dem Nahen Osten die Nachricht über eine Waffenruhe in Gaza kommt, auf die seine Regierung seit Monaten gedrängt hatte. Wem dafür die Ehre gebühre - ihm oder Trump, ist Biden am Nachmittag gefragt worden. „Soll das ein Witz sein?“, hat er leicht pikiert gekontert.

    US-Präsident Biden spart an Eigenlob – und warnt stattdessen

    Nur 18 Minuten dauert die Rede, mit der sich Biden nun aus dem Amt und nach 50 Jahren auch aus der Politik verabschiedet. Beobachter hatten eine ausführliche Aufzählung seiner Erfolge erwartet, mit der er versuchen könnte sein politisches Erbe aufzupolieren. Doch die Bilanzierung der verabschiedeten Gesetze und außenpolitischen Errungenschaften fällt relativ knapp aus. „Die Saat ist gesät“, sagt er einmal. Es werde eine Weile dauern, bis die politischen Früchte ganz sichtbar würden. Das stimmt wahrscheinlich bei den milliardenschweren Investitionen in Infrastruktur und technologische Modernisierung. Aber helfen wird es den Demokraten, die in den kommenden zwei Jahren auch im Kongress in der Opposition sind, nicht.

    Dann plötzlich ändert Biden seinen Ton: „Ich möchte das Land vor einigen Dingen warnen, die mir große Sorgen bereiten“, sagt er und kritisiert „die gefährliche Konzentration der Macht in den Händen einiger weniger Superreicher“. Es ist nicht schwer zu erraten, wen er mit den Oligarchen meint, die „Technologie, Macht und Reichtum“ vereint hätten: Die Milliardäre Elon Musk (Tesla, X), Jeff Bezos (Amazon, Washington Post) und Mark Zuckerberg (Facebook und Instagram) hofieren seit Wochen den neuen Präsidenten Trump und versuchen, sich durch Millionenspenden und wohlfeiles Verhalten Einfluss zu sichern.

    Warnung vor Falschinformationen im Internet

    Hart prangert Biden die Verbreitung von Verschwörungsmythen über die Plattform X und die Einstellung des Fact-Checkings bei Facebook an: „Die Amerikaner werden unter einer Lawine von Fehl- und Desinformationen begraben, was Machtmissbrauch ermöglicht“, sagt er: „Die Wahrheit wird durch Lügen erstickt.“

    Das ist eine ziemlich beunruhigende Analyse der gesellschaftlichen Lage aus dem Munde des mächtigsten Mannes der Welt. Doch Bidens Antworten wirken hilflos: Die Institutionen müssten gestärkt werden - so als würden der Kongress und die Justiz nicht gerade komplett auf Trump-Kurs gebracht. Die Reichen müssten ihren fairen Anteil zahlen - so als sei er selber mit der Anhebung der Steuern für die Millionäre nicht gescheitert. Und die Verfassung müsse ergänzt werden um einen Zusatz, der den Präsidenten auf die Gesetze verpflichtet - so als sei dafür nach dem Immunitäts-Urteil des Supreme Courts irgendeine Mehrheit in Sicht.

    Biden, das spürt man überdeutlich, will sich seinen lebenslangen optimistischen Glauben an die „Seele Amerikas“ nicht nehmen lassen. „Nach 50 Jahren in der Politik glaube ich immer noch an die Idee, für die diese Nation steht“, betont er geradezu trotzig. Deshalb auch bemüht er sich peinlich genau, eine korrekte Übergabe der Macht an seinen Nachfolger zu organisieren, den er zu einem verstörend freundlichen Gespräch vor den lodernden Kamin im Oval Office lud, obwohl dieser bis heute Bidens Wahlsieg von 2020 bestreitet und seiner Familie mit Verfolgung droht.

    „Ich wünsche der neuen Regierung Erfolg“, sagt Biden irgendwann. Es klingt merkwürdig anachronistisch in der neuen, tief polarisierten Welt. Und auch ein wenig paradox angesichts des vorangegangenen Demokratie-Alarms.

    Diskutieren Sie mit
    5 Kommentare
    Rainer Kraus

    Biden war leider nur eine tragische Sprechpuppe der Waffen-, Finanz- und Energielobby.

    |
    Maria Tkacuk

    Vollkommer Unsinn, was Sie hier (wieder) von sich geben. Man sollte vielmehr beten, daß der neue Präsident nicht den Rußlandsymphatisanten und Rußlandeinflüsteren aus seiner Umgebung erliegt. Dann haben nicht nur wir Ukrainer einen schweren Stand, sondern Europa wird bald von Moskau aus regiert werden ! Gewisse europäische Länder sollen nach Moskaus Willen ja aufhören zu existieren - wie ein Russe bei Putin gestern verkündete ! Europa will seine Völker - wie man sieht - ja nicht gegen die Russen verteidigen und kann es aufgrund von 30 Jahren Schläfertum wohl auch nicht.

    Klemens Hain

    Sehr gute Antwort Frau Maria Tkacuk dem auch ich voll und ganz zustimmen werde und leider, haben das in der Westlichen EU noch nicht so richtig auf dem Schirm. Ich denke auch der Angriff auf die Ukraine ist erst der Anfang und wenn man Ihn nicht endlich bremst, sehe auch ich eine Große Gefahr für den Rest der EU zumal immer mehr Rechte Parteien gewählt werden und denken mit Putin kann man Reden, wenn man sich da mal nicht täuscht zu seinen Gunsten vielleicht und wir haben es nun in der Hand. Mir graust es davor, dass die Stimmen an eine Partei gehen sollen, die Putins nähe suchen.

    Jochen Hoeflein

    Biden- eine tragische Figur als Präsident. Es muss für den alten Mann schon demütigend sein von einem nahezu gleichaltrigen Kandidaten abgewählt zu werden, der schon vor einmal vor ihm Herr im Weissen Haus war. Was mit viel Begeisterung vor 4 Jahren begann, endet nun mit einem traurigen Abgang.

    Maria Reichenauer

    Wer heute von Biden als tragischer Figur spricht, der wird sich vielleicht die Zeit der Biden-Präsidentschaft bald zurückwünschen. Wir wissen nicht, wohin Trump und Musk die Welt führen werden. Unberechenbarkei, Machtgier und Narzissmus sind keine guten Triebfedern für den mächtigsten Mann der Welt. Trump hat die Wahl nicht gewonnen, weil er so toll ist, sondern weil viele Menschen einem Rattenfänger gefolgt sind, der mit viel Geld, das ihm nicht einmal gehört, gewunken hat. Auch ein Mann, der nach außen gebrechlich wirkt, kann einen schärferen Verstand haben als so mancher Kommentator hier.

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden