Der FCA-Talk: Heiko Herrlich und die Zahnpasta des Grauens
Kurz vor dem Neustart der Liga sorgt der FCA für einen Knall: Trainer Heiko Herrlich bricht die Quarantäne-Regeln der DFL und verpasst sein erstes Spiel.
Dass der FC Augsburg bundesweite Aufmerksamkeit bekommt, ist eher die Ausnahme als die Regel - auf diese Beachtung hätte der FCA aber wohl nur zu gerne verzichtet: Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg hatte Trainer Heiko Herrlich freimütig zugegeben, es mit den Quarantäne-Regeln der DFL nicht so genau zu nehmen. Weil er sich eine Zahnpasta und eine Hautcreme besorgte, verließ der Coach das Hotel und betrat einen Supermarkt - in einer Phase, in der gemäß DFL-Konzept Spieler, Trainer und Funktionsteam jeglichen Kontakt zu Außenstehenden vermeiden müssen.
Noch am Abend der verhängnisvollen Pressekonferenz zog Herrlich die Konsequenzen: Weder beim Abschlusstraining noch beim Spiel gegen den VfL Wolfsburg werde er den FC Augsburg betreuen und sprach von einem "schweren Fehler", den er sich erlaubt hatte. Der Meinung ist auch FCA-Reporter Marco Scheinhof im Gespräch mit Florian Eisele im FCA-Talk.
Kurz zuvor hatte Herrlich noch betont, wie wichtig Disziplin sei
Das Fazit von Scheinhof ist eindeutig: "Viel schlimmer hätte Herrlich es nicht machen können." Gleich mehrfach brach der 48-Jährige mit den Vorschriften, die sich die DFL gegeben hat, um einen Neustart zu ermöglichen. Paradox: Kurz zuvor hatte Herrlich in der Pressekonferenz noch betont, wie wichtig es sei, die Regeln einzuhalten - nicht nur, um eine Infektion zu vermeiden, sondern auch um die ohnehin brüchige gesellschaftliche Akzeptanz nicht zu gefährden.
Die Verantwortungslosigkeit Herrlichs lässt auch allgemeine Rückschlüsse zu, befindet Scheinhof: "Man muss sich die Frage stellen, ob dieses Konzept bei allen in Fleisch und Blut übergegangen ist." Nicht nur der Fall des Berliner Spielers Salomon Kalou, der live aus der Kabine der Hertha filmte und mehrere Verfehlungen gegen das Konzept dokumentierte, lässt erhebliche Zweifel daran zu.
Entscheidend ist es nun, dass Herrlich sich nicht infiziert hat
Es sind Fehler, die zwar geschehen. Die aber "nicht passieren dürfen in der Phase, in der die DFL sich befindet", so Scheinhof. Das Konzept sei schlüssig, habe aber seine Fallstricke. "Und da darf es mir als Trainer nicht passieren, dass ich mich derart gedankenlos verhalte." Nun sei es entscheidend, dass Herrlich sich zumindest nicht infiziert habe. Bevor er wieder in Kontakt mit der Mannschaft treten kann, wird der FCA-Trainer mehrfach getestet - erst wenn er sich nachweislich nicht mit Corona infiziert hat, darf sein Team wieder betreuen.
Finnbogason wird dem FC Augsburg wohl fehlen
Aus rein sportlicher Sicht hüllt sich der FC Augsburg in Schweigen: Lediglich eine Knieverletzung von Alfred Finnbogason drang nach draußen. Das hat Konzept, weiß Scheinhof: "Heiko Herrlich wollte den VfL Wolfsburg im Ungewissen lassen." Dazu komme, dass es Herrlichs erstes Spiel als FCA-Trainer gewesen wäre. Wie genau der Fitnesszustand des Isländers aussieht oder wer im Tor steht - dazu gab es nur unbestimmte Auskünfte des FCA. Was es gebracht hat, wird sich am Samstag zeigen. (eisl)
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Das hatte ich ja geschrieben Herr Peter P.
Es bezog sich auf den einleitenden Satz.
>> Der "Mensch" stand unter Quarantäne, falls Sie wissen was das ist. So wie seine ganze Mannschaft. Während einer Quarantäne müssen auch "Millionen" anderer Deutsche zuhause bleiben und sich versorgen lassen. <<
Mit den "Millionen" hatte ich das freiwillige, nicht durch Normen erzwungene zuhause bleiben verstanden. Da kann ich jederzeit zu dm gehen und Zahnpasta kaufen, weil es eben ein triftiger Grund ist.
Ja, aber ich habe es dann ja relativiert. Und warum man die Maßnahme der DFL 'Quarantäne' nennt, wird schon seinen Grund haben. Jedenfalls ist damit nicht gemeint, man könne mal eben zum Einkaufen gehen, wenn einem danach ist.
Der Mensch ist wie Millionen andere in Deutschland zum einkaufen gegangen und hat sich an alle Gesellschaftliche Regeln gehalten. Das Problem ist ein irrsinniges Hygiene Konzept das nicht Umsetzungsfähig ist und nur uns Otto-Normal Bürgern vorgelegt wurde damit wir über diese Ungleichbehandlung wegsehen und die Millionen weiterhin in den Po der DFL gepudert wird... Und es funktioniert, wir verurteilen einen Menschen der zum einkaufen gegangen ist...
Der "Mensch" stand unter Quarantäne, falls Sie wissen was das ist. So wie seine ganze Mannschaft. Während einer Quarantäne müssen auch "Millionen" anderer Deutsche zuhause bleiben und sich versorgen lassen. Er hätte sich einfach vom Hotelpersonal die benötigten Dinge beschaffen lassen können.
Auch andere Menschen, die während einer Quarantäne zum Einkaufen gehen, gehören verurteilt, weil sie dann nämlich gegen jedwede Vernunft und Rücksichtnahme handelnd die Gesundheit ihrer Mitmenschen aufs Spiel setzen. Im Fall des Augsburger Trainers war es zwar eher nicht die Gesundheit, weil die Quarantäne prophylaktisch besteht, aber er gefährdet mit dieser hirnlosen Aktion natürlich das Vertrauen in das Konzept der DFL, das wie Sie richtig schreiben ohnehin eine Ungleichbehandlung darstellt.
Zudem ist er mit seinem Handeln ein Desaster als Vorbild für seine Mannschaft, weil von der ja auch vermutlich jeder Zweite etwas vergessen hat, das er sich gerne im nahegelegenen Discounter besorgen würde. Warum denn nicht, wenn der Trainer das auch nicht so ernst sieht.
So weit so schlecht. Darüber dann aber ohne Not noch bei einer Pressekonferenz zu schwadronieren, damit das Fehlverhalten maximale Verbreitung erfährt... da fehlen einem dann fast die Worte.
Im rechtlichen Sinn ist eine von den Gesundheitsbehörden verhängte Quarantäne wegen einer bestehenden Infektion nicht mit einer vorbeugenden Hygienemaßnahme wie im Fall der DFL vergleichbar. Herrlich ist jetzt halt bei dem Spiel nicht dabei, gefährdete aber damit als getesteter Gesunder nicht die Gesundheit anderer Menschen.
Gute Werbung für Augsburg, so ist man am 1.Corona-Spieltag in den Schlagzeilen. Jetzt noch 3 Punkte gegen die VW-Werks-Elf, dann ist alles gut.